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PEP? PrEP? // © LenaSkor
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PEP? PrEP? Neue Wege des Safer Sex?

id - 25.02.2017 - 07:00 Uhr

In den letzten Jahren gab es vermehrt Berichte über verschiedene Möglichkeiten, abseits der Kondomnutzung, sich vor einer Ansteckung mit dem HI-Virus zu schützen. Dabei machten immer wieder die Abkürzungen PEP und PrEP die Runde. Doch was verbirgt sich dahinter? Und ist dieses eine neue Art des so genannten „Safer Sex“?

PEP steht dabei für Post-Expositions-Prophylaxe und ist eine medizinische Notfall-Behandlung, um eine HIV-Ansteckung nach einer Risikosituation zu verhindern. Mit der PEP muss spätestens 48 Stunden nach einer Risikosituation begonnen werden. Umso früher damit begonnen wird, desto grösser die Erfolgschancen. Sie dauert vier Wochen und wird von der Krankenkasse übernommen. Eine PEP senkt das Risiko einer HIV-Ansteckung um 90% und wird vom Arzt verschrieben. Im Notfall also nicht zögern, sondern direkt bei einer Notfallstelle melden. Wichtig: Die PEP-Therapie ist kein Ersatz für Safer Sex! Anders als die PEP sind Kondome billig, einfach zu kriegen, müssen nur beim Sex verwendet werden, verursachen keine Nebenwirkungen und schützen dich sicher vor einer Ansteckung mit HIV. Zudem schützen Kondome auch vor allerlei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten.

Und was ist der Unterschied zu einer PrEP?

Die sogenannte Präexpositionsprophylaxe (kurz: PrEP) ist eine biomedizinische Präventionsmaßnahme, bei welcher HIV-negative Personen präventiv Medikamente der antiretroviralen HIV-Therapie einnehmen, um sich vor einer möglichen HIV-Infektion zu schützen. Als Medikament für eine PrEP wird hierbei meist Emtricitabin in Verbindung mit  Tenofovir (Truvada) eingesetzt, welches ansonsten Bestandteil einer HIV-Therapie bereits infizierter Personen ist. So soll eine Ansteckung mit HIV verhindert werden („die Pille davor“).

In den USA empfahl die Gesundheitsbehörde CDC schon 2011 Menschen mit andauernd hohem HIV-Risiko, nämlich Schwulen und anderen Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), die tägliche Einnahme von Truvada (einer Kombinationstablette aus zwei HIV-Medikamenten) über Monate und Jahre. 2012 bekam das Präparat die US-Zulassung zu diesem Zweck. Im Mai 2014 wurden diese ersten CDC-Empfehlungen präzisiert. Die Rede ist jetzt von Menschen mit „substanziellem“ HIV-Risiko. Genannt werden HIV-negative Partner von HIV-Positiven (ohne weitere Präzisierung), MSM, die in den letzten sechs Monaten Analverkehr ohne Kondom und/oder eine sexuell übertragbare Infektion hatten, heterosexuelle Frauen und Männer, die beim Sex mit Partnern mit erhöhtem HIV-Risiko (injizierende Drogengebraucher/Menschen mit MSM als Sexpartnern) nicht immer Kondome verwenden und Drogengebraucher, die in den letzten sechs Monaten Spritzbesteck mit anderen geteilt haben. Seit dem Juli 2014 empfiehlt auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) MSM, über die HIV-PrEP als zusätzliche Präventions-Möglichkeit nachzudenken.

Nachdem die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) 2012 ein Diskussionspapier mit Prinzipien für einen möglichen Bewertungsprozess von Medikamenten für die HIV-PrEP und veröffentlichte und darin die PrEP als „potenziell wertvolles Instrument für einen integrierten Ansatz zur Reduktion des individuellen HIV-Risikos und zur Bekämpfung der HIV-Epidemie“ bezeichnete kam auch in der EU eine Zulassung wieder ins Gespräch. Seit dem 22. August 2016 ist Truvada zur PrEP auch in der EU zugelassen. Eine kritische Betrachtung des tatsächlichen Nutzens könne aber erst beim routinemäßigen Einsatz dieses Instruments unter Alltagsbedingungen erfolgen.

Auch gibt es von verschiedenen Seiten Bedenken und kritische Fragen bezüglich der Präexpositionsprophylaxe als Strategie, um neue HIV-Infektionen zu verhindern. Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC beispielsweise befürchtet, die PrEP könnte auch mit anderen Medikamenten durchgeführt werden als mit jenen, die sich für HIV-Negative als sicher erwiesen haben. Auch könnte die PrEP anders durchgeführt werden als verordnet (z. B. eine Tabletteneinnahme nur kurz vor oder nach dem Sex). Zudem konnte die ausreichende Effektivität von alleiniger PrEP nicht nachgewiesen werden. Ausreichende Effektivität zur Verhinderung einer HIV-1-Infektion konnte nur in Kombination mit intensiver begleitender Beratung und zusätzlichen Safer-Sex-Maßnahmen, wie der Verfügbarkeit von Kondomen und der Diagnose und Behandlung von anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, sichergestellt werden. Andere kritische Punkte sind u. a. eine mögliche Resistenzentwicklung und die Auswirkung einer Prophylaxe auf das Risikoverhalten. Darüber hinaus schützt eine PrEP nicht vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen.

Welche Nebenwirkungen hat Truvada, und wie viel kostet eine PrEP?

Truvada ist im Allgemeinen gut verträglich. Eine seltene, aber schwerwiegende Langzeitnebenwirkung des Truvada-Inhaltsstoffes Tenofivir ist eine Schädigung der Nieren. Aus diesem Grund muss bei Patienten, die mit Tenofovir behandelt werden, regelmäßig die Nierenfunktion kontrolliert werden.

Ein wichtiger Punkt bei der Diskussion um die PrEP ist hierbei vor allem die Finanzierung. In den USA (und Kanada) übernehmen viele Versicherungen die Kosten, für nicht Versicherte gibt es unter Umständen andere Programme. In Deutschland ist die PrEP mit Truvada seit Oktober 2016 zugelassen. Die Kosten von mehr als 800 Euro pro Monat (allein für die Medikamente) für die dauerhaft eingenommene PrEP müssen derzeit von den Nutzer/innen selbst übernommen werden. Der Preis wird erst mit Ablauf des Patents sinken, voraussichtlich ab 2017. Im Rahmen von Studien kann die PrEP auch vom Hersteller kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Ob die PrEP in Zukunft von den Krankenkassen finanziert wird, ist offen. Bisher werden nur wenige Medikamente zur Vorbeugung von den Kassen bezahlt. Es sind aber auch andere Modelle denkbar: Manche Kassen übernehmen zum Beispiel bestimmte Impfungen, die nicht im Pflichtkatalog der gesetzlichen Kassen sind.

Sie kann aber auf Privatrezept „off-label“ verschrieben werden, außerhalb des eigentlich vorgesehenen Gebrauchs. Der Arzt oder die Ärztin muss zur eigenen rechtlichen Absicherung lediglich genauer als sonst in der Akte dokumentieren, warum dieser Schritt angezeigt ist, denn bei bislang nicht bekannten Nebenwirkungen haftet die Herstellerfirma beim „Off-label“-Einsatz nicht.

Hierbei ist zu beachten, dass man niemals einfach auf eigene Faust HIV-Medikamente einnehmen sollte, wenn man nicht HIV-positiv ist. Hier sollte man sich vorher auf jeden Fall von einem Arzt beraten lassen.

Sowohl PEP, als auch PrEP sind zwar Möglichkeiten, das Infektionsrisiko mit dem HI-Virus zu verringern, doch einen 100%-tigen Schutz bietet dieses (noch) nicht. Hierzu fehlt es zum einen an aussagekräftigen Langzeitstudien im „Alltagsgebrauch“ und auch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten als Präventionsmaßnahme liegt natürlich in der Verantwortung des Einzelnen. Am Ende muss jeder für sich entscheiden, inwieweit man bereit ist, bestimmte Risiken in Kauf zu nehmen. 

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