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Ines Taddio // © vvg
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ein vergessener Star Ines Taddio

AvdH - 24.03.2019 - 00:00 Uhr

Bei unserer Recherche im Internet kamen wir aus dem Staunen nicht heraus - Ines Taddio ist ein vergessener Star. Sie war eine Ikone des Schlagers in den 60ern, stand bei Bühnenauftritten und bei Filmaufnahmen neben nationalen und internationalen Stars vor der Kamera und traf namhafte Künstler ihrer Zeit. Vor kurzem feierte die Diva ihren 90. Geburtstag. Die alte Dame lebt mitten in Köln und wir durften sie in ihrer Wohnung besuchen. In ihrem wahrscheinlich letztem Interview ermöglicht sie uns noch einmal einen persönlichen Blick in die Musik- und Filmszene der 60er Jahre.

Kompliment Frau Ines, Sie sind vor zwei Monaten 90 Jahre alt geworden, an was erinnern sie sich, wenn sie an ihre Karriere denken?
Das kann ich gar nicht beantworten, ich hatte eine einmalige Karriere, da war alles sehr schön und aufregend. Ich weiß gar nicht, wie viele Schallplatten von mir herausgebracht wurden, es waren einfach zu viele. Außerdem habe ich in etlichen Filmen mitgespielt, hatte unzählige Fernsehauftritte und bin in ganz Europa auf Tourneen unterwegs gewesen.

Als junges Mädchen waren Sie eine „Bella Donna“, wurden sogar in Enemonzo, einer kleinen Stadt in Carnia, 1945 zur „Miss Carnia" gekürt, was ihnen wiederum eine Filmrolle neben Marcello Mastroianni einbrachte.
Das war der Film „Penne Negre“ („Schwarze Federn"). Das war eine schöne Zeit und eine unglaubliche Erfahrung. Marcello ist ja ein Weltstar geworden; ich glaube, darum haben mich viele andere Frauen beneidet.

Ihre Eltern wollten, dass Sie eine solide Berufsausbildung absolvieren. Was sollten Sie denn werden?
Ich sollte wie meine beiden Schwestern einen vernünftigen Beruf lernen und Lehrerin werden. Nach dem Studium schickte mich mein Vater nach Salzburg, damit ich die deutsche Sprache besser erlernen sollte. Doch wie das Schicksal so spielt, meiner Deutschlehrerin, die beim Österreichischen Rundfunk arbeitete, gefiel meine Stimme und sie überredete mich, bei Radio Salzburg vorzusingen. Die waren ebenfalls von meiner Stimme begeistert und so kam ich zu meiner ersten Funkaufnahme. Natürlich waren meine Eltern später stolz, dass ich so bekannt war. Sie waren glücklich, weil ich glücklich war.

Sie standen in Österreich und Rom vor den Mikrofonen, absolvierten Auftritte und wurden in Musikerkreisen die „Marilyn Monroe“ genannt. 1956 gab es die erste Plattenveröffentlichung bei „Austroton", später dann bei "Polydor" in Hamburg.
Meinen Vertrag bei Polydor habe ich durch Heinz Gietz erhalten. Er ist der berühmte Produzent und Entdecker von Caterina Valente, die ich natürlich auch kennen lernte. Übrigens haben viele Leute meine Stimme oft mit der von Caterina verwechselt.

Können Sie uns denn ein paar ihrer Titel aufzählen?
Da muss ich nachdenken. (Ines sucht Hilfe bei ihrem Freund und Betreuer Ritchy, der uns die Frage beantwortet) Unter anderem: „Die feinen Leute von Paris“, „Frag nicht nach seinem Namen“, „So wenig Zeit", „Wie damals“. „Carusello Italiano“ aus dem Film „Und du mein Schatz bleibst hier“ und „Die weiße Möwe“ aus dem Film „Unsere tollen Tanten“.

In „Unsere tollen Tanten“ haben Sie neben Vivi Bach, Trude Herr, Gus Backus, Bill Ramsey und Udo Jürgens gespielt.
Da mussten sich Bill Ramsey und Gus Backus als Frauen verkleiden, um uns Mädchen im Internat besuchen zu können. Der Film war sehr lustig, aber auch sehr erfolgreich in der damaligen Zeit. Im Film „Und du mein Schatz bleibst hier“ habe ich nur gesungen.

Es folgten die Filme „Tanze mit mir in den Morgen“, „Das ist die Liebe der Matrosen“ und “Einer frisst den anderen“, da standen Sie neben der Hollywood Diva Jayne Mansfield.
Wir waren dann zusammen im „Premio Italia“ in Taormina zu Gast. Ich habe mit vielen Künstlern zusammen gearbeitet, die alle einen großen Namen trugen und erfolgreiche SängerInnen oder SchauspielerInnen wurden.

Ihr Fernsehdebüt gaben Sie mit der Sendung „In Hamburg geht man gern an Land“. Witzigerweise sind Sie nicht in Hamburg an Land gegangen, sondern sind in Köln gelandet.
Ja, weil meine Schwiegermutter hier in Köln ein Haus hatte. Ich habe ja Mitte der sechziger Jahre meinen Mann Karl Bach geheiratet, der aber Ende der 70er Jahre schon mit 39 Jahren viel zu früh verstarb. Ich habe nach seinem Tode mit unserem Sohn Carlo zuerst in Triest gelebt und bin anschließend alleine zurück nach Köln gezogen; wo ich im Haus meiner Schwiegermutter lebte und sie damals pflegte. Ich fühle mich in Köln zu Hause. Ich mag die Mentalität der Leute und ihre Offenheit und ich hatte und habe immer noch viele gute Freunde hier. Hamburg ist zwar eine schöne Stadt, aber da habe ich meistens in Hotels gewohnt. Allerdings habe ich dort die Beatles persönlich kennen gelernt, die ganz in der Nähe meines Hotels im Star-Club auftraten. Ich durfte mit ihnen sogar auf einer Aufnahme im Background-Chor singen. In meiner Küche hängt noch eine persönliche Widmung von John, George, Paul und Ringo. Leben die eigentlich noch?

Gus Backus ist inzwischen 81, Bill Ramsey 87 und Caterina Valente 88 Jahre alt. Leider sind nicht nur John Lennon und George Harrison von den Beatles gestorben, sondern auch Vivi Bach, Trude Herr und Udo Jürgens. Auch Edith Piaf und Charles Aznavour leben mittlerweile nicht mehr, neben denen Sie Ende der 50er beim Festival von Knokke im Rahmenprogramm auftraten. Danach arbeiteten Sie in Deutschland sehr erfolgreich mit vielen Rundfunksendern und vielen Orchesterleitern.
Ich war natürlich sehr stolz, mit so bekannten Leuten wie Charles Aznavour und Edith Piaf auf einer Bühne stehen zu dürfen. In Deutschland habe ich viel mit Paul Kuhn und Kurt Edelhagen zusammengearbeitet; mit Max Gregor war ich auf Tour. Ich glaube, die leben auch nicht mehr.

1961 gingen sie beim internationalen Liederwettbewerb in Pesaro mit dem Lied "Pigalle" für Deutschland an den Start.
Und stand neben bekannten Mitstreitern wie Georges Moustaki, der für Frankreich antrat und Marie Dieke (alias Ria Solar) die Schweden vertrat. Ich war im gleichen Jahr noch einmal beim Schweizer Vorentscheid für den Grand Prix im Rennen. Leider landete ich mit meinem Lied „Eine kleine Melodie" im Mittelfeld und konnte somit beim ESC in Cannes nicht dabei sein.

Es ist unglaublich, wie viele Stars Sie in ihrem Leben getroffen haben. An wen können Sie sich noch erinnern?
Ich habe so viele getroffen: Ich kannte die Kessler Zwillinge und traf Marlene Dietrich. Ich habe Frank Sinatra und Quincy Jones kennen gelernt und ich hatte die Ehre „The Jackson Five“ mit dem kleinen Michael Jackson zu treffen und war mit ihnen auf Tour. In Köln kannte ich Romy Schneider, die auch hier lebte. Mit Gus Backus war ich häufiger auf Tour und mit Vico Torriani habe ich im Ostblock getourt.

Es fällt schwer, aber Sie wissen wahrscheinlich, dass Frank Sinatra, Michael Jackson, Romy Schneider und Vico Torriani auch nicht mehr leben. Sie haben fast alle überlebt - Sie sind eine der letzten großen Diven aus dieser Zeit. Und das nicht nur in West-Europa, sondern Sie waren die erste weibliche Sängerin im Ostblock und Sie waren auch da ein internationaler Star.
Worauf ich sehr stolz bin. Ich war zwei Monate auf Konzertreise in Polen, Moskau und Leningrad, und es war immer ausverkauft. In Moskau hatte ich sogar 15 000 Zuschauer. Außerdem bin ich in Rumänien, Jugoslawien, in Ostberlin und Dresden aufgetreten. Ich sprach ja fließend deutsch, italienisch, englisch und französisch, und obwohl ich die meisten meiner Lieder in Deutsch sang, kam das überall gut an. Vielleicht lag das an meinem Akzent.

Welche deutschen Schlagersänger kennen Sie, was hören/sehen Sie sich im Fernsehen an?
Ich kenne heute kaum deutsche Sänger, weil ich gar kein deutsches Fernsehen mehr einschalte; bei mir läuft den ganzen Tag nur italienisches Fernseh-Programm. Da kenne ich natürlich mehrere Sänger, wie zum Beispiel Adriano Celentano. Aber ich habe den Namen Helene Fischer schon mal gehört - ich weiß nicht, was sie genau macht. Wen ich früher sehr gerne gehört habe, waren die Sängerinnen Mahalia Jackson, Marlene Dietrich und Peggy Lee.

Warum haben sie sich als ein gefeierter europäischer Star von der Bühne verabschiedet?
Weil mein Mann viel zu früh verstarb und ich mich alleinstehend um meinen Sohn kümmern musste. In dem Punkt bin ich eine typische Italienerin: die Familie geht über alles.

Ist Ihr Sohn Carlo denn auch im Musikgeschäft gelandet?
Nein, der arbeitet in Triest bei Illy-Kaffee als Art-Direktor. Interessant ist aber, dass wir dasselbe Hobby haben. Ich fotografiere sehr gerne und habe auch schon mehrere Preise dafür erhalten. Mein Sohn fotografiert ebenfalls leidenschaftlich und meine Enkeltochter studiert sogar Fotografie in New York.

Willi Schneider sang 1953: „Man müsste noch mal 20 sein“ Möchten Sie das auch?
Nein, ich habe so viel Schönes erlebt; ich bin zufrieden mit meinem Leben. Ich habe keine Ängste, lediglich die Angst, wenn ich alleine bin, hinzufallen. Deswegen kommen täglich Bekannte und Freunde zu mir, die mir helfen und mich unterstützen. Das ist schon komisch, ich war nie krank, das bringt wohl das Alter so mit sich, wenn man 90 ist.

Frau Ines, wir hoffen, wir waren nicht zu anstrengend. Alle Gute und vielen Dank, dass wir an ihren Erinnerungen teilnehmen durften.
(vvg)
 

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