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René Gligée // © vvg

Im Interview René Gligée auf höllischer Stadtrundfahrt durch Köln

vvg - 12.06.2015 - 11:00 Uhr

René, andere Männer stehen morgens um 7:00 Uhr auf und gehen zur Arbeit. Was machst du zu dieser Zeit?
Also „from nine to five“ einer Büroarbeit nachzugehen würde mich krankmachen. Ich stehe morgens zwar auch auf, um meine Termine für Pediküre und Maniküre zu organisieren. Ich lege mich dann aber bis 11:00 wieder hin, erledige die vereinbarten Termine um 12:00 und gehe anschließend noch einmal ins Sauerstoffzelt. Um 17:00 Uhr mache ich das Theater auf und verkaufe frisch gebügelt die Karten zum Stück „Diana, das Mädchen mit der Arschkarte“, das ich noch bis zum Sommer spiele.

Du hast ja ein Leben.
Selbständigkeit heißt ja, „selbst“ und „ständig“ zu sein. Es stehen nicht nur die drei Stunden am Abend an, wo ich lustig auf der Bühne stehe. Ich organisiere meine Soloauftritte und die Gastspiele anderer Künstler im Mittelblond, schreibe meine Stücke zum Teil selber, helfe im Gastroapparat und vieles mehr. Da hängt wirklich mehr dran, als das, was man letztendlich sieht.

Also eine wahre „Torture“. Aber das scheint dich nicht genug auszulasten, denn jetzt gehst du noch auf „Tour“.
Genau, auf die „Tour mit Tunte“! Das ist eigentlich ein Zufallsprodukt. Entstanden ist es durch eine private Buchung und die sich daraus entwickelnde Nachfrage, weil das Konzept so gut ankam.

Also das, was Olivia Jones in Hamburg macht, machst du jetzt in Köln; wobei ich Olivia nicht als Tunte bezeichnen möchte.
Ich habe Olivia bei ihrer Städtetour noch nicht miterlebt, ich weiß aber, dass sie die Tour zu Fuß macht. Wir fahren ja gute zwei Stunden mit einem Luxusbus durch Kölner Bezirke und ich erzähle neben realen Fakten auch haarsträubende erfundene Sachen. Dazu haben wir uns unmögliche Stellen in Köln ausgesucht. Die Idee stammt eigentlich von Brian Müschenborn und seinem Mann Chris; ich bin da quasi „nur“ der Reiseführer. Aber es steht und fällt natürlich alles mit Renés Charme und Humor.

Und das in deiner freundlichen, direkten und schwulen ART.
Genau, wie die Leute das aus meinem Theater kennen: Wer in der ersten Reihe sitzt, hat die Arschkarte gezogen. Und was ich im Mittelblond von der Bühne ablasse, ist nichts im Vergleich zu dem, was ich auf der Tour von mir gebe. Da bin ich wirklich unfassbar böse. Das ist schon pure Therapie für mich, da kann ich meine böse Seite ausleben.  Aber die Leute wissen: Alles, was ich denen vorwerfe, ist nicht persönlich zu nehmen, sondern als reine Comedy zu betrachten. Aber ehrlich: Ich bin selbst überrascht, wie unfassbar böse diese Tunte ist und was ich mir in dieser Rolle erlauben kann. Letztens schrieb jemand: „Vielen Dank für die tolle informative Tour. Im Bus zu sitzen und vor der ganzen Mannschaft beleidigt zu werden und sich dabei trotzdem wohl zu fühlen, das schaffst nur du.“ Und wenn sich jemand wirklich persönlich angegriffen fühlt, kann der ja seinem liebsten Feind die Tour empfehlen.

Da passt ja dein Programm „Mit 80 Tunten um die Welt“.
Nicht ganz, wir sind nur 48 und fahren nur um Colonia. Aber es gibt eine Dose hauseigenen Prosecco, einen kleinen Snack und – für die Raucher – auch einen Stopp für die Zigarette zwischendurch.

Bleibt da eigentlich noch Zeit für die Liebe oder läuft da was mit dem Busfahrer?
Natürlich nicht, aber der muss auch ganz viel einstecken. Wenn die Liebe überraschend auftreten würde, nähme ich mir auch Zeit dafür. Aber ich suche nicht krampfhaft. Es ist ja so: Die Männer, die ich toll finde, trauen sich nicht an mich heran. Und die, die mich ansprechen ... Hömma ...

Die Hölle? Wie müsste der Prinz denn aussehen?
Na, so eine Mischung aus Sky Dumont, Matthias Schweighöfer und Justin Timberlake. Oder so ein Mann wie mein Haustechniker Dennis (*Augenzwinker*). Aber das klappt auch nicht, den finden zu viele gut. Einige kommen nur in mein Programm, um Dennis anzuhimmeln, so weit sind wir schon. Das Aussehen ist aber wirklich unwichtig, denn in erster Linie muss „Er“ nur Verständnis für meine Arbeit aufbringen. Ich bin zwar nicht mit meinem Job verheiratet, aber ich liebe diese Arbeit so sehr, da würde ich eher auf eine Beziehung verzichten.

Verstehe, du bist also „Das Mädchen mit der Arschkarte“.
Ja, und das bleibt so. „Hömma Hölle“!

Dieses Interview hat SCHWULISSIMO mit René Gligée  im Mai 2015 geführt.

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