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Alfred Biolek // © vvg

Alfred Biolek Fernsehunterhaltungskünstler und Fernsehproduzent

vvg - 01.03.2016 - 10:00 Uhr

Alfred Biolek, gehörte zu den bekanntesten Fernsehunterhaltungskünstlern Talkmastern und Fernsehproduzenten der 70er, 80er und 90er Jahre. Unvergessen sind noch heute Formate wie "Bio's Bahnhof", "Boulevard Bio" oder "alfredissimo!".

Sie haben in einem Ihrer jüngsten Interviews gesagt, dass Sie in Ihrem Alter lieber in Ruhe zu Hause sitzen und an frühere Zeiten denken. Sie werden im Juli stolze 82 Jahre – woran erinnern sie sich aus ihrem Leben am liebsten?
An meine Kindheit, als ich zehn Jahre war. Das war noch vor der Ausweisung aus unserer Heimat, da habe ich viel Positives mit meinen Eltern erlebt. Ich hatte zwei Brüder und war mit ziemlichem Abstand der jüngste.

Was war heute Morgen beim Aufstehen ihr erster Gedanke?
Was ziehe ich heute an

Ein sehr frauliches Problem. Nach einem schweren Sturz vor ca. fünf Jahren haben Sie zu Ihren Erinnerungen und zur Person Alfred Biolek zurückgefunden. Wer oder was hat Ihnen dabei geholfen?
Scott hat mir sehr geholfen. Ich war in einer neurologischen Reha-Klinik. Da liegt man den ganzen Tag im Bett und hat nur einmal am Tag eine therapeutische Übung. Da hatte ich sehr viel Zeit, um über alles nachzudenken. Auch darüber, ob ich danach weiter in Berlin oder doch besser wieder in Köln wohnen sollte.

Sie haben sich für Köln entschieden!
Der Hauptgrund war, dass ich in Köln eine ganze Reihe privater Freunde habe. Man lebt da besser, wo man gute Freunde hat; vor allem, wenn man älter wird. In Berlin hatte ich nur viele bekannte Menschen.

In Berlin wohnt doch einer Ihrer besten Freunde...
Ja, Tim Fischer, aber der ist ja ständig mit seinem Bühnenprogramm unterwegs. Den treffe ich genauso gut hier in Köln.

Was können Sie der Jugend über das Älterwerden erzählen?
Das Wichtigste ist: Man sollte alles dafür tun, gesund zu bleiben. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Wenn man jung ist und mal krank, legt man sich einfach ins Bett oder besucht einen Arzt. Wenn man aber älter wird, ist Gesundheit das höchste Gut. Ich kann das Altsein deswegen so sehr genießen, weil ich gesund bin. Und um dies zu bleiben, möchte ich alles dafür tun.

Ein erfolgreicher Schlager von Willy Schneider hieß „Man müsste noch mal 20 sein“ – übrigens von Brings erfolgreich gecovert. Wären Sie gerne noch einmal so jung?
Nein, obwohl das eine tolle Zeit war. Ab 30 habe ich meine Sendungen gemacht, das muss ich nicht noch einmal haben.

Wir erinnern uns: Sie haben in den 1960ern „Die Drehscheibe“ moderiert. Ab 1975 dann zusammen mit Dieter Thoma den „Kölner Treff“, eine der ersten Talkshows und ab 1978 „Bio’s Bahnhof“. Alles erfolgreiche Sendungen. Wie kam der Wechsel vom Juristen zum Moderator zustande?
Ich habe mein Leben sozusagen in zwei Hälften geteilt. Mein Vater, der Rechtsanwalt war, wollte, dass ich später seine Praxis übernehme. Dazu sollte ich Jura studieren. Da ich ein sehr familienbezogener Mensch bin, war klar, dass ich seinem Wunsch nachkam. Die andere Hälfte meines Lebens war, dass ich wahnsinnig gerne vor Menschen aufgetreten bin. Ich hatte schon als Schüler mit einem Ensemble Schülerkabarett gemacht. Und danach in Freiburg mit den „Trojanischem Pferdchen“ ein sehr bekanntes Studentenkabarett geleitet. Ich wollte immer unbedingt auf einer Bühne stehen und Menschen unterhalten. Das hat sich relativ schnell herumgesprochen. Als ich beim ZDF ins Justitiariat kam und man abends gemeinsam zum Essen ging, habe ich immer Witze erzählt; ich hatte immer ca. 100 davon auf Lager. Das ZDF hat mir so nach vier Monaten die Sendung „Tipps für Autofahrer“ angeboten. Unmittelbar darauf begann sich die „Drehscheibe“ ebenfalls für mich zu interessieren. Und ein Jahr später wurde ich Chef der „Drehscheibe“. So hat es angefangen und alles Weitere hat sich von allein entwickelt.

Haben Ihre Eltern das noch mitbekommen?D
ie Mutter ja, mein Vater verstarb schon vor Beendigung meines Jura-Studium. Mutter hat ihren 80. Geburtstag bei mir in der Sendung „Bio’s Bahnhof“ gefeiert und wir haben ihr zum Schluss mit dem ganzen Ensemble „Happy Birthday“ gesungen. Da habe ich sie gefragt, wie sie das findet, was ich mache. Sie hat darauf geantwortet: „Gut. Aber mir wäre lieber, du wärest Anwalt geworden. Dann wärst du öfters bei mir, würdest in meiner Nähe wohnen und ich könnte dich öfters sehen.“ Aber stolz war sie trotzdem auf mich.

Haben Sie von Ihrer Mutter auch Ihre Kochkünste gelernt?
Indirekt, also sie hat mich nie direkt unterrichtet. Ich habe bewundert, dass sie immer für uns gekocht hat und dass alles so lecker war. Sie hat erzählt, wie sie etwas zubereitet, und ich habe ihr öfters beim Kochen zugeschaut.

Dadurch entwickelten Sie sich zum ersten, besten und beliebtesten Fernsehkoch im deutschsprachigen Raum und verwöhnten von 1994 bis 2006 Ihr Publikum kulinarisch in der Sendung „alfredissimo“. Stehen Sie heute noch selbst am Herd?
Nur noch ab und zu. Ich habe damit aufgehört, weil mir das Einkaufen zu mühselig geworden ist. Ich lasse mich bekochen oder ich gehe essen. Aber drei- bis viermal im Jahr, wenn es einen besonderen Anlass gibt, koche ich auch noch selbst.

Ihre Kochkünste haben Sie in 7 Kochbüchern festgehalten. Gibt es da ein Lieblingsgericht?
Ich mag mehrere sehr gerne: „Huhn Monty Python“, „Gulasch nach Mama Biolek“, gute Pasta mit feinen Saucen, wie z.B. „Spaghetti alla puttanesca“. Die Kessler-Zwillinge sagten immer „Hurensauce“ dazu, weil das Wort „putain“ (frz. für Hure) ähnlich ausgesprochen wird.

Bleiben wir symbolisch beim Kochen: Was versalzt Ihnen die Suppe?
Wenn Leute nicht pünktlich sind. Wenn sie unzuverlässig sind. Wenn sie etwas versprechen und dann nicht einhalten.

Sie haben als Sudetendeutscher die Flüchtlingsproblematik am eigenen Leib erfahren. Wie stehen Sie zur aktuellen Flüchtlingssituation?Das ist schwer zu beurteilen. Wenn ich Politiker wäre, könnte ich das sicherlich konkreter beantworten. Ich kann nur zu dem etwas sagen, was ich kenne. Ich finde aber, man muss aufpassen, dass nicht alles zu viel wird. Damit man überhaupt noch eine Chance hat, alles in den Griff zu bekommen und so zu organisieren, dass es für die Leute auch gut wird. Es ist wichtig, sich jetzt Gedanken darüber zu machen, wann die Obergrenze erreicht ist, damit man die Übersicht behält.

Sie haben mit Ihren Shows ein Millionen-Publikum unterhalten. Was schauen Sie sich im TV an?
Ich schaue mir ganz selten eine komplette Sendung an. Wenn, dann schon mal „Wer wird Millionär?“ mit Günter Jauch; ansonsten zappe ich mich so durchs Programm. Wenn etwas kommt, das ich nett finde, bleibe ich da hängen.

War Ihnen eigentlich damals beim Machen Ihrer Sendungen bewusst, dass Sie Fernsehgeschichte schreiben würden?
Nein, wir wussten ja nicht, dass sich das Fernsehen so verändern würde, wie es sich verändert hat. Das Fernsehen heute ist ja ein ganz anderes, als ich es gemacht habe. Ich bin dankbar, dass ich zu einer Zeit Fernsehen machen durfte, als es noch Neuland und offen für Ideen und Formate war. Und nicht die Quote das Programm bestimmte.
 

Alfred Biolek // © vvg

Sie sind Jurist, Moderator, Koch und Buch-Autor. Was davon wollten Sie als kleiner Junge werden?
Ich wollte Priester oder Zirkusdirektor werden. Beim Priester hat mich nicht so sehr das Theologische gereizt, sondern die Show drumherum und die Gewänder. Ich war auch lange Ministrant. Zu Hause hatte ich als Kind einen kleinen Altar und da hielt ich schon kleine Messen.

Und Zirkusdirektor sind Sie im gewissen Sinne ja geworden. Sogar mit sozialem Engagement, das wir nicht unerwähnt lassen wollen. Sie engagieren sich mit Ihrer Stiftung in Afrika und sorgen dort für Aidsaufklärung sowie für Ausstattungen von Schulen.
Erst einmal muss ich sagen, dass ich diese Stiftung nicht mehr betreibe. Als ich 80 wurde, habe ich angefangen, das zu beenden. Das müssen heute andere machen, die jünger sind. Ich bin damals von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung angefragt worden, UNO-Sonderbotschafter für Weltbevölkerung zu werden. Ich war über zehn Mal für meine Stiftung in Afrika, habe Schulen besichtigt und Projekte besucht, die sich mit der Aufklärung über Aids beschäftigen. Mit 80 Jahren habe ich mich aus diesem Amt zurückgezogen, habe aber bei der Stiftung Weltbevölkerung noch einen Fond, damit in meinem Sinne weiter Geld gestiftet werden kann.

Sie haben zig Auszeichnungen erhalten. Was bedeuten Ihnen Preise? Sind die noch wichtig für Sie?
Sie bedeuten mir natürlich etwas, stehen allerdings nicht bei mir zu Hause, sondern sind neben Fotos und persönlichen Gegenständen im Hotel Stadtpalais in Deutz in „Bio’s Bar“ zu begutachten.

Sie sind auch einmal als „bestangezogener Mann“ ausgezeichnet worden…Das kam von der Vogue und war Ende der 1980er, darüber habe ich mich sehr gefreut. Und ich bin mal für eine Werbung für „American Express“ von keiner Geringeren als Annie Leibowitz fotografiert worden. Das war auch eine Ehre für mich.

Dann bedanken wir uns umso mehr, dass wir „Alfredissimo“ später auch noch für Schwulissimo fotografieren dürfen. Bei unserem Magazin gehört auf jeden Fall die Frage zum Outing. In Ihrer Münchner Zeit begegneten Sie dem Kreis um Rainer Werner Fassbinder. Haben Sie da schon frei und schwul gelebt?
Ja, ich habe mit denen Kontakt gehabt und habe seit meiner Münchner Zeit immer offen, aber nicht öffentlich schwul gelebt. Zu der Zeit, in der ich jung war, war es unmöglich, öffentlich schwul zu leben. Da gab es ja noch den §175. Ich habe mit meinen Eltern nie darüber gesprochen und sie haben mich auch nie danach gefragt.

Hatte denn das unfreiwillige Outing von Rosa von Praunheim im Dezember 1991 in der RTL Sendung „Explosiv - der heiße Stuhl“ auch positive Seiten?
Als Rosa von Praunheim es damals öffentlich gemacht hat, habe ich einen Schlag bekommen, der sehr wehgetan hat. Aber an dieser Stelle, an der mich der Schlag getroffen hat, hatte ich eine Verspannung und durch diesen Schlag ist diese Verspanntheit verschwunden. Ich bin dazu gestanden, habe aber öffentlich nicht darüber gesprochen.

Sie haben Scott infolge seiner wichtigen Unterstützung adoptiert. Hätten Sie gern eigene Kinder gehabt?
Nein, da ich nicht verheiratet war oder heiraten konnte. Aber schwule Freunde von mir, die sich gerade verpartnert haben, wollen Kinder adoptieren.

Hätten Sie damals gedacht, dass sich die Liberalität bezüglich Homosexualität so entwickeln würde?
Niemals, ich finde aber auch nicht alles gut. Es ist gut, dass man öffentlich mit einem Partner leben kann. Ich finde auch, dass die Adoption eines Erwachsenen, wie in meinem Fall, etwas anderes ist, als wenn man Kinder adoptiert.

Eine Ihrer letzten moderierten Veranstaltungen in der Kölner Philharmonie hieß „Diven“. Sie haben viele Diven in Interviews kennengelernt. Gibt es heute noch richtige Diven?
Ich erinnere mich an die große Sängerin Nina Simone, eine sehr schwierige Person. Da haben selbst die Piloten im Flugzeug gesagt: „Wenn diese Person an Bord ist, fliege ich nicht.“ In meinen Sendungen waren ja fast alle Weltstars, die es gab: Shirley Maclaine, mit der ich befreundet war, oder Sammy Davis Jr., der mir in meiner Sendung ein großes Kompliment gemacht hat. Es waren so viele internationale Stars bei mir, dass ich mich gar nicht mehr an jeden einzelnen erinnern kann.

Eines Ihrer Lieblingsgedichte ist „Stufen“ von Hermann Hesse. Ich hoffe, wir dürfen das fragen – haben Sie Angst vor dem Tod?
Nein, wenn der kommt, dann wird er da sein.

Sie haben vieles in Ihrem Leben erreicht. Gibt es etwas, was Sie unbedingt noch machen oder sagen wollen?
Ich habe alles gemacht, ich bin so viel gereist, habe auf vielen Bühnen gestanden, unzählige Sendungen gehabt. Heute bin ich ganz zufrieden und lebe sehr ruhig in Köln. Es gibt nichts, was ich noch machen müsste.

Herr Biolek, vielen Dank für Ihre Antworten. Haben wir irgendetwas Wichtiges vergessen?
Ja, die Frage, ob ich noch gehen kann. In der „Die Aktuelle“ stand kürzlich „Deutschlands Liebling kann nicht mehr gehen“. Das hat mich sehr geärgert. Ja, ich kann noch gehen, ich brauche keinen Rollator, den benutze ich lediglich beim Einkaufen.

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