Neuer Vorstoß zum Grundgesetz Berlin fordert die Ergänzung der "sexuellen und geschlechtlichen Identität"
Seit rund 30 Jahren wird immer wieder darauf hingearbeitet, den Artikel 3 des Grundgesetzes zu ergänzen – bis heute sind Homosexuelle die einzige Opfergruppe, die gezielt in der Nazi-Zeit verfolgt und ermordet wurden, und dabei nicht unter dem namentlich erwähnten besonderen Schutz des Grundgesetzes stehen. Die Berliner Landesregierung will das nun ändern.
Keine Stimmen der Union?
Es ist zugleich eines der großen Vorhaben der Ampel-Regierung, doch bis heute stockt das Vorhaben – für eine Änderung des Grundgesetzes ist eine Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat notwendig, ohne die Stimmen der Union geht es nicht.
Zwar laufen bis heute immer wieder Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit zur Grundgesetzänderung, je näher allerdings die Bundestagswahl 2025 rückt, desto unwahrscheinlich scheint ein solches Vorhaben überhaupt noch zu sein. CDU-Fraktionschef Friedrich Merz hatte zudem bereits in diesem Jahr jede weitere Zusammenarbeit mit der Ampel als nichtig erklärt. Die bisher einzigen Unions-Befürworter sind Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner sowie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst.
Problemfall „geschlechtliche Identität“
Die Berliner Regierung will nun mit einer Bundesratsinitiative neuen Schwung in die Gespräche bringen – ein erster Entwurf liegt nach Angaben des Tagesspiegels den Senatsverwaltungen zur Mitzeichnung bereits vor. Darin soll der Absatz 3 des Grundgesetzartikels 3 um die „sexuelle und geschlechtliche Identität“ erweitert werden. Ob dies tatsächlich mit der Union machbar ist, darf bezweifelt werden, denn sowohl CDU- wie auch CSU-Abgeordnete wehrten sich in der Vergangenheit immer wieder vor allem gegen die „geschlechtliche Identität“ als Textbaustein fürs Grundgesetz. Auch einige Juristen halten die Begrifflichkeit als nicht ausreichend definiert, sodass ein Einzug ins Grundgesetz aus deren Sicht ein Fehler sein könnte.
Bekenntnis gegen Diskriminierung
„Die Aufnahme der sexuellen und geschlechtlichen Identität (…) steht für das deutliche Bekenntnis der Verfassung, dass hierauf bezogene Diskriminierungen in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verboten sind (…) Die Schutzwirkung der verfassungsmäßigen Grundrechte müssen dem Wechselspiel der verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Kräfte entzogen und ein deutliches Bekenntnis gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen und geschlechtlichen Identität auch auf Verfassungsebene normiert werden“, zitiert der Tagesspiegel aus der Entwurfsbegründung.
Ähnlich begründen auch Befürworter der Regierung das Vorhaben: Die Grundrechte von LGBTI*-Menschen sollen explizit geschützt werden, sodass auch künftige Regierungen in Deutschland diese nicht so leicht wieder streichen können.
Die Chancen stehen gut, dass die Mitzeichnung der Senatsverwaltungen noch in dieser Woche erfolgt, dann könnte die Bundesratsinitiative bereits nächste Woche im Senat beschlossen werden – bevor sie schlussendlich einmal mehr am Nein der Union-Parteien scheitern dürfte.