Direkt zum Inhalt
Ausschluss der CSU!

Ausschluss der CSU! Auslöser ist Kritik an einer Drag-Lesung für Kleinkinder

ms - 09.05.2023 - 08:54 Uhr
Loading audio player...

Die CSU darf in diesem Jahr nicht mit einem eigenen Wagen beim CSD in München Ende Juni teilnehmen – diese Entscheidung haben die Veranstalter-Vereine jetzt bekanntgegeben. Der finale Auslöser dafür war offenbar eine geplante Veranstaltung Mitte Juni in einer Münchner Stadtbibliothek, bei der Drag-Künstler Kindern ab vier Jahren Geschichten vorlesen sollen. Dagegen regte sich von Seiten der CSU wie auch von Teilen der SPD und auch von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (im Bild links) Widerstand.

„Eric Große Klitoris“ bei Kinder-Lesung

Geladen sind dabei eine junge, transsexuelle Autorin sowie zwei Drag-Künstler namens „Vicky Voyage“ und „Eric BigClit“ („Eric Große Klitoris“) – gerade im letzteren Fall erhitzten sich die Gemüter, denn Drag King Eric BigClit, die mit bürgerlichem Namen Alice Möschl heißt, arbeitet nach eigener Aussage auch als „Post-Pornografie Darstellerin“ und nennt sich dabei „Mushido“. Einige Vertreter der CSU erklärten daraufhin, eine solche Künstlerin habe in einer Lesung für Kinder ab vier Jahren nichts zu suchen und sprachen des Weiteren von Frühsexualisierung der Kinder. Andere bayerische Politiker schlossen sich dieser Einschätzung an, die Münchner Grünen indes verteidigten die Veranstaltung und sprachen von Vielfalt und Diversität.

Kein Zusammenhang zwischen Drag und Sexualisierung

Tobias Oliveira Weißmantel, Geschäftsführer der Münchner Aids-Hilfe, erklärte gegenüber der tz, dass es bei Drags „überhaupt nicht um Sexualisierung“ gehe und warf den Kritikern Polemik vor. „Durch solche Kommentare wird das Leben einer ganzen Community infrage gestellt. Hier ist noch mal ganz deutlich geworden, wie die CSU zu Toleranz steht“, so Weißmantel. Die betroffene Stadtbibliothek selbst erklärte dazu, dass im Vordergrund der Lesung rund um das Thema Diversität Aspekte wie Rollenwechsel und Verkleidung stehen würden. „Wir bedauern, dass die Künstler*innen-Namen der Beteiligten und die Berichterstattung in der BILD den Anschein erwecken, als würde ein Travestieprogramm für Erwachsene dargeboten. Dies war nie geplant“, so die Münchner Stadtbibliothek.

CSU zeige keinen glaubhaften Einsatz für LGBTI*

Die Vereine rund um den CSD in München haben deswegen nun den Ausschluss der CSU von der diesjährigen Pride-Parade beschlossen und erklären dazu: „Die Partei hat sich in den Augen der Veranstalter*innen-Vereine insbesondere in den letzten Tagen wieder klar für eine Teilnahme am Münchner CSD disqualifiziert.“ Und weiter: „Voraussetzung für eine Teilnahme ist der glaubhafte und konsequente Einsatz für gleiche Rechte und gesellschaftliche Akzeptanz aller queeren Menschen (LGBTIQ*). Unter anderem durch die jüngsten Forderungen von Teilen (nicht nur) der Münchner CSU zum Verbot einer Drag-Lesung in der Münchner Stadtbücherei scheint dies wenig glaubhaft. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sich die Partei mit der Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe mit der Ehe zwischen Mann und Frau immer noch schwertut, wie das neue Grundsatzprogramm beweist.“

Bleibt Oberbürgermeister Reiter Schirmherr des CSD?

Der CSD München wird veranstaltet vom lesbischen Dachverband LesCommunity, dem Schwulen Kommunikations- und Kulturzentrum Sub, der Münchner Aids-Hilfe, der Wählerinitiative Rosa Liste und der Jugendorganisation diversity. Mit zuletzt rund 400.000 Besuchern und Teilnehmern ist es die größte Pride-Parade in Bayern. Offen ist noch, ob Münchens Oberbürgermeister Reiter (SPD) weiter Schirmherr des CSD München in diesem Jahr bleiben wird – Reiter gilt als starker Unterstützer der schwul-lesbischen Community in Bayern, hatte aber zur Drag-Lesung erklärt, dass er kein Verständnis dafür habe und ein solches Programm für Vierjährige ungeeignet halte. „Ich würde mit meinen Enkeln nicht hingehen“, so Reiter. Die CSD-Vereine bekundeten nun, man wolle jetzt zeitnah mit Reiter Gespräche führen. 

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Neue Richtlinien beim Dating

Großbritannien verschärft Regeln

Wer ab heute in Großbritannien eine schwule Dating-App öffnen will, braucht eine Altersverifikation - auch als Tourist. Ein Vorbild für Deutschland?
Ende der Antidiskriminierung

Queere Petition als letzte Rettung?

Die EU hat das geplante Antidiskriminierungsgesetz ad acta gelegt, Kritiker befürchten massive Einschnitte, queere Vereine fordern nun ein Umdenken.
Ermittlung gegen Bürgermeister

Vorgehen nach Budapest Pride

Ungarn macht ernst: Budapests Bürgermeister Gergely Karacsony muss kommende Woche zum Polizeiverhör erscheinen, weil er den CSD möglich machte.
Regenbogen über dem Bundesrat

Pride-Flagge wird zum CSD gehisst

Der Streit geht weiter: Der Bundesrat wird zum Berliner CSD die Regenbogenfahne hissen - anders als am Bundestag.
Freiheit für Hernández Romero

125 Tage im Foltergefängnis

Der schwule Maskenbildner Andry Hernández Romero ist frei! Die USA hatte ihn zuvor ohne Prozess in ein Foltergefängnis nach El Salvador abgeschoben.
Peter Schmidt ist tot

Hamburger Designer von Weltruf

Das lila Design von Milka oder ikonische Parfümflakons: In seiner Wahlheimat Hamburg verstarb der schwule Star-Designer Peter Schmidt mit 87 Jahren.
Besserer Schutz im Club

Awareness-Konzept in Wien

40 % der Wiener fühlen sich unsicher beim Clubbing, gerade auch queere Menschen. Ab 2026 wird ein Awareness-Konzept bei Events deswegen zur Pflicht.
Urteil mit großer Bedeutung

Präzedenzfall für US-Queers?

Ein Gericht in Kanada setzte vorerst die Ausweisung eines queeren US-Bürgers aus. Begründung: In den USA könnte es nicht mehr sicher für LGBTIQ* sein.
Hass-Kampagne in der Türkei

Perfide Umfrage in der Bevölkerung

Die Türkei geht mit immer extremeren Mitteln gegen die Community vor, jetzt soll eine perfide Befragung der Bevölkerung den Hass auf LGBTIQ+ befeuern.