380.000 Euro Entschädigung Mehr als 100 schwule Bundeswehr-Soldaten erhalten Wiedergutmachung
Um die jahrelange Diskriminierung homosexueller Soldaten aufzuarbeiten, muss die Bundeswehr tief in die Tasche greifen. Seit zwei Jahren können Ehemalige aus Bundeswehr und Nationaler Volksarmee dafür eine finanzielle Entschädigung verlangen. Voraussetzung dafür ist, dass die Betroffenen konkret im Dienst benachteiligt wurden.
Hintergrund dafür ist das „Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten“, das am 23. Juli 2021 in Kraft trat. Bisher kamen laut der Neuen Osnabrücker Zeitung so 381.000 Euro zusammen.
Benachteiligung im Dienst
Noch bis ins Jahr 2000 wurden schwule Soldaten bei der Bundeswehr systematisch diskriminiert. Zum Beispiel standen ihnen nicht dieselben Karriere-Optionen offen wie heterosexuellen Bundeswehrmitgliedern. So galt eine gleichgeschlechtliche Orientierung bis dahin als Sicherheitsrisiko. Das machte offen homosexuellen Personen eine Karriere als Offizier oder Unteroffizier unmöglich. Einige wurden auch wegen angeblicher Dienstvergehen aufgrund von einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Handlungen diszipliniert oder wegen ihrer sexuellen Orientierung sogar vom Dienst entlassen.
Homosexualität in der Bundeswehr
Wie genau es bei der Bundeswehr zur Ausgrenzung Homosexueller kam und wie diese begründet wurde, darum geht es in der Studie „Tabu und Toleranz“ des Militärhistorikers Klaus Storkmann. Darin geht es auch um den konkreten Umgang mit homosexuellen Angehörigen der Bundeswehr.
Bis 1969 waren homosexuelle Handlungen – ob einvernehmlich oder nicht – in Deutschland verboten. Die Bundeswehr handelte hier also noch im Einklang mit dem Gesetz, wenn sie Homosexuelle disziplinierte und ausschloss. Doch auch danach hielt das Militär noch lange an der Ansicht fest, dass Homosexuelle für den Dienst in der Truppe ungeeignet seien.
Mehr als 100 Anträge
Bis Mitte Mai 2023 gingen 168 Anträge auf Entschädigung beim Bundesministerium der Verteidigung ein. Jeder vierte Antrag stammte von ehemaligen Soldaten aus der Nationalen Volksarmee der DDR.
Insgesamt wurden 131 Anträge bewilligt. „Die Anträge werden von uns sehr wohlwollend geprüft“, so eine Referentin des Ministeriums. So wolle die Bundeswehr zeigen, dass sie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt habe.
Bei den abgelehnten Forderungen handelt es sich um Personen, die keinen Anspruch auf Entschädigung hatten, weil sie beispielsweise dem DDR-Ministerium für Staatssicherheit angehörten und nicht der Armee.
Wer ist berechtigt?
Betroffene können ihren Antrag auf Entschädigung ganz einfach online über das Service-Portal Rehahom stellen. Das Portal ist nach dem Gesetzeskürzel SoldRehaHomG benannt. Der Antrag kann von den Betroffenen selbst, aber nach deren Tod auch durch eine geehelichte oder verlobte Person, Eltern, Geschwister oder Kinder gestellt werden. Dazu müssen keine Unterlagen der diskriminierenden Vorfälle vorhanden sein.
Zu einer Entschädigung berechtigt sind alle Menschen, die vom Wehrdienstgericht wegen homosexueller Handlungen verurteilt wurden, die heute kein Dienstvergehen mehr sind – also die beispielsweise einvernehmlich und außerhalb des Dienstes geschahen.
Berechtigt sind außerdem Personen, die zu Unrecht erhebliche dienstrechtliche Benachteiligungen erfunden. Also die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung entlassen, nicht mehr befördert, nicht mit (Personal-)Verantwortung betraut oder degradiert wurden.