Leserumfrage Warum bist du Single?
Ich bin Single, und das liegt glaube ich daran, dass ich manchmal einfach zu schüchtern bin. Vielleicht sehe ich auch nicht schwul genug aus, sodass sich die Männer einfach nicht trauen, auf mich zuzukommen. Natürlich macht es Spaß, frei und ungebunden zu sein. Irgendwie genieße ich das auch, aber ich hätte schon sehr gern eine Beziehung. Manchmal bin ich sehr verzweifelt und ohne Erfolg auf der Suche. Dann lenke ich mich mit der Arbeit und der Schule ab. Bis jetzt jedenfalls hatte ich noch keine einzige Beziehung; ich bin allerdings auch erst 19. Ich hoffe, dass das noch kommt. Meine ersten sexuellen Erfahrungen habe ich vor knapp zwei Jahren gemacht. Aber es war in keinem Fall so toll, wie ich mir das erhofft hatte. Es reichte halt nie für eine richtige Beziehung aus. So haben sich bis jetzt lediglich One-Night-Stands mit Leuten ergeben, die ich entweder im Chat oder am Wochenende im Club kennengelernt hatte. Leider war nie jemand dabei, mit dem ich mir eine Beziehung hätte vorstellen können. Hinzu kommt, dass die Jungs in der Szene auch sehr oberflächlich sind und das nervt mich. Ich habe bestimmte Vorstellung von einem Mann, der mir gefällt. Er sollte nicht so verspielt und chaotisch sein, wie die Jungs in meinem Alter und die Twens, sondern bodenständiger und ruhig etwas älter. Ein Mann wird meiner Meinung nach erst ab 28 Jahren richtig interessant. Und wenn er mir dann noch mit seinem Charakter und seinem Aussehen gefällt… Ich suche nicht mit aller Gewalt, dann findet man eh‘ nichts. Aber ich bin überzeugt, dass ich dem Richtigen noch begegnen werde.
Hannes Petermann, Leipzig
Meine letzten Beziehungen hatte ich Mitte der 1980er – ca. ein halbes Jahr – und Anfang der 1990er, für etwa zwei Jahre. Dazwischen lagen noch zwei oder drei, die nur wenige Monate andauerten. Ich fliege immer auf bestimmte Männer, die nett aussehen und etwas Besonderes ausstrahlen; die sich dann aber innerhalb der Beziehung als sehr dominant herausstellten. Da konnte ich dann gar nicht mehr damit umgehen. Ich suchte eigentlich immer eine gleichberechtigte Beziehung. Seit dem Sommermonat Juni des Jahres 2001 – damals gab es gerade den Wechsel von D-Mark auf Euro – bin ich eingefleischter Single und damit geht es mir gut. Ich vergleiche mich da mit einer Katze: die ist typischer Einzelgänger, sucht die Gesellschaft dann, wenn ihr danach ist. Und wenn ihr etwas nicht in den Kram passt, zeigt sie fauchend ihren Unmut. Ich genieße mein Single-Leben: Tagsüber bin ich bei der Arbeit unter Leuten und abends bin ich froh, meinen Interessen nachgehen und das tun zu können, worauf ich Lust habe. Viele Männer sind zu oberflächlich, nur auf Äußerlichkeiten bedacht und wollen bloß ihre sexuellen Vorlieben befriedigen. Sollte ich den „Mann des Lebens“ tatsächlich noch treffen, würde ich nicht Nein sagen. Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht daran. Klar ist auch: Je älter man wird, desto schwieriger ist es, dem Richtigen zu begegnen. Ich fühle mich bis jetzt mit mir und mit meiner Wohnung ganz wohl. Wenn ich dann irgendwann in Rente gehe, muss allerdings ein Hund ins Haus, damit ich regelmäßig vor die Tür komme.
Marcel, Arnheim
Bis zu dieser Kolumne habe ich mir über die Frage, warum ich Single bin, keine Gedanken gemacht. Das Thema beschäftigt mich nicht sonderlich. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gibt es viele schwule Männer, die ebenfalls Single sind. Ich erlebe mich nicht als Sonderfall. Je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir, dass ich mein Lebensglück nicht davon abhängig gemacht habe, ob ich in einer Partnerschaft lebe oder solo bin. Andere tun das und sind verständlicherweise unglücklich, wenn ihnen die Partnersuche nicht gelingen will. Ich leide aber nicht darunter, sondern genieße mein Single-Dasein. Ich kann beide Seiten beurteilen, weil ich die Beziehung in einer langjährigen Partnerschaft kennengelernt habe und um die Haltbarkeit romantischer Idealvorstellungen weiß, die in den Sehnsüchten und Wünschen damit verknüpft sind. Von der Desexualisierung in langjährigen Beziehungen will ich gar nicht erst reden. Nicht, dass ich missverstanden sein will: Ich habe die Partnerschaft durchaus genossen und erinnere mich gerne daran zurück. Aber ich weiß eben auch, dass „Ehen im Himmel geschlossen, aber auf Erden gelebt werden“. Partnerschaft bedeutet immer viel Arbeit an sich selbst. Als Single bist du frei und musst auf niemanden Rücksicht nehmen, kannst dein Leben so gestalten, wie du das möchtest. Für sexuelle Bedürfnisse bietet dir die schwule Welt genug Möglichkeiten. Selbst wenn du nicht den schnellen, anonymen Sex bevorzugst, kommst du mit „Fuck Buddies“ gut über die Runden und kriegst dabei ein wenig mehr geboten als den bloßen Sex. Alles andere bieten dir Wahlverwandtschaften, die wir Schwule längst kultiviert haben. Es gibt genug Freunde, denen ich mich tief verbunden fühle. Deshalb habe ich auch keine Angst vor Einsamkeit oder Isolation. Es ist kein Unglück, Single zu sein!
Manuel Idebszki, Dortmund
Ich bin Single, ich suche nicht, ich erwarte nichts und ich lasse mich von dem, was das Leben bringt, überraschen. Ich hatte eine Beziehung zu einem Deutschen, die ein Jahr hielt – das war, die Zeit die nötig war, bis er merkte, dass er jemand Anderen brauchte. Eigentlich war er meine erste Liebe und als es endete, hat es sehr wehgetan. Ich brauchte dann relativ lange, ehe ich für etwas Neues bereit war. 2008 hatte ich eine neue Beziehung, wieder mit einem Deutschen. Wir haben aber schnell festgestellt, dass eine Fernbeziehung keine Lösung auf Dauer ist. Ab einem bestimmten Alter hat man sich ja etwas Berufliches aufgebaut und kann nicht einfach mal eben das Land wechseln. Wir haben aber immer noch freundschaftlichen Kontakt. Neue Kontakte finde ich über das Internet, jedoch war da noch nicht der Richtige dabei. Ich lasse mich allerdings immer wieder überraschen, muss aber ehrlich sagen, dass ich lieber Sex mit den Leuten habe, mit denen ich mich auch intellektuell verbunden fühle. Es gab auch nette Begegnungen, die jedoch eher in Richtung Freundschaft als in Richtung Beziehung liefen. Ein Vorteil als Single ist ganz sicher eine gewisse Freiheit, im Sinne, dass man niemandem Erklärungen oder Rechenschaft ablegen muss. Nachteile, alleine zu sein, sehe ich nicht; ich habe ja ein paar richtig gute Freunde, auf die ich zählen kann. Als es Zeiten gab, in denen ich nicht so gut drauf war, waren die für mich da. Dazu brauche ich keinen Partner, denn mir fehlt als Single nichts. Vorteil einer Beziehung ist, dass man sich Tag für Tag in allen möglichen Bereichen bereichert. Ich habe während meiner Beziehungen nie an Freiheitsmangel gelitten. Ich fühlte mich komplett und hatte eh‘ nur meinen Partner im Kopf. Ich fühle mich aber auch als Single wohl, mir fehlt wirklich nichts. Sollte der Richtige kommen, wäre das allerdings ein Bonus dazu.
Olivier, Normandie
Natürlich habe ich schon Beziehungen gehabt; die längste davon dauerte sogar fünf Jahre. Seit ca. zwei Jahren bin ich aber wieder als Single unterwegs. Ob ich wieder auf der Suche bin? Sagen wir mal so: Ich halte zumindest meine Augen offen. Allerdings ist es schwierig, jemanden bei uns im Ort zu finden und kennenzulernen bzw. sich überhaupt auf die Suche zu begeben, weil bei uns kaum etwas los ist und ich deshalb wenig ausgehe. Von daher komme ich relativ wenig mit neuen Leuten zusammen. Momentan besuche ich verschiedene CSDs in meiner näheren Umgebung; aber da wollen alle in der Regel nur ihren Spaß haben. Ein One-Night-Stand kommt für mich nicht in Frage. Ich möchte einen Typen erst ein wenig näher kennenlernen, bevor ich mich auf ihn einlasse. Dazu kann man sich treffen, unterhalten und feststellen, ob man wellenmäßig auf einer Linie liegt und es in die entsprechende gleiche Richtung gehen kann. Wenn sich daraus etwas ergibt und beide Seiten bereit sind, kann vieles passieren. Aber ich bin wirklich nicht der Typ, der gleich beim ersten Treffen mit einem bis dato unbekannten Typen in die Kiste springt. Da bin ich sehr konsequent. Wenn dem anderen etwas an mir liegt, so muss er sich etwas gedulden. Nur so, glaube ich, kann man sich kennenlernen und Vertrauen zueinander aufbauen. Jeder weiß ja aus eigener Erfahrung, etwas „Festes“ kennenzulernen ist nicht einfach. Zumal wenn man dann auch schon über 40 ist. Eine Beziehung ist mir wichtig, weil man das Leben gemeinsam teilen und genießen und mit all seinen guten und schlechten Seiten leichter meistern kann.
Piet, Hamm
Ich will kein Single mehr sein, weil ich eine 15jährige verkorkste Zeit in meinem Leben hinter mir habe, das zum einen Teil aus sehr viel Reisen, zum anderen Teil aus noch mehr Drugs, Sex und Alkohol bestand. Ich hatte mich 2007 nach fünfeinhalb gemeinsamen Jahren in London mit einem Brasilianer verpartnert und mich nach drei Monaten wieder von ihm getrennt, weil uns die Drogen das Leben zerstört hatten. Wir haben aber heute noch Kontakt und fliegen Mitte Juni nach Sitges in Urlaub. Nach Luiz hatte ich zwei kürzere Beziehungen, die aber nicht funktionierten, weil die Drogen immer stärker waren, als die Liebe zu den Typen. Den Sex hole ich mir momentan nur in Saunen, wovon ich aber ganz gerne wieder weg möchte. Nach einer derzeitigen Therapie geht es auch wieder steil bergauf. Drogen und Alkohol haben keine Macht mehr und ich begebe mich gerade auf Tuchfühlung zu neuen Kontakten. Ich habe ganz eisern meinen Egotrip abgelegt und lasse die Schranken wieder hoch; lasse wieder Leute an mich ran. Mein „Neuer“ sollte an Sport und guter Ernährung interessiert sein und Verständnis für meine Badminton-Leidenschaft haben. Er sollte zwischen 35 und 45 Jahre alt sein (ich bin 41, also es dürfen so plus/minus fünf Jahre Unterschied sein) und wenn möglich südländisch aussehen. Die Beziehung sollte zunächst monogam verlaufen, darf sich aber nach einer bestimmten Zeit auch öffnen. Allerdings würde ich nichts mit einem anderen Mann ohne ihn machen. Ich sehe meine Zukunft rosig: Die schlechten Zeiten sind vorbei, die nächsten Jahre werden definitiv besser und ich freue mich wieder auf einen tollen Mann an meiner Seite.
Sven Michel, Köln