Queere Superhelden Der einzigartige Superheldenschöpfer Stan Lee
Als schwuler Junge in den 1990er Jahren war das Leben nicht immer leicht, das Gefühl der Andersartigkeit steckte tief in unseren Knochen. Solange, bis wir die Welt der Comics entdecken, allen voran das Universum von Superheldenschöpfer Stan Lee. Mit seinen X-Men zeigte er uns, wie cool es sein kann, anders zu sein – und dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen.
Ein besonderer Superhelden-Vater
Lee, geboren am 28. Dezember 1922 in New York City als Stanley Martin Lieber und gestorben am 12. November 2018 in Los Angeles, war nicht nur der einflussreichste Comic-Autor des 20. Jahrhunderts, sondern auch ein Kulturphänomen. Als kreativer Kopf hinter Marvel prägte er eine Welt, die Millionen von Menschen inspirierte – und für viele queere Menschen zu einer Quelle der Identifikation, Hoffnung und Stärke wurde.
Bereits als Teenager startete er bei Timely Comics – dem Vorläufer von Marvel – und revolutionierte in den frühen 1960er-Jahren gemeinsam mit Künstlern wie Jack Kirby und Steve Ditko die Comic-Welt. Unter seiner Ägide entstanden unzählige ikonische Figuren, darunter: Spider-Man, Iron Man, Thor, Hulk, Black Panther, die Fantastic Four und eben die X-Men. Lee verlieh Superhelden erstmals menschliche Fehler, Selbstzweifel, moralische Konflikte und emotionale Tiefe. Diese Figuren wurden zu Spiegeln einer Gesellschaft, die sich im Wandel befand – und zu Symbolen für all jene, die anders waren oder sich ausgeschlossen fühlten.
X-Men als Metapher für Queerness
Die X-Men, 1963 gemeinsam mit Jack Kirby geschaffen, sind Mutanten – Menschen, die anders sind, oft schon bei der Geburt. Sie werden verfolgt, diskriminiert, gefürchtet oder missverstanden. Viele LGBTIQ+-Menschen sahen sich in diesen Geschichten wieder. Die Parallelen sind bis heute offensichtlich: Mutanten müssen sich häufig „outen“, sie werden von Familie oder Gesellschaft oft nicht akzeptiert, einige leben im Verborgenen, andere kämpfen offen für ihre Rechte. Der Satz „Mutant and proud“ wurde zu einem Slogan, den viele Queers als empowernd empfanden. Lee selbst bestätigte, dass die X-Men bewusst als Allegorie für reale Minderheiten geschaffen wurden – Menschen, die aufgrund eines angeborenen Merkmals Ablehnung erfahren. Er sagte mehrfach, dass die X-Men für alle stehen, die „anders“ sind, und dass sie sich für Toleranz und Gleichberechtigung starkmachen.
Lee war außerdem bekannt dafür, sich in seinen Kolumnen („Stan’s Soapbox“) klar gegen Hass, Vorurteile und Diskriminierung zu positionieren. Bereits in den späten 1960er-Jahren schrieb er: „Engstirnigkeit und Rassismus gehören zu den tödlichsten sozialen Problemen unserer Zeit.“ Er betonte immer wieder, dass Menschenrechte nicht verhandelbar sind – unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Liebesorientierung. Auch im hohen Alter, als Marvel bereits ein globales Popkultur-Gut war, sprach sich Lee öffentlich gegen Homophobie aus und würdigte die Bedeutung queerer Fans für das Marvel-Fandom.
Mutmacher bis heute
Er erschuf dabei Helden, die Außenseitern Mut machten, insbesondere schwulen kleinen Jungs, die vielleicht noch gar nicht wussten, dass sie homosexuell sind. Jene Helden kämpften gegen Unterdrückung, waren „anders“ und dennoch stark und fanden eine besondere Gemeinschaft, wo sie sich sicher und aufgehoben fühlten – wie die X-Men im Xavier-Institut, einem Ort, der sehr direkt an heutige LGBTIQ+-Safe-Spaces erinnert.
Marvel schuf später sogar explizit queere Superhelden – etwa Northstar, Iceman oder Wiccan und Hulkling – und tat dies in einer Popkulturlandschaft, in der queere Repräsentation lange Zeit kaum existierte. Stan Lees Werk ebnete dafür den Weg. Seine Geschichten sind bis heute Rettungsanker, Mutmacher und Spiegel der Realität – besonders für jene, die sich sonst nie repräsentiert sehen. Oder wie sagte Lee einst selbst: „Eine vielfältige Welt sorgt für die interessantesten Geschichten.“