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Forderungen an die FIFA
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Forderungen an die FIFA Werden Homosexuellenrechte bei den Fußballweltmeisterschaften 2030 und 2034 eine Rolle spielen?

ms - 07.06.2024 - 10:00 Uhr

Ist es eher Wunschdenken oder doch eine ernstzunehmende Forderung? Amnesty International hat sich jetzt zu der Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaften der Männer 2030 und 2034 geäußert und fordert vom Fußballweltverband FIFA die Sicherstellung, dass bei den Bewerbungen die Menschenrechte der Gastgeberländer eine zentrale Entscheidungsrolle spielen. Dass das bisher nicht geklappt hat, zeigte der Fall Katar 2022 eindrucksvoll – im Emirat wurden vor und noch verstärkter sogar nach der WM bis heute Jagd auf Homosexuelle gemacht, es drohen weiterhin hohe Haftstrafen.

Gastgeberland Saudi-Arabien?

Amnesty bekräftigt indes nun für künftige Großveranstaltungen im Fußball: „Der Weltfußballverband muss jedes Gebot ablehnen, bei dem die Gefahr besteht, dass das größte Sportereignis der Welt erneut durch Missstände beeinträchtigt wird.“ Die Menschenrechtsorganisation hat dabei in ihrem jüngsten Bericht „Playing a Dangerous Game“ die Menschenrechtsrisiken im Zusammenhang mit den beiden einzigen vorliegenden Bewerbungen – ein gemeinsames Angebot von Marokko, Spanien und Portugal mit zusätzlichen Spielen in Argentinien, Paraguay und Uruguay für die WM-Endrunde 2030 – und ein weiteres von Saudi-Arabien für die Ausrichtung des Turniers 2034 untersucht.

Erhebliche Menschenrechtsrisiken

Das Ergebnis ist ernüchternd. Katja Müller-Fahlbusch, Expertin für die Region Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International in Deutschland dazu: „Für jedes Turnier gibt es nur jeweils eine Bewerbung und beide sind mit erheblichen Menschenrechtsrisiken behaftet. Da stellt sich die Frage, ob die FIFA sich an die in den vergangenen Jahren gemachten Zusagen und Reformen halten und von ihrem Recht Gebrauch machen wird, jede Bewerbung abzulehnen, die nicht ihren erklärten Anforderungen entspricht (…) Die mit der gemeinsamen FIFA-Fußball-WM-Bewerbung 2030 verbundenen Menschenrechtsprobleme sind erheblich und müssen angegangen werden. Doch die mit der Bewerbung Saudi-Arabiens um die FIFA-Weltmeisterschaft der Männer 2034 verbundenen Risiken sind von einem ganz anderen Ausmaß und Schweregrad.“ 

Todesstrafe und Fußballweltmeisterschaft

In Saudi-Arabien sind homosexuelle Handlungen strafbar und können mit Peitschenhieben, hohen Gefängnisstrafen sowie der Todesstrafe geahndet werden. Probleme gibt es auch in einigen anderen Bewerberländern: In Marokko sind homosexuelle Handlungen ebenso illegal, hier drohen Haftstrafen von bis zu drei Jahren. 

In Paraguay ist Homosexualität gesellschaftlich und verfassungsrechtlich tabuisiert, Schwule und Lesben haben keinerlei Rechte, immer wieder gibt es Meldungen von willkürlichen Misshandlungen und Tötungen durch Polizisten. In einigen der Bewerberländer gibt es darüber hinaus massive Probleme im Bereich von Arbeitsrechten, Diskriminierung, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Polizeigewalt, Privatsphäre und das Recht auf Wohnen.

„Die Geschichte zeigt, dass eine Weltmeisterschaft für Würde oder Ausbeutung, Inklusion oder Diskriminierung, Freiheit oder Unterdrückung stehen kann. Dies macht die Vergabe der Austragungsrechte für die Turniere 2030 und 2034 durch die FIFA zu einer der folgenreichsten Entscheidungen, die je von einer Sportorganisation getroffen wurden“, so Müller-Fahlbusch weiter. 

Grundsätzliche Reformen?

Während in einigen Ländern konkrete Maßnahmen die Lage verbessern könnten, beispielsweise die gezielte Bekämpfung von Diskriminierung oder eine Stärkung der Arbeitnehmerrechte, bedürfte es anderenorts wie beispielsweise in Saudi-Arabien „grundlegender Reformen“, so Amnesty International. Diese sind allerdings nicht in Sicht. 

Zu den wichtigsten Empfehlungen des Berichts gehört, dass die FIFA bei jeder Bewerbung eine „wirklich unabhängige Bewertung der Menschenrechtsrisiken“ vornehmen und „verbindliche Zusagen der Gastgeberländer“ einholen muss, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Diese sollten überdies strenge Systeme zur Überwachung und Durchsetzung ihrer Umsetzung, einschließlich Beschwerdemechanismen und Zugang zu wirksamen Rechtsmitteln, umfassen. Mit den Erfahrungen von Katar zeigt sich allerdings: So nobel das Ansinnen der Menschenrechtsorganisation auch ist, es bleibt offensichtlich illusorisch. Immer mehr arabische Länder wollen sich inzwischen sogar ganz offensiv wehren gegen die "queere Bevormundung"

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