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Leserumfrage // © william87

Umfrage Beziehungen Wir sind schon eine Ewigkeit zusammen

vvg - 10.05.2017 - 10:00 Uhr

Wir haben uns am 31. März 1992 - also vor 25 Jahren - in einer Düsseldorfer Selbsthilfegruppe kennen gelernt, sind nach drei Monaten zusammen gezogen und haben nach 10 Jahren „geheiratet“. Ich erinnere mich, als mein Vater sagte: „Es ist okay, dass du schwul bist, aber dass du heiraten willst. Da komme ich nicht hin, das geht mir zu weit!“ Als es soweit war, war er natürlich im Standesamt und in der Kirche dabei. Damals lebten wir auf dem Land, da hat das ganze Dorf unser Haus im Regenbogen-Look geschmückt. In der Kirche hieß es: „In guten wie in schlechten Zeiten“ und die haben wir zusammen durchgemacht. Ich habe nach schwerer Krankheit eine Kehlkopf-OP überstanden; da saß mein Mann permanent am Bett. Und wir haben beide eine Suchterkrankung hinter uns, also Höhen und Tiefen erlebt und das hat uns zusammengeschweißt. Wir ergänzen uns: Er ist der ruhigere, bodenständigere; ich bin eher der flippige, der im Dauerlauf ständig unterwegs ist. Auf der einen Seite bremst er mich aus, auf der anderen Seite ziehe ich ihn wieder so ein bisschen mit. Streit entsteht meistens darüber, weil ich einen vollen Terminplaner habe und permanent unterwegs bin. Der Streit dauert aber nie lange; bevor wir ins Bett gehen, ist alles geklärt. Bei größerem Streit setze ich mich in mein Wohnmobil und fahre zwei Tage nach Amsterdam. Ich habe dort Freunde, weil ich da mal gewohnt habe. Danach freue ich mich aber auch wieder auf das Nach-Hause-Kommen. Obwohl wir eine relativ offene Partnerschaft leben, ist immer noch ein wenig Eifersucht im Spiel. Jeder hat die Freiheit, das machen zu können, was er möchte. Das hält sich aber in Grenzen, wir sind ja kaum noch auf Tour; zumindest nicht, um sexuelle Abenteuer zu suchen. Ansonsten haben wir eine Regel: Wir sprechen über alles. Der Vorteil ist, dass wir bei der Sucht-Therapie gelernt haben, miteinander zu sprechen. Das ist Gold wert, denn dadurch lassen sich sowohl die kleinen als auch die großen Probleme lösen.
Knut Dehnen aus Duisburg  (erhielt 2007 die Kompassnadel, 2010 den Bundesverdienstorden)

 

Knut Dehnen // © vvg

Ich habe meinen Mann vor 14 Jahren auf einer Arbeitsreise in Polen kennen gelernt. Es hat sich sehr schnell zwischen uns entwickelt. Er zog zu mir und wir haben uns vor elf Jahren verpartnert. Wir sind beide ausgeprägte Familienmenschen und an einer langfristigen Beziehung interessiert; mit allem, was dazu gehört. Wichtig für eine Beziehung ist die persönliche Disposition, dass die Beziehung im Vordergrund steht und nicht ausschließlich der Sex. Dass man den Partner aber nicht zu sehr einengt und nur zusammengluckt und dass jeder auch gewisse Freiheiten hat, die er genießen kann. Wir haben uns bisher nur einmal tiefgreifend gestritten, was auch eine Narbe auf der Seele hinterlassen hat. Ansonsten, wenn es mal Unstimmigkeiten gibt und wir uns anschweigen, dauert das maximal nur wenige Stunden. Wichtig ist miteinander zu reden und Probleme anzusprechen, um sie aus dem Wege zu räumen. Kommunikation ist das A und O einer Beziehung. Mich stört, dass er oft unnötige Sachen einkauft, was mit Sicherheit dem geschuldet ist, dass er aus Polen stammt, wo eine Mangelsituation vorgeherrscht hat. So kauft er Dinge, die wir eigentlich gar nicht brauchen. Aber er macht mir auch Aufmerksamkeiten und überrascht mich mit Kleinigkeiten. Ihn stört, dass ich zu viel arbeite und zu wenig Zeit für ihn habe. Das will ich in Zukunft verändern, denn mir ist klar: Nicht die Arbeit darf im Vordergrund stehen, sondern die Beziehung. Für die Zukunft wünsche ich mir am, gemeinsam alt zu werden und das Leben zusammen zu meistern. Höhen, die wir erlebt haben, waren natürlich unsere Verpartnerung, miteinander verbrachte Urlaube und ganz punktuell: die Begegnung zwischen meinen Eltern und meinem Mann: Bei Vätern ist Homosexualität ja oft ein Problem. Mein Vater hat ihn ganz einfach als seinen zweiten Sohn angenommen; das fand ich einfach großartig.
Markus aus Trier

 

Markus // © vvg

Wir haben uns kennen gelernt, als Paul-Herbert (damals 13-jährig) den vier Jahre älteren Hans-Walter in einer schwulen Kneipe zum Tanzen aufforderte. Wir waren zwar minderjährig, aber jeder hatte schon eine Beziehung. Seit dem Tanz sind wir zusammen. Kurz darauf zogen wir in unsere erste Wohnung und vor 43 Jahren sind wir in die jetzige Wohnung umgezogen. 1999 wurden wir zum „Paar des Jahres“ gewählt und durften auf einem Parade-Wagen beim CSD mitfahren. Dass wir schwul sind, wussten alle. Das lag daran, dass wir uns nie verstellt oder versteckt haben. Am 1. August 2001 hatten wir das Vergnügen, dass uns der damalige Regierungspräsident und spätere Oberbürgermeister Jürgen Roters auserwählte und persönlich als erstes schwules Paar verpartnerte, was zu einem riesigen Medienspektakel wurde; von uns unbeabsichtigt und nicht vorhersehbar. Gemeinsam arbeiten wir seit 31 Jahren als Gärtner und nebenbei hatten wir 16 Jahre lang einen Erotik-Shop, sozusagen „Just for Fun“. Wir sind also ein Paradebeispiel dafür, dass man zusammen leben und arbeiten kann. Abgesehen von kleinen Meinungsverschiedenheiten haben wir uns nie gestritten und wir lieben uns so wie am ersten Tag. Wenn die Gartenarbeit im Winter Pause hatte, flogen wir in Urlaub. So waren wir den USA, Hawaii, Thailand, Malaysia, Indonesien, Burma, Laos, Vietnam, China. Einmal waren wir dadurch wieder in den Medien: In Venezuela gehörten wir zu einer 30-köpfigen Reisegruppe, die von bewaffneten Rebellen überfallen und ausgeraubt wurde.

In den ersten Jahren durfte P-H keinen anderen Mann ansehen. Nach drei Jahren haben wir uns geöffnet; allerdings haben wir immer nur gemeinsam etwas erlebt. Am 10. Dezember 2014 erlitt H-W einen Schlaganfall, kam ins Krankenhaus, in den Rollstuhl und in die Reha-Klinik; P-H war täglich bei ihm. Dank seiner intensiver Pflege ging es schnell bergauf: Seit Mai 2015 fährt H-W wieder Auto und vor einem kamen wir aus dem Urlaub zurück; dieses Mal waren wir auf Kuba.
Paul-Herbert Berendt & Hans-Walter Michael, Köln

 

Paul-Herbert & Hans-Walter // © vvg

Vor 30 Jahren fragte Colin in einem  Studentenwohnheim in Johannisburg seinen Nachbarn, ob sie etwas zusammen unternehmen wollten. Eigentlich war er neugierig, wer da hinter der Tür wohnt, deren Tür-Schild so auffällig war und besonders herausstach. Ein Jahr später war er mit Peter ein Paar. Eine noch nicht offizielle Verpartnerung, nämlich eine „persönliche Vereinbarung“ machten sie schon in Johannisburg; in München holten sie das ganz offiziell nach; auch aus dem Grunde, dass Peter nach Deutschland nachkommen konnte, wohin es Colin als Informatiker mit einer Greencard beruflich verschlagen hatte. Ihren ersten Streit hatten sie, weil Colin frech war und etwas mit einem Anderen hatte. Da zertrümmerte Peter ausgerechnet ein Streisand-Album, entschuldigte sich aber am nächsten Tag mit der neuen gekauften CD. „So etwas kommt nicht mehr vor, wenn wir etwas machen, dann gemeinsam.“ Colin ist extrovertiert, Bauchmensch, sehr spontan, immer auf dem Sprung, sportlicher und will unter Menschen. Peter ist introvertiert, eher ein Kopfmensch, ruhig, nachdenklich, gerne zu Hause und ein Büchermensch. Peter störte an Colin: dass er, wenn er nicht die Antwort bekommt, die er hören möchte, so lange nachfragt, bis er die gewünschte erhält. „Und dass Colin oft denkt, zu wissen was ich sage, aber dabei gar nicht zuhört.“ Umgekehrt stört Colin an Peter: dass er zu kopflastig ist. Er möchte gern mehr mit ihm unternehmen.

Mittlerweile sind die Beiden ein eingespieltes Team: „Wir waren anfangs sehr unterschiedlich mit völlig verschiedenen Hobbies; das gab uns immer wieder Anlass zu neuem Gesprächsstoff. Kommunikation ist unabdingbar und sehr wichtig für eine positive Beziehung. Wir reden sehr viel miteinander, allerdings - auch wenn wir seit 2009 die deutsche Staatsangehörigkeit haben - immer noch in englischer Sprache.“
Peter & Colin aus Johannesburg (Südafrika), beruflich immer auf der Reise

 

Peter & Colin // © vvg

Wir haben uns im November 1998 bei einer Party anlässlich der Gay/Lesbian Filmtage in Lauras Club in Stuttgart kennen gelernt. Danach fuhr Stephan für sechs Wochen nach Australien und Till zu seinem damaligen Freund nach Toronto. Richtig gefunkt hat es, als wir uns wieder getroffen haben. Nachdem auch in Stuttgart die Standesämter offen waren, haben wir uns bei einer schönen Zeremonie im obersten Stockwerk des Bahnhofturms im August 2007 verpartnert. Das einzig Negative daran war, dass unsere Feier aufgrund von Druck durch die katholische Kirche an einem anderen Ort stattfand, als ursprünglich geplant.

Wir sind vom Temperament sehr unterschiedlich, haben aber einen ähnlichen Blick auf die Welt, und lieben beide das Wandern und Reisen. Wenn es Streit gibt, entsteht der meist durch Kleinigkeiten, wenn man sich missverstanden fühlt oder ungerecht behandelt. Wir können zwar keinen konkreten Grund für einen Streit benennen, aber er hält nie lange an; wenn wir zu Bett gehen, ist der Streit meist beigelegt. An Stephan ärgert Till: die unterschiedlichen Geschwindigkeiten beim Entscheiden oder Abarbeiten von Dingen. Und Stephan ärgert bei Till, dass, wenn Sachen vorab gemeinsam abgesprochen wurden, Till dann doch anders entscheidet.

Was eine gute Beziehung ausmacht? Respekt und Wertschätzung dem Partner gegenüber, Ehrlichkeit und gegenseitiges Vertrauen. Die Dinge, die man für sich selbst will, auch dem anderen zu zugestehen. Wir sind in all den Jahren miteinander reifer und stärker geworden, aber auch nachgiebiger und nachsichtiger. Natürlich gibt es auch ein Leben außerhalb der Beziehung. Nur immer alles zusammen zu machen und ständig aufeinander zu kleben, lässt eine Beziehung langfristig schwächeln. Nach vier Jahren haben wir uns auch sexuell geöffnet. Die Intensität der Eifersucht ist geringer geworden, aber vollumfänglich wird es wohl nie ganz ausgelöscht sein, solange man noch etwas füreinander empfindet.
Till & Stephan aus Stuttgart

 

Till & Stephan // © vvg

Wir sind uns am 1. April vor 45 Jahren am Kölner HBF begegnet. Werner, schon geoutet – lebte da noch mit Frau und zwei Söhnen in Bonn – traf auf dem Heimweg einen griechisch aussehenden Mann. Er fasste sich ein Herz und fragte, wo man hier was essen könnte, worauf Wilfried antwortete: „Wenn dir ein Butterbrot reicht, können wir bei mir essen!“. Gleich nach der ersten Nacht hatten wir Bock auf eine Beziehung, zwei Monate später zogen wir in eine gemeinsame Wohnung und 2001 gehörten wir zu den ersten Paaren, die sich verpartnern ließen. Wir trinken beide keinen Alkohol, rauchen nicht und schauen keinen Fußball; höchstens, wenn hübsche Spieler dabei sind. Wir lieben Musik, Werner hat wohl alles, was jemals von und über Barbra Streisand  und auch Ella Fitzgerald erschienen ist, hört hauptsächlich Jazz und Soul, Wilfried mag mehr Klassik. Wir reisen viel und gern in arabische Regionen: dutzende Male waren wir in Ägypten, davon 8x auf dem Nil, mehrfach in Jordanien und Tunesien. Nirgendwo kann man besser flirten.

Während Werner viel malt (www.wernermatrisch.de), im Internet Rezensionen schreibt und fotografiert, liest Wilfried mehr und ist politisch interessierter. Werner ist spontaner, im Sinne von lebhaft und eitel, denn „Eitelkeit verlängert das Leben!“. Wilfried ist mehr der Ruhepol und trifft als „Kopf“ die Entscheidungen. Werner unternimmt manchmal ausgedehnte Shopping-Touren. Er ist modeaffin und hat Schränke voll Kleidung. Bei Wilfried müssen Einkäufe schnell über die Bühne gehen; wenn er sich was Neues kauft, wird dafür ein anderes Teil ausrangiert.

Was eine gute Beziehung ausmacht? Man muss sich auf den Partner verlassen können und bereit sein, Verantwortung für den anderen zu übernehmen. Wenn wir uns streiten, geht es eigentlich nur um Banalitäten. Dann werden wir schon lauter, aber nach einer Schweigestunde ist alles vergessen. Uns geht es supergut: wir hatten nie ernsthafte Krankheiten, keine Geldsorgen und haben nie Diskriminierungen erlebt.
Werner & Wilfried aus Köln

Werner & Wilfried // © vvg

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