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Granny Chic // © Granny Chic
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Granny Chic Wohnen wie in Omas guter gemütlicher Stube

kk - 12.09.2021 - 10:00 Uhr

Kein Trend ohne Gegentrend: Wo allerortens der schlichte, minimalistische Wohnstil gelobt wird, blüht im wahrsten Sinn neuerdings auch das Gegenteil namens Granny Chic – nämlich Leben wie in Großmutters Wohnzimmer mit dunklen floralen Tapeten und massiven verzierten Holzmöbeln.

Auch Grandmillenial Style genannt, ist dieser nostalgische Einrichtungsstil ein emotionales Gegengewicht zu modernen Looks und erobert momentan das Interior Design. Es scheint als würde die neue Generation 30+ gegen die kühlen manchmal steril wirkenden Einrichtungen rebellieren, die mit diesem omnipräsenten skandinavischem Ikea-Style aufgewachsen ist. Die Millenials greifen nun zurück auf ihre Großmütter und verbinden so zwei Generationen, die eben Grandmillenial getauft wurde. „Millennials verabschieden sich vom Minimalismus und möchten ihren persönlichen Stil mit einzigartigen, herausragenden Stücken zum Ausdruck bringen“, erklärt Trend-Expertin Dayna Isom Johnson dieses Phänomen. Alt oder altmodisch sieht also ganz anders aus!

Was steckt genau hinter dem Granny Chic?
Aus dieser Verschmelzung heraus entsteht der Look, der irgendwo die Mitte zwischen Minimalismus und Maximalismus sucht: Tradition und Moderne sollen hier versöhnt werden und dies drückt sich dann in Bordüren und Zierleisten, Quasten und Fransen sowie Polster und Textilien aus, die allerdings in erdigen oder monochromen Tönen gehalten sind. Zwar ist Nostalgie beim Granny Chic unabkömmlich, Kitsch und Biederhaftigkeit hat hier aber nichts zu suchen: Moderne Elemente in den finden deshalb Einzug in den großflächigen Mustern wie strukturreichen Geweben, die bodenlangen Tischdecken, floralen Tapeten oder üppigen Holzmöbel erhalten so eine eigene und zurückhaltende Note. Stilbewusstsein ist hier also gefragt, um nicht in unzähligen Rüschen, Fransen und Falten zu versinken. Diese sowie antike Möbel aus dunklem gebeizten Massivholz sorgen zwar für den historischen Flair, werden aber durch metallische Akzente oder abstrakte Kunstdrucke schick kontrastiert.

Es geht also nicht um Überladenheit, sondern im Gegenteil um Individualität: Welches Muster, welches Möbel erinnert an Omas Zuhause? Es geht nicht um Ironie, sondern im Gegenteil um Ernsthaftigkeit: Mit welchen Stücken und Elementen erreiche ich ein emotionales Zuhause, in dem ich stets etwas Vertrautes, Tröstendes und Stabiles finde?

Wie schaffe ich diesen Grandmillenial Style bei mir zuhause?
Man muss nicht teure Antikmöbel kaufen, man kann auch Erbstücke oder Flohmarktmöbel in diesen Trend einbinden: Der Vorteil bei diesem Einrichtungsstil liegt ja auch darin, dass nicht die komplette Wohnung antik sein muss oder soll, sondern die Mischung aus Moderne und Tradition der Clou ist. Ein zentrales Möbelstück – vielleicht ein beeindruckendes Büffet oder ein schöner Schminktisch aus dem 20 Jahrhundert – ist perfekt platziert bereits der ideale Ansatz. So erreicht man ein zeitloses Interieur, das eben nicht muffig wird. Der Granny Chic lädt darüber hinaus ein, stets etwas zu verändert: So kann man jederzeit neue kleinere Elemente hinzufügen oder entfernen und mit den Einrichtungsgegenständen spielen, so dass die Wohnung lebendig wird und nicht wie ein Museum alter Gegenstände wirkt. Die Einrichtung im Grandmillenial Style ist also immer unfertig, ohne jedoch unfertig auszusehen...

 

© Andrei Monkovskii

Wo ist der Unterschied zum Vintage oder Shabby Chic?
Der Retro-Trend hat viele Namen, zum Beispiel wurde der Shabby Chic in letzter Zeit ebenfalls abgefeiert. Dieser unterscheidet sich aber vom Granny Chic dadurch, dass hier nicht die Romantik mit vielen Pastelltönen im Vordergrund steht, sondern im Gegenteil: Persönlicher Geschmack mit individuellen Möbeln sind das Herz dieses Trends. Ein gemütlich geprägter Look soll hier Geborgenheit schaffen, wie sie eben vielleicht nur die Großmutter in der Kindheit schaffen konnte. Damit ist Granny Chic eigentlich mehr als ein Trend, sondern ein echtes Lebensgefühl. Wer es atmet, trägt beispielsweise auch Omas Strickjacke auf und auch das „Granny Hair“, also grau gefärbte Haare, spiegeln sich in dieser Lebensweise wieder. Und so geht dieser Wohntrend auch mit dem Handwerkstrend einher, es wird wieder gestrickt und gehäkelt (man denke aktuell an den offen schwul lebenden Olympiasieger Tom Daley im Turmspringen, der cool auf der Tribüne einen Medaillenhalter strickte). Klassische Dinge, die Oma eben noch selber machte wie Einkaufsnetze oder Untersetzer bekommen so ein persönliches Revival, das alles andere als altbacken ist.

Authentizität ist es also, was beim Granny Chic erreicht werden soll, keine Angestaubtheit: Vielleicht steckt also in Omas altem verzierten Bilderrahmen ein modernes Street-Art-Bild? Mit diesem reizvollen Spiel kann man seine Persönlichkeit perfekt ausdrücken, altes Wissen mit neuen Ideen verbindet und in seinem Zuhause eine eigene herzliche Wärme zaubern, die eigentlich jedes wirkliche Heim braucht.

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