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Schottland im Streit
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Schottland im Streit Ist eine Geschlechtsänderung bei Straftätern eine reale Bedrohung?

ms - 04.11.2022 - 15:00 Uhr

Während Schottland gerade um ein neues Selbstbestimmungsgesetz streitet und um die Frage, ab welchem Alter und ob Minderjährige auch ohne eine medizinisch fundierte Diagnose der Geschlechtsdysphorie ihr Geschlecht via Sprechakt künftig ändern dürfen, befeuert nun die neuste Meldung der schottischen Polizei abermals die Gemüter und die Debatte. Die schottischen Konservativen hatten angefragt, wie oft in den vergangenen Jahren verurteilte Sexualstraftäter eine Namensänderung vorgenommen hatten – die Befürchtung dahinter: Mit einer neuen Geschlechterreform würde es heterosexuellen Männern ermöglicht, sich als Frau neu zu definieren und somit für die Allgemeinheit als ehemaliger Sexualstraftäter “unsichtbar“ zu werden. Queere Aktivisten in Schottland wie aber auch in Deutschland verurteilen solche Annahmen als transphob und realitätsfern.

Wie einfach können sich Sexualstraftäter künftig verstecken?

In Schottland hat die nüchterne Zahl indes nun für weitere Diskussionen geführt: Seit 2019 haben 521 verurteilte Sexualstraftäter der Polizei eine Namensänderung gemeldet, wobei die Anzahl der Fälle seit den hitzigen Debatten um eine Reform des schottischen Selbstbestimmungsgesetzes mit fast 200 Fällen in 2021-22 einen neuen Rekord erzielt hat. Für Kritiker des neuen Gesetzesvorhabens ist klar, dass schon jetzt versucht werden würde, durch eine Namensänderung bisherige Vergewaltigungen zu verschleiern. Die, für sie berechtigte Befürchtung ist, dass ohne weitere Kontrollen mit der künftig geplanten Geschlechts- und dazugehörigen Namensänderung via einfachen Sprechakt die Fälle von Missbrauch in Schottland weiter massiv ansteigen könnten.

Wieviel Freiheit bekommen schottische Straftäter?

Der Abgeordnete des schottischen Parlaments Russel Findlay erklärte dazu: „Mir wird kalt, wenn ich daran denke, dass Hunderte von potenziell gefährlichen Sexualstraftätern künftig die Freiheit haben, die Vergangenheit vom Tisch zu wischen und sich dann frei in der Gesellschaft bewegen zu können. Bei weitem die meisten Opfer solcher Verbrechen sind Frauen und Kinder. Wenn diese Raubtiere nebenbei künftig ihre Identität ändern können, setzen wir Frauen und Kinder unweigerlich einem erhöhten Risiko aus.“ Mehrere Minister waren sich in der anschließenden Debatte darüber einig, dass man dieses bereits heute vorhandene, “gefährliche Schlupfloch“ schließen müsse.

Bisher sind Kriminelle gesetzlich nur verpflichtet, der Polizei innerhalb von drei Tagen nach einer Änderung den neuen Namen, die Adresse und die Passdaten mitzuteilen. Einigkeit in der Debatte gibt es auch hier nicht. Schottische Feministinnen blicken auf den Plan mit Zweifeln, das Schlupfloch einer unkomplizierten Namensänderung zu schließen, wenn die geplante Geschlechtsreform dies dann anderweitig wieder ermöglichen würde. Queere Aktivisten hingegen bestehen darauf, dass man eine Namensänderung nicht mit einer Geschlechtsanpassung vergleichen dürfe.

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