Der Weg ist frei Andrej Babiš wird neuer Regierungschef Tschechiens
Mehr denn je mit großer Sorge blickt die Community in Tschechien auf die kommenden Jahre: Im Oktober hatte Andrej Babiš (71) die Wahl für sich entscheiden können, seine rechtspopulistische Partei „Aktion Unzufriedener Bürger“ (ANO) war auf knapp 35 Prozent der Stimmen gekommen. Ob es dem 71-Jährigen tatsächlich gelingt, nach 2017 ein zweites Mal das Amt zu bekleiden, war bisher ungewiss. Nun wurden alle Probleme beseitigt, der Weg an die Macht ist frei. LGBTIQ+-Menschen fürchten mögliche Rückschritte in den kommenden Jahren.
Babiš trennt sich von Konzern
Bisher hatte sich ein möglicher Interessenkonflikt als problematisch für Babiš erwiesen, jetzt erklärte er, dass er sich vollständig von seinem Konzern Agrofert trennen werde: „Ich habe mich entschieden, die Firma Agrofert unwiederbringlich abzugeben. Ich werde mit ihr nie mehr etwas zu tun haben, sie nie wieder besitzen, keine wirtschaftlichen Beziehungen mehr zu ihr pflegen und in keinem Kontakt zu ihr stehen. Dieser Schritt, der die gesetzlichen Anforderungen weit überschreitet, war für mich nicht einfach. Denn diese Firma habe ich fast mein halbes Leben lang aufgebaut.“ Wie Babiš erläuterte, sollen unabhängige Expertinnen und Experten die Struktur eines Treuhandfonds entwickeln, in dem die Unternehmensanteile künftig liegen sollen.
Der Weg ist frei
Damit erfüllt er nun die Voraussetzung, die Staatspräsident Petr Pavel für seine Ernennung zum Regierungschef gestellt hatte. Kurz nach der Videoansprache des Politikers bestätigte Pavel auf X, dass er Babiš am morgigen Dienstag zum Premier ernennen werde. Unklar ist noch, wer die unabhängigen Verwalter oder die Gründer des Fonds sein sollen. Auch sei offen, ob das Agrofert-Management unverändert bleibt und ob Babiš tatsächlich jeglichen Kontakt zum Unternehmen meide: „Da er weiß, dass seine Kinder das Vermögen einst erben werden, wird er wohl ein Interesse daran haben, dass sich dessen Wert nicht verringert“, so die Einschätzung der Wirtschaftsexpertin Jana Klímová. Denn trotz der angekündigten Unumkehrbarkeit erklärte Babiš in seinem Video zugleich, dass seine Kinder den Konzern nach seinem Tod erben sollen.
Sorge in der Community
Die rechtspopulistische ANO wird nun also zusammen mit der ebenso rechtspopulistischen Partei Freedom and Direct Democracy (SPD) und den rechtsgerichteten Motoristen (Motorists) eine neue Regierung bilden, zusammen kommen sie auf eine Mehrheit von 108 Sitzen im 200‑sitzigen Abgeordnetenhaus. Was das konkret für die Community bedeuten könnte, ist umstritten. Babiš sprach sich so zwar bereits 2019 für die Ehe für Homosexuelle aus, erklärte aber auch, er habe Verständnis dafür, wenn andere das kritisch sehen.
2021 stellte er sich gegen mehrere LGBTIQ+-Gesetze auf EU-Ebene. In Tschechien kursieren zudem seit längerem die Bedenken, der 71-Jährige könnte ein Anti-Homosexuellen-Gesetz einführen wollen am Beispiel von Ungarn. Wahrscheinlich nicht mehr verhindert werden kann ein neues Gesetz, das bereits im Januar 2026 in Kraft tritt und die sexuelle Orientierung sowie die Geschlechtsidentität ausdrücklich als erschwerende Umstände bei hassmotivierten Straftaten berücksichtigt. Verbrechen, die aus Hass gegen homosexuelle und queere Personen begangen werden, sollen bei entsprechender Beurteilung dann deutlich strenger geahndet werden.