Alarmstufe Rot in Russland Die Community hat große Angst - rette sich, wer kann!
Ausnahmezustand in Russland – nachdem Ende November das Justizministerium die LGBTI*-Bewegung insgesamt als „extremistische Gruppe“ eingestuft hat, sind Homosexuelle und queere Menschen zu Freiwild geworden. Keine 48 Stunden später erfolgten bereits die ersten Razzien in mehreren Schwulenclubs und Saunen in Moskau, mehrere Personen sollen vermutlich auch dabei festgenommen worden sein.
Rette sich, wer kann!
Die europäische LGBTI*-Organisation Equal PostOst berichtet nun von ersten Notevakuierungen in Russland – wer kann, versuche irgendwie mit Hilfe von LGBTI*-freundlichen Vereinen und Organisationen das Land zu verlassen. Das neue Gesetz ist so schwammig formuliert, dass die Justiz künftig nicht nur gegen LGBTI*-Verbände und ihre Mitarbeiter, sondern im Grunde je nach Auslegung gegen jeden LGBTI*-Menschen vorgehen kann.
In Zusammenhang mit dem Ende 2022 verschärften Anti-Homosexuellen-Gesetz herrscht in der Community vor Ort daher jetzt Alarmstufe Rot. Mehrere LGBTI*-Verbände berichten überdies, dass sich die Anträge zur Unterstützung für eine Ausreise binnen der letzten Woche vervielfacht haben. Auch bei Equal PostOst türmen sich die Anfragen, wie Mitbegründerin Evelina Chaika gegenüber dem Nachrichtenmagazin Mozhem Obyasnit erklärte. Die Anfragen hätten sich seit dem Gerichtsurteil vor einer guten Woche versechsfacht, der Verein erhält derzeit mehr als einhundert verzweifelte Anfragen täglich. Bei einer willkürlichen Verhaftung drohen Schwulen, Lesben und queeren Menschen inzwischen Haftstrafen von bis zu zwölf Jahren. Das Motto scheint daher klar: Rette sich, wer kann!
Atmosphäre der Angst
Gegenüber dem Tagesspiegel erklärte der LGBTI*-Aktivist und Menschenrechtsanwalt Max Olenichev: „Als der Krieg ausbrach, rückte die LGBTI*-Bewegung in den Fokus der russischen Behörden. Sie wollten die Aufmerksamkeit von ihrem militärischen Versagen in der Ukraine auf einen Feind im eigenen Land lenken (…) Und jetzt diese juristische Entscheidung. Zum ersten Mal werden Menschen als Extremisten bezeichnet – nicht für das, was sie tun, sondern für das, was sie sind. (…) Es geht nicht darum, alle queeren Menschen vor Gericht zu bringen. Das Gesetz soll vielmehr eine Atmosphäre der Angst schaffen.“ Das scheint der russischen Regierung mit ihren jüngsten Entscheidungen bereits gelungen zu sein.