Kritik an Bundesregierung Regierung übernehme „menschenrechtsfeindliche Narrative“
Die Gewalt gegenüber LGBTIQ+-Menschen ist in den letzten Jahren in Deutschland und vielerorts weltweit massiv angestiegen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordert in diesem Zusammenhang anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte am 10. Dezember eine Stärkung der Zivilgesellschaft – die Bundesregierung dürfe diese dabei nicht immer weiter unter Druck setzen.
Umgang mit NGOs
Konkret nimmt der Verein dabei eine zunehmende „Diffamierung und Delegitimierung zivilgesellschaftlichen Engagements“ in Deutschland wahr, einhergehend mit Angriffen auf die Justiz und einen unabhängigen Journalismus. „Zivilgesellschaftliches Engagement und freie Meinungsäußerung sind nicht nur die Basis freier Gesellschaften, sie gehören auch zu den grundlegenden Menschenrechten. Aktuell werden Organisationen und Initiativen, die sich für Menschenrechte, Chancengleichheit und Vielfalt einsetzen, jedoch unter Generalverdacht gestellt – nicht nur über parlamentarische Anfragen zur Finanzierung von NGOs, sondern auch von der Bundesregierung, die vom Bundesprogramm ´Demokratie leben!´ geförderte und bereits umfassend geprüfte Projekte nun noch vom Verfassungsschutz durchleuchten lassen will“, so Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland.
Das Bundesprogramm ist dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zugehörig. Dieses kann systematisch alle Projekte auf ihre Verfassungstreue und mögliche Extremismusbezüge prüfen zu lassen. Nachdem „Extremismusvorwürfe“ gegen „Demokratie leben!“ publik geworden waren, habe dies Teile der Integrität und gesellschaftlichen Akzeptanz von „Demokratie leben!“ in Frage gestellt. Eine Überprüfung solle dem nun Rechnung tragen.
„Autoritäre Praktiken“ der Bundesregierung?
Duchrow betonte dazu weiter: „Gleichzeitig übernimmt die Bundesregierung menschenrechtsfeindliche Narrative, gießt sie teils in Gesetze, setzt sich über Gerichtsentscheidungen hinweg und diskreditiert friedliche Demonstrierende. Das entspricht autoritären Praktiken, die einzig und allein diejenigen gesellschaftlichen und politischen Akteure stärken, die die vielfältige Gesellschaft in Deutschland ablehnen und abschaffen wollen.“
Und weiter: „Dies hat reale Folgen. Gewalt insbesondere gegen von Rassismus betroffene Personen, Geflüchtete, Frauen, LBGTI+ und andere marginalisierte Communities ist massiv angestiegen. Genau hier setzen zivilgesellschaftliche Initiativen an: bei der Unterstützung von Betroffenen von menschenverachtender Gewalt online und offline, durch Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus oder Bildungsprojekte an Schulen. Gerade lokale Organisationen bieten in strukturschwachen Gebieten ohne ausreichende öffentliche Angebote oft den letzten Zugang zu Hilfen und gesellschaftlichem Austausch.“
Destabilisierung von Demokratie-Projekten
Auf kommunaler Ebene werde dabei mit „Stimmen der CDU“ solche Ansätze immer öfter demnach unterbunden, dazu kommen Kürzungen von Geldern in einzelnen Bundesländern. Durch Anzeigen der AfD von Vereinen beim Finanzamt herrsche überdies mitunter eine Rechtsunsicherheit, so die Menschenrechtsorganisation weiter.
„Statt die essenziellen Projekte überall im Land zu stärken und endlich eine langfristige Unterstützung sicherzustellen, trägt die Bundesregierung mit ihrem Vorgehen zu einer weiteren Destabilisierung bei. Es braucht umgehend eine langfristige Finanzierung und Planungssicherheit von zivilgesellschaftlichem Engagement mit gesetzlicher Grundlage. Unter anderem muss die Förderung von Menschenrechten und Demokratie im Gemeinnützigkeitsrecht explizit als gemeinnütziger Zweck anerkannt werden – und es braucht die gesetzliche Klarstellung, dass sich NGOs selbstverständlich an der politischen Willensbildung beteiligen dürfen“, so Duchrow.