Appell an neue Reformen Nach Papstabsage an die Community melden sich LGBTIQ+-Katholiken zu Wort
Papst Leo XIV. hat diese Woche unmissverständlich klargestellt, dass er Reformen im Bereich LGBTIQ+, Segnungen von Homosexuellen, eine neue Sexualmoral oder mehr Rechte für Frauen in der Kirche ablehnt. Das Katholische LSBT+ Komitee blickt jetzt sehr kritisch auf seine Aussagen und fordert, dass Deutschland den Reformweg weitergehen müsse.
Schock bei queeren Katholiken
„Das Katholische LSBT+ Komitee ist schockiert und enttäuscht angesichts dieser Aussagen des neuen Papstes. Es fordert die kirchlichen Verantwortlichen in Deutschland dazu auf, nicht einzuknicken, sondern den synodalen Reformweg weiter zu beschreiten und offensiv den Dialog mit Rom zu suchen“, so Hendrik Johannemann vom Verband queerer Katholiken in Deutschland.
Und Co-Sprecherin des Komitees, Sera Renée Zentiks, betonte darüber hinaus: „Papst Leo sendet ein fatales Signal, da er den von Papst Franziskus vorsichtig begonnenen Reformweg der katholischen Kirche offenbar nicht fortführen möchte. Das sogenannte Willkommenheißen von LSBTQ Personen wird ad absurdum geführt, wenn die queerfeindliche Lehre der katholischen Kirche ohne Aussicht auf Änderung fortbesteht und queeren Paaren ein Segen ihrer Partnerschaft in angemessenem Rahmen verwehrt wird. Willkommen geheißen fühlen sich queere Menschen angesichts solcher Aussichten eben nicht. Ganz im Gegenteil: Hier wird erneut Ausgrenzung und Diskriminierung reproduziert, was einer Jesus Christus nachfolgenden Glaubensgemeinschaft nicht würdig ist.“
"Scheinheilige“ Aussagen des Papstes
Papst Leo hatte in seinem gestern publik gewordenen Interview auch die Umsetzung der Segnungen von Schwulen und Lesben kritisiert, diese gingen zu weit – ein direkter Angriff auch auf die Reformbewegungen deutscher Bischöfe im Rahmen des sogenannten Synodalen Wegs. Papst Franziskus hatte diese Segnungen mit seiner Erklärung „Fiducia supplicans“ ermöglicht.
Komitee-Co-Sprecher Markus Gutfleisch dazu: „Papst Leo sollte der katholischen Kirche in Deutschland dankbar für das sein, was sie in Sachen Segnungen theologisch und praktisch für die Seelsorge in den vergangenen Jahren vollbracht hat – und zwar mit tatkräftiger Unterstützung und Expertise queerer Gruppen. Stattdessen löst er nun Unsicherheit aus bei Seelsorgenden und bei Paaren, die ihre Liebe unter Gottes Segen stellen möchten. Anstatt engherzig auf eine teils überholte Lehre zu verweisen, sollte Papst Leo ebendiese Sexuallehre, die schon so viel Unheil im Leben und Glauben von queeren Menschen angerichtet hat, endlich reformieren. Dann würden queere Menschen ihm und der Kirche den im Interview geäußerten Respekt auch abkaufen. Ohne Wandel und konkrete Taten wirkt das behauptete Willkommenheißen queerer Menschen scheinheilig. Darum muss die katholische Kirche in Deutschland ihren mutigen Reformweg unbeirrt weiter beschreiten. Und wenn es nötig ist, müssen wir auch pastoralen Ungehorsam an den Tag legen, um die Frohe Botschaft für alle Gläubigen und liebenden Paare unabhängig von sexueller oder geschlechtlicher Identität erlebbar zu machen.“
Und weiter: „Was uns ganz wichtig ist: Segnungen von Paaren, die sich lieben, dürfen nicht zu einer Art Mitleidsbekundung verkommen. Zwar kann Fiducia supplicans als kleiner Fortschritt gewertet werden, da seitens des Vatikans in diesem Dokument erstmals die grundsätzliche Möglichkeit, queere Paare zu segnen, offiziell anerkannt wurde. Jedoch fühlen sich queere Paare nicht ernst genommen – wenn nicht gar verhöhnt – von einem Segen, der laut Fiducia supplicans nur spontan im Vorbeigehen stattfinden, nur einige Sekunden dauern, und der das Paar an seine angebliche Sündigkeit erinnern soll.“
Appell zur Neubesinnung beim Pontifex
Co-Sprecher Johannemann kritisiert darüber hinaus, dass die Aussagen des neuen Pontifex gerade in Zeiten, in denen LGBTIQ+-Menschen wieder verstärkt weltweit angegriffen werden, sehr „fatal“ seien. Zudem: „Papst Leo macht es sich allzu leicht, wenn er queeren Menschen eine Polarisierung anzukreiden versucht, für die in Wirklichkeit gerade diejenigen innerkirchlichen und politischen Kräfte verantwortlich sind, die die Gleichberechtigung und gleiche Würde aller Menschen vor Gott ablehnen. Er stellt sich leider nicht an die Seite der Verfolgten und Ausgegrenzten, so wie es Jesus ohne Zweifel getan hätte.“ Das Katholische LSBT+ Komitee werde dabei seinen Kampf für eine Kirche, in der queere Menschen ihren Glauben leben können, unbeirrt fortsetzen.
„Wir appellieren an Papst Leo, den offenen Dialog mit queeren Gläubigen zu suchen statt sie für eine Polarisierung verantwortlich zu machen, die nur diejenigen für sich zu nutzen wissen, die die katholische Queerfeindlichkeit weiter befeuern wollen. Wir rufen Papst Leo dazu auf, endlich die längst überfällige Weiterentwicklung der kirchlichen Sexuallehre auf Basis von gut belegten theologischen und humanwissenschaftlichen Gründen anzugehen. Nur so kann unsere katholische Kirche – nicht nur mit Blick auf ihren Umgang mit queeren Menschen, sondern gerade auch bezogen auf die furchtbaren Taten sexualisierter Gewalt und deren Vertuschung – ihrem dramatischen Glaubwürdigkeitsverlust etwas entgegensetzen“, so Johannemann abschließend. Das Katholische LSBT+ Komitee ist ein kirchenpolitisches Arbeitsbündnis verschiedener katholischer LGBTIQ+-Gruppen.