Debatte um Hassverbrechen Wie weit muss gesetzlicher Schutz gehen und wo wird Meinungsfreiheit beschnitten? Queere Aktivisten streiten mit der Regierung Australiens
Wie weit darf der Schutz vor Hassverbrechen gehen – und wann ist von möglichen Reglementierungen die Meinungsfreiheit von Menschen beeinflusst? Darüber streiten in diesen Tagen Parlamentarier verschiedener Fraktionen sowie auch queere Aktivisten in Australien.
Neuer Gesetzentwurf vorgestellt
Ende dieser Woche stellte Generalstaatsanwalt Mark Dreyfus den Gesetzesentwurf der Albanese-Regierung zu Hassverbrechen vor, der nach seinen Worten „eine Antwort auf die zunehmende Verbreitung von Hassreden und hasserfülltem Verhalten in unserer Gesellschaft“ darstellt. „Dieses Verhalten kann und wird nicht toleriert werden“, betonte Dreyfus weiter.
Der Gesetzentwurf erweitert den bestehenden Straftatbestand der Aufforderung zur Gewaltanwendung und schafft neue Straftatbestände für die Androhung von Gewalt beziehungsweise von Gewalt gegen Gruppen oder einzelne Mitglieder einer Gruppe, beispielsweise der LGBTI*-Community.
Diese Straftatbestände würden künftig Menschen aufgrund ihrer Ethnie, Religion, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität, ihres intersexuellen Status, ihrer Behinderung, ihrer Nationalität, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft oder ihrer politischen Meinung schützen.
Queere Aktivisten fordern mehr Reglementierungen
Vertreter von queeren Verbänden im Land zeigten sich trotzdem nicht zufrieden, ihnen gehen die neuen Gesetzespläne nicht weit genug. Sie wünschen sich ein Gesetz, das künftig bereits die Verunglimpfung, Spott sowie das Zeigen von Verachtung und Abscheu unter Strafe stellt.
Anna Brown, die Geschäftsführerin der LGBTI*-Lobbygruppe Equality Australia, erklärte so, die aktuellen Bedrohungen für die Community seien „real, schwerwiegend und besorgniserregend“, es müsse etwas gegen Drohungen und Einschüchterungen getan werden. „Wir sollten den Hass stoppen, bevor er in Gewalt umschlägt. LGBTI*-Communitys sind rechtlich nicht ausreichend geschützt. Unsere Gemeinschaften brauchen dringend einen besseren Schutz vor Hass und Verunglimpfung. Diese Gesetze müssen sowohl Hassreden und -verhalten als auch Gewaltandrohungen abdecken.“ Auch weitere Organisationen und Verbände von Juristen bis über Vereine für jüdisches Leben streiten darüber, ob die jüngsten Gesetzesvorschläge weit genug gehen oder nicht.
Dr. Nicole Shackleton von der RMIT Graduate School of Business and Law sagte so beispielsweise „Der Fokus auf Aufstachelung zur Gewalt und nicht auf Hass oder Spott bedeutet, dass diese neuen Gesetze nur auf vorsätzliche Handlungen abzielen, die zu Gewalt aufstacheln oder Schaden anrichten wollen.“
Blick in andere Länder
In die hitzigen Debatten spielen dabei auch immer wieder Gesetze gegen Hassverbrechen anderer Länder mit hinein, beispielsweise am Fall Beispiel Schottland. Das dort verabschiedete Gesetz bestraft bereits Aussagen, die als „Aufstachelung zu Hass“ verstanden werden könnten – betroffen davon sind auch Meinungsäußerungen in den eigenen vier Wänden. Kritik kommt von zahlreichen Verbänden, der politischen Opposition sowie auch von der schottischen Polizei selbst, die die Regelungen als praktisch nicht umsetzbar einschätzen.