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Attentat in Oslo
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Attentat in Oslo Was wir wirklich über die Hintergründe bisher wissen

ms - 27.06.2022 - 09:14 Uhr

Nach dem grausamen Anschlag am vergangenen Samstag in Oslo ist die LGBTI*-Community ein weiteres Mal geschockt ob der puren Gewalteruption der Tat. Immer mehr Details werden in diesen Tagen bekannt, sowohl über den Täter wie auch die Hintergründe der Tat – einige dieser Fakten sind unbequem und stoßen teilweise wohl auch aus ideologischen Gründen auf wenig Interesse. Dabei wäre gerade der genaue Blick auf die Motive des Täters wichtig, um Hass und Hetze künftig besser entgegentreten zu können.  

Ein erster wichtiger Aspekt wäre, klar und deutlich zu sagen, dass bei dem Attentat nebst zwei Lokalitäten vor allem der schwule Gay Club “London Pub“ im Fokus des Attentäters stand. Warum medial wie politisch daraus mancherorts sofort ein queerer Club wird, bleibt fraglich, vor allem auch deswegen, weil die Besitzer ihren Club selbst als “schwules Hauptquartier seit 1979“ definieren und sogar ein zweites Mal erklären, dass der London Pub „Oslos beste Gay-Bar und Club“ ist und Schwule, Lesben und Bisexuelle gerne zu Besuch sind. Es geht bei dieser Differenzierung nicht darum, andere Gruppen der LGBTI*-Community auszugrenzen und eine Art von „Opfer-Wettbewerb“ zu betreiben, sondern um einen präzisen Blick darauf, wer im Fokus des Hasses gestanden ist. Nur dann ist es möglich, konkrete Schritte dagegen zu unternehmen. Auch deswegen sprechen Medien wie die Tagesschau zumeist sehr konkret von einem „Nachtclub für Homosexuelle“.

Der zweite wichtige Punkt ist der genaue Blick auf den mutmaßlichen Täter – sein Name ist Zaniar Matapour. Der 42-jährige Mann hat die norwegische Staatsbürgerschaft und kam als Jugendlicher zusammen mit seinen Eltern in den 1990iger aus dem kurdischen Teil des Irans nach Norwegen. Seit dieser Zeit wurde der Mann immer wieder straffällig und hatte im Jahr 1999 bereits schon einmal mit einem Messer in einem Nachtclub andere Menschen angegriffen. Ein anderes Mal wurde er aufgrund von Drogenbesitz (Kokain) zu einer Haftstrafe verurteilt. Matapour bezieht aufgrund von Depressionen und Wahnvorstellungen, so die Gerichtsakten nach Recherche der Süddeutschen Zeitung, seit 2013 in Norwegen eine Invalidenrente.

Der norwegische Polizeisicherheitsdienst PST stuft das Attentat inzwischen offiziell als islamistischen Terrorakt ein. Der mutmaßliche Attentäter schweigt bisher zu den Hintergründen der Tat, die Polizei konnte aber inzwischen bestätigen, dass der Mann Kontakte zu radikalen Islamisten hatte. Der Sender NRK meldete am Sonntag, der Verdächtige stand so in engem Kontakt zu dem radikalen Islamisten Arfan Bhatti. Bhatti hatte erst vor knapp zwei Wochen via Facebook zu Gewalt gegen Homosexuelle aufgerufen. Die Vermutungen verdichten sich von Stunde zu Stunde also immer mehr, dass es sich bei dem Attentat um ein religiös motiviertes Hassverbrechen gegenüber Homosexuellen handelt. Das Ursprungsland des Attentäters, der Iran, ist bis heute ein Schreckensort für homosexuelle Menschen – gleichgeschlechtlicher Sex und Homosexualität allgemein werden bis heute mit der Todesstrafe bestraft. Der Iran soll nach offiziellen Angaben in den letzten rund 40 Jahren mindestens 4.000 Homosexuelle hingerichtet haben.

Es ist also von zentraler Bedeutung, die Ursachen für den Hass und die Gewaltbereitschaft gegenüber Homosexuellen zu benennen und diesen konkret nachzugehen – diese Klarheit fordert gerade mit Blick auf das Konfliktpotenzial zwischen streng gläubigen Muslimen und Homosexuellen auch der jüdische LGBTI*-Aktivist David Moskovits im SCHWULISSIMO-Interview (Juli-Ausgabe): „In manchen Regionen sind die rechtradikalen Deutschen eine Bedrohung und in anderen Regionen radikale Migranten, die in der Regel Muslime sind. Im Zentrum dieser Angriffe sind zumeist Homosexuelle, die zum Beispiel in der Öffentlichkeit Händchen halten oder sich klar als schwul offenbaren (…) Natürlich gibt es bei allen monotheistischen Religionen ebenso intolerante Personen, aber im Judentum und Christentum hat bei der Mehrheit eine erste Form der Modernisierung stattgefunden. Im Islam hält die Mehrheit der Familien noch immer an Werten aus der Zeit des Korans fest. Hier haben wir bis heute ein Problem. Das trauen sich aber oftmals nicht einmal Feministinnen klar zu benennen. Wenn man das Problem aber nicht benennt, kann man auch nicht durch Aufklärung etwas daran ändern. Hier liegt der Schlüssel in einem anderen Umgang mit der Thematik.“

In den digitalen Medien stoßen dabei aktuell vor allem jene Tweets und Nachrichten auf scharfe Kritik, die eine gewisse Art von Framing betreiben würden. Ricarda Lang, die Bundesvorsitzende der Grünen, erklärte beispielsweise in einem Tweet auf Twitter am Samstagnachmittag, dass es bei dem Anschlag in Oslo wie auch bei dem Grundsatzurteil vom Supreme Court in den USA gegen ein landesweites Recht auf Abtreibung  um den „Kampf gegen universelle Menschenrechte“ ginge und beides ein „Bindemittel der globalen Rechten“ sei. Ihre Grünen-Kollegin, Katrin Langensiepen, Mitglied des Europäischen Parlaments, bekräftigt: „Gewalt gegen LGBTIQ wie gerade geschehen in Oslo – die extreme Rechte zeigt ihr Gesicht und bei den Ereignissen wird es nicht bleiben.“ Auch nachdem von offizieller Seite der norwegischen Behörden und der Polizei klargestellt wurde, dass es sich um einen islamistischen Terrorakt handelt, wurden die Tweets bis heute nicht gelöscht oder verbessert.

Der mutmaßliche Attentäter Zaniar Matapour soll in der Nacht auf Samstag im norwegischen Schwulenclub London Pub mit einer Waffe um sich geschossen haben. Zwei Menschen starben, 21 weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Matapour konnte noch vor Ort verhaftet werden. Trotz einer Absage des Oslo Prides am Samstag gingen tausende Norweger auf die Straße, um gegen Hass und Gewalt gegenüber der LGBTI*-Community zu protestieren. Ministerpräsident Jonas Gahr Støre sprach von einem "schrecklichen und zutiefst schockierenden Angriff", die Kulturministerin Anette Trettebergstuen sagte, der Regenbogen sei nun "schwarz gefärbt". Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte, er sei „zutiefst erschüttert“.

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