Direkt zum Inhalt
Billiger Gratis-Mut beim DFB
Rubrik

Billiger Gratis-Mut beim DFB Große Show, keine Worte – die Diversity-Kampagne des DFB

ms - 15.11.2022 - 13:00 Uhr

Kommentar

Ein Raunen ging durch die LGBTI*-Community, als gestern bekannt wurde, dass die Deutsche Nationalmannschaft zur Fußballweltmeisterschaft mit einem ganz besonderen Flugzeug anreisen wird – obligatorisch wurde das Flugzeug der Lufthansa wie auch schon bei internationalen Spielen zuvor zur “Fanhansa“, neu allerdings ist der Slogan “Diversity Wins“. In großen Buchstaben will der Deutsche Fußballbund (DFB) ein Statement setzen gegen Ausgrenzung und Homophobie im Gastgeberland Katar – will man meinen.

Große Aufregung, nichts dahinter?

Nach der peinlichen Kapitänsbinde “One Love“, die tunlichst vermied, die Regenbogenfarben als Zeichen der Community zu zeigen und stattdessen lieber ein buntes Herz präsentierte, dessen Farbauswahl sich nur mit viel Freundlichkeit nicht als blanker Hohn definieren lässt, wurden in den letzten Tagen durch die mediale Berichterstattung auf ARD und ZDF die Debatten rund um die Menschenrechtslage in Katar immer lauter. Zuletzt zeigte sich die Weltöffentlichkeit seltsam erschrocken über die Aussage eines katarischen WM-Botschafters, der erklärte, dass Homosexuelle einen “geistigen Schaden“ hätten – als wäre die grundsätzliche Ausgangssituation im Emirat nicht seit der Vergabe vor einigen Jahren bereits bekannt. Homosexuelle erwartet in Katar mehrjährige Haftstrafen, in besonderen Fällen auch die Todesstrafe.

Diversity-Wins bleibt am Rollfeld stehen

Inmitten der Diskussionen, ob ein Boykott sinnvoll sei oder nicht und der bis heute fortlaufenden Verschleierungstaktik der FIFA inklusive der Bitte, man möge die Spiele jetzt doch nicht unnötig politisieren, platzte gestern nun der DFB freudig in die mediale Aufgeregtheit hinein und flog gestern unter Beifall zahlreicher Journalisten ins WM-Trainingslager in den Oman, um sich an die klimatischen Bedingungen anzupassen – und das mit dem Diversity-Wins-Flugzeug der Lufthansa. So ein mutiges Statement gegen die Homophobie Katars, oder?

Die Fakten im Kleingedruckten...

Eher im Kleingedruckten erklärt der DFB dann online: „Nach der Anreise mit der Lufthansa als offizielle Airline der deutschen Nationalmannschaft von Frankfurt nach Maskat wird das Team von Bundestrainer Hansi Flick am Donnerstag aus dem Oman ebenfalls aus Gründen der Nachhaltigkeit mit einer regionalen Airline weiter in das WM-Austragungsland Katar fliegen. Ein Weiterflug mit Lufthansa würde Leerflüge von Deutschland nach Maskat und zurück aus Doha bedeuten. DFB und Lufthansa haben sich im Vorfeld gemeinsam für diese Variante der Anreise entschieden.“

Man muss das Statement vielleicht zweimal lesen, um sich die Aussage noch einmal auf der Zunge zergehen zu lassen – aus Gründen der Nachhaltigkeit fliegt die deutsche Nationalmannschaft dann von Oman mit einer regionalen Airline ins Gastgeberland, das in puncto Nachhaltigkeit als Wüstenstaat mit begrünten Rasenflächen sicher ebenso spannende Maßstäbe setzen dürfte. Der umjubelte Diversity-Wins-Flieger wartet solange auf der Rollbahn im Nachbarland Oman. Eine irre mutige Aktion für den Einsatz der Menschenrechte, lieber DFB. Und dabei dachte man kurzfristig, in puncto Peinlichkeit sei mit der Kapitänsbinde bereits der Tiefpunkt erreicht gewesen – was für vorschneller Trugschluss. 

Auch Interessant

Outing im US-College-Football

Ein langer Weg zum eigenen Ich

Coming-Out im US-College-Football. Der gehypte Ex-Jungstar Jake Eldridge spricht erstmals über seinen Weg zum Coming-Out und sein neues Leben.
Erster schwuler Kandidat

Novum in Rumänien

Einzigartige Premiere: Erstmals tritt am kommenden Sonntag ein offen schwuler Mann bei den Parlamentswahlen in Rumänien an.
Hoffnungsschimmer in den USA

130 Städte kämpfen für LGBTI*

Hoffnungsschimmer in den USA: 500 Städte wurden unter die Lupe genommen – 130 von ihnen bekamen Top-Noten beim Einsatz für LGBTI*.
Definition einer Frau

Höhepunkt im britischen Rechtsstreit

Das Oberste Gericht in London verhandelt derzeit über die Frage, was genau eine Frau ist - zählen biologische Aspekte oder die Selbstdefinition?
Angriff auf JU-Politiker

Homophobe Attacke in Lüneburg

Eine Gruppe Migranten soll den JU-Politiker Simon Schmidt in Lüneburg brutal attackiert haben: „Wir stechen dich ab!“, riefen sie dabei laut Schmidt.
Denkmalpläne schreiten voran

"Für Capri und Roxi" in Hamburg

Auch das zweite Denkmal für die Community in Hamburg schreitet foran: "Für Capri und Roxi" soll an die Diskriminierung von Schwulen erinnern.
Homophober Hass in Nigeria

Ungestrafte Lynchjustiz gegen Schwule

Lebendig verbrannt oder begraben, zu Tode gefoltert: Die Mob-Gewalt gegen Homosexuelle in Nigeria nimmt massiv zu, die Polizei sieht weg.
Posse um Pride-Uhren

Malaysias Kampf gegen Homosexuelle

Die Posse um die beschlagnahmten Pride-Uhren von Swatch geht in Malaysia in die nächste Runde - die Uhren müssen zurückgegeben werden. Und nun?
Hilfe für US-LGBTI*-Studenten

Raus aus der Hoffnungslosigkeit

Das Dru Project vergibt Stipendien an LGBTI*-Studenten in den USA, damit diese in schwulenfreundliche Regionen umziehen und dort studieren können.