Proteste in Australien Der homophobe Erzbischof stand wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht
Tausende LGBTI*-Aktivisten und viele Bürger Australiens protestierten heute lautstark bei der Trauermesse von Erzbischof George Pell in Sydney – der Geistliche war der ranghöchste Würdenträger der katholischen Kirche, der jemals wegen Kindesmissbrauch verurteilt worden war. Immer wieder wurde auch seine massiv ablehnende Haltung gegenüber Homosexuellen kritisiert.
Erst Verurteilung, dann Freispruch
Anfang Januar verstarb der ehemalige Erzbischof von Sydney im Alter von 81 Jahren in Rom. Im Jahr 2018 war der Geistliche zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, weil er zwei minderjährige Chorknaben missbraucht haben soll. Nach rund 13 Monaten im Gefängnis war er in einem Berufungsverfahren am Obersten Gericht Australiens freigesprochen worden. Die Richter hatten damals erklärt, es gebe keine hinreichenden Belege für die vorgeworfenen Taten, Pell selbst hatte die Anschuldigungen stets bestritten – in den Medien und in der Bevölkerung waren viele trotzdem bis zuletzt offenbar nicht von seiner Unschuld überzeugt, sodass es tausende Menschen nun zu seiner Trauermesse auf die Straßen trieb. Auch mehrere Opfer-Verbände hatten den Freispruch als Fehler verurteilt.
Pell warnte immer wieder vor Homosexuellen
Pell war jahrelang auch Finanzchef des Vatikans und galt als enger Vertrauter und Berater von Papst Franziskus. Immer wieder hatte er seine Haltung gegenüber Homosexuellen zum Ausdruck gebracht, erklärte, welch große Gefahr angeblich von Schwulen und Lesben ausgehe und versuchte jahrelang auch politisch Einfluss zu nehmen, um die gleichgeschlechtliche Ehe in Australien zu verhindern, die schlussendlich trotzdem im Januar 2018 in Kraft getreten war.
Zuletzt hatte er sich im letzten Jahr gegen den deutschen Bischof Georg Bätzing ausgesprochen und Konsequenzen gefordert, da sich dieser positiv über Homosexuelle geäußert und versucht hatte, Reformen beispielsweise bei der Sexualethik oder im Umgang mit Homosexuellen innerhalb der römisch-katholischen Kirche anzustoßen.
Premierminister nimmt nicht an Messe teil
Die Trauermesse selbst in der St. Mary's Cathedral verlief friedlich, viele Prominente aus Politik und Gesellschaft waren anwesend und Sydneys Erzbischof Anthony Fisher erklärte, viele hätten Pell auch nach seiner Entlastung vor dem High Court weiterhin “dämonisiert“. Der australische Premierminister Anthony Albanese sowie auch der Regionalpremier des Bundesstaates New South Wales, Dominic Perrottet, nahmen nicht an der Gedenkmesse teil. Zuvor hatte die australische Regierung bereits erklärt, dass es kein Staatsbegräbnis wie sonst üblich für Pell geben werde.
Lebendige Kundgebung gegen Missbrauch
Hinter der polizeilichen Absperrung vor der Kirche demonstrierten tausende Menschen und riefen unter anderem immer wieder "Pell go to Hell" ("Pell, fahr zur Hölle"). Dabei erklärten einige LGBTI*-Aktivisten gegenüber der Nachrichtenagentur AAP: "Wir sind nicht hier, um Ärger zu machen, wir sind hier, um auf den Missbrauch aufmerksam zu machen, das ist alles. Wir wollen eine starke, laute, lebendige und sichtbare Kundgebung, um allem entgegenzutreten, wofür Pell stand!“ Das ist den tausenden Demonstranten ganz offensichtlich gelungen – die meisten nationalen sowie internationalen Medien berichten heute über die Proteste.