Hasskriminalität gegen LGBTI* Über 1.400 Angriffe auf LGBTI*-Menschen im Jahr 2022!
Die Anzahl der Hassverbrechen gegenüber LGBTI*-Menschen ist auch im Jahr 2022 binnen eines Jahres abermals massiv angestiegen. Das Bundesinnenministerium verzeichnete insgesamt 1.422 Straftaten bei den Ursachen-Themenfeldern „sexuelle Orientierung“ (1.005 Straftaten, davon 227 Gewaltdelikte) und „geschlechtliche Diversität“ (417 Straftaten, davon 82 Gewaltdelikte) – das entspricht einer Zunahme von mehr als 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2021. Bereits 2021 waren die Fallzahlen dabei bereits massiv binnen eines Jahres um rund 50 Prozent angestiegen.
Jeden Tag werden LGBTI*-Menschen attackiert!
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, erklärt dazu: „Die Zahlen sind erschütternd. Klar ist: Jeden Tag werden LSBTIQ* in Deutschland beleidigt, angegriffen und attackiert. Damit dürfen und werden wir uns nicht abfinden. Ziel der Bundesregierung ist es, Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken, LSBTIQ* vor Gewalt, Übergriffen und Anfeindungen zu schützen und Opfer besser zu unterstützen.“ Als einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Situation sieht Lehmann den ressortübergreifenden Aktionsplan der Bundesregierung „Queer leben“ – das Thema „Sicherheit“ ist eins der sechs Handlungsfelder. Laut Lehmann haben Bund, Länder und zivilgesellschaftliche Organisationen bereits damit begonnen, gemeinsam Maßnahmen zu identifizieren und umzusetzen.
Härtere Strafen gegen LGBTI*-Hass
Zudem fordert Lehmann auch, dass der im vergangenen Jahr der Bundesregierung vorgelegte Gesetzesentwurf zügig verabschiedet werden solle, der Hasskriminalität gegen LGBTI*-Menschen verstärkt ahnden will. „Dieses Gesetz muss der Bundestag nun zügig verabschieden. Durch die ausdrückliche Aufnahme ´geschlechtsspezifischer´ sowie ´gegen die sexuelle Orientierung gerichteter´ Motive in die Strafgesetze zu Hasskriminalität werden diese in Gerichtsverfahren eher strafverschärfend einbezogen und damit besser geahndet. Wer Hasstaten gegen LSBTIQ* ausübt, muss mit der vollen Härte des Strafrechts rechnen.“
Innenminister sollen zeitnah handeln
Auf der anstehenden Innenministerkonferenz im Juni dieses Jahres soll im Rahmen des Abschlussberichtes ebenso die Verbesserung der Bekämpfung von Hassverbrechen gegen LGBTI*-Menschen thematisiert werden. „In dem Bericht werden zahlreiche Handlungsempfehlungen an die Innenminister*innen und Innensenator*innen aufgeführt. Die Bundesländer sind hier gefordert, diese in ihre Politik aufzunehmen und die Prävention, Erfassung und Bekämpfung queerfeindlicher Hasskriminalität konsequent weiterzuentwickeln und zu stärken. Denn jeder Mensch hat es verdient, frei, sicher und offen in dieser Gesellschaft leben zu können“, so Lehmann abschließend.
Tatsächliche Fallzahlen deutlich höher
Wie die tatsächlichen Fallzahlen in puncto Hasskriminalität gegenüber Homosexuellen und queeren Menschen aussehen, kann nur vorsichtig geschätzt werden – eine Studie der Europäischen Grundrechteagentur wie auch die Erfahrungswerte von Polizei und queeren Fachverbänden wie beispielsweise dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) gehen allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus: rund 90 Prozent aller Straftaten werden dabei gar nicht erst zur Anzeige gebracht und damit auch nicht offiziell erfasst. So könnten die tatsächlichen Fallzahlen bei weit über 10.000 Hassverbrechen pro Jahr in der Bundesrepublik liegen.
Ebenso kritisch sehen Experten wie Dr. Stefanie Lünsmann-Schmidt, Mitglied im Bundesvorstand des LSVD, deswegen auch den Anstieg der Fallzahlen generell – es wäre ebenso möglich, dass es nicht zu mehr Übergriffen kommt, sondern nur mehr homosexuelle und queere Opfer aus dem bisherigen Dunkelfeld inzwischen bereit sind, eine Anzeige bei der Polizei aufzugeben. Trotzdem bleibt klar: „Es gibt einfach unfassbar viel Gewalt gegenüber der LGBTI*-Community und wir müssen was tun!“, so Lünsmann-Schmidt.