Comeback der Ex-Gay-Bewegung? Fanatische Kirchensekte will mit Millionenbeträgen die homophobe Bewegung von neuem reaktivieren
der großen Ex-Gay-Bewegungen im ganzen Land, die bis dahin versucht hatten, tausende Homosexuelle durch religiöse Umerziehungscamps (Stichwort Konversionstherapien) von ihrer gleichgeschlechtlichen Sexualität „zu heilen“. Im Jahr 2013 schloss die weltweit größte „Ex-Gay“-Mission, Exodus International, für immer ihre Pforten. Den Todesstoß hatte ihnen der damalige Präsident Alan Chambers selbst verabreicht, als in einem Interview zugeben musste, dass 99,9 Prozent der Menschen durch Exodus keine Veränderung ihrer Orientierung erfahren haben. Gefahr gebannt – oder doch nicht?
Wiederbelebung von Ex-Gay im Präsidentschaftswahlkampf?
Die Anzeichen mehren sich, dass im Zuge des immer radikaleren US-Kulturkampfes gegen die LGBTI*-Community auch die Ex-Gay-Bewegung ein Comeback erleben könnte. Eine der größten US-Glaubensgruppen, die Bethel Church – ein Mischung aus Kirche und fanatischer Sekte – mit Sitz in Redding, Kalifornien, versucht mit immer stärkeren Mitteln, die auch wirtschaftlich damals einträgliche „Homo-Heilungs-Bewegung“ wieder auferstehen zu lassen. Was noch vor wenigen Jahren als völlig unrealistisch eingeschätzt worden wäre, könnte nun gerade im laufenden Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen 2024 wieder an Fahrt aufnehmen.
Viele Millionen US-Dollar für die Ex-Gay-Bewegung
Bethel sponsert so aktuell den ehrgeizigen und aufstrebenden Verbund „Changed Movement“, eine bis kürzlich sehr kleine „Ex-Gay“-Gruppe, die zuletzt extrem angewachsen ist und sich medial bereits als das neue Exodus International positioniert. Bethel ist einer der fünf größten Arbeitgeber in der Region und verfügt über ein Jahresbudget von mindestens rund 60 Millionen US-Dollar, mit dem die neue Ex-Gay-Bewegung jetzt massiv unterstützt wird. LGBTI*-Organisationen, die bis heute gegen jede kleinere Ex-Gay-Gruppe im Land vorgehen, wie beispielsweise der Truth Wins Out-Verein, verfügen nur über den Bruchteil dieser finanziellen Mittel.
Marketing für „Homo-Heilungen“
Bethel ist dabei offenbar eine perfekt abgestimmte Marketingmaschine, die mit christlichen Verlagen und Musik ein Vermögen gemacht hat und immer noch macht – dieses Wissen hilft der Gruppe jetzt auch dabei, die Ex-Gay-Bewegung von neuem massiv anzufeuern, inklusive einer vielfältigen Marketing-Strategie und Merchandising-Produkten wie Kaffeebechern, T-Shirts sowie Büchern bis hin zu Covid-Schutzmasken, allesamt mit der Aufschrift „#OnceGay“. Die Kirche führt auch Exorzismen durch, um Dämonen auszutreiben. In einem Fall verstarb sogar ein zweijähriges Mädchen dabei – der Tod blieb für die Kirchensekte indes folgenlos.
Bewegung fasst politisch wieder Fuß
„Heute sind viele der einst florierenden Ex-Homosexuellen-Einrichtungen verschwunden. Aber das bedeutet nicht, dass die Ideen nicht immer noch in den Kirchen im ganzen Land Fuß fassen und damit das Leben und Wohlergehen einer neuen Generation christlicher junger Menschen gefährden" so Ex-Gay-Experte und Autor Jonathan Merritt gegenüber der Washington Post. Inzwischen ist die Bewegung in einigen US-Bundesstaaten auch wieder politisch aktiv und hat sich beispielsweise in Oregon und Minnesota erfolgreich dafür eingesetzt, dass es keine Gesetze zum Verbot der Konversionstherapie geben wird.
Wie gefährlich ist die neue Ex-Gay-Bewegung wirklich?
Zudem vernetzt sich die Changed-Bewegung seit einigen Monaten auch immer intensiver mit internationalen Anti-Gay-Organisationen, wie auch gemeinsam verfasste Resolutionen belegen. Wie groß die Ex-Gay-Bewegung in den USA letzten Endes wieder werden kann, ist auch innerhalb der LGBTI*-Community umstritten, denn im Durchschnitt steht eine Mehrheit von 62 Prozent der Amerikaner inzwischen offen den Rechten von LGBTI*-Menschen gegenüber. Die eigentliche Frage dabei wird daher vielleicht eher lauten, wie viele Leben von verzweifelten homosexuellen gläubigen jungen Menschen die Ex-Gay-Bewegung dieses Mal zerstören wird.