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Klares Statement gegen Ägypten
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Klares Statement gegen Ägypten „Diese Entscheidung bringt unser Leben in Gefahr!“

ms - 18.07.2022 - 11:00 Uhr

Vertreter der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika haben jetzt ungewohnt deutlich die Vereinten Nationen (UN) dazu aufgerufen, gegenüber Ägypten ein klares Statement gegen homo- und LGBTI*-Feindlichkeit zu setzen und den bevorstehenden Klimagipfel zu verlegen – bisher soll die 27. Weltklimakonferenz (COP) im November in Scharm El-Scheich (Ägypten) stattfinden. Für mehrere US-Berater im Weißen Haus ist dies angesichts des brutalen Vorgehens der ägyptischen Regierung gegenüber homosexuellen und queeren Menschen so nicht mehr guten Gewissens durchführbar.

Zudem gäbe es auch direkte Sicherheitsbedenken: Berater des Weißen Hauses befürchten, dass homosexuelle Mitarbeiter der US-Regierung und andere queere Aktivisten von Sicherheitskräften angegriffen werden könnten, wenn sie an den Gesprächen teilnehmen. Explizit äußerte sich so beispielsweise auch Jerome Foster zusammen mit seinem Ehemann Elijah Mckenzie-Jackson – sie schrieben in einem offenen Brief an Patricia Espinosa, der Exekutivsekretärin der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), dass die Wahl Ägyptens als Gastgeber der Cop27-Gespräche aufgrund der "Folterung von LGBTI*-Personen, der Tötung von Frauen und der Unterdrückung von Bürgerrechten" zu verurteilen ist. „Diese Entscheidung bringt unser Leben in Gefahr, während wir uns für das Leben unseres Planeten einsetzen. In Ägypten schwul zu sein, ist beängstigend. Wir werden unser Leben nicht aufs Spiel setzen und wir wollen auch nicht, dass das Leben anderer gefährdet wird“, so Foster.

Bereits im Vorfeld hatte die ägyptische Regierung deutlich gemacht, dass sie Demonstrationen gerade auch mit Blick auf die Menschenrechtslage im Mittelmeerstaat nicht tolerieren werde. Der ägyptische Außenminister Sameh Shoukry hatte zudem angekündigt, dass die Regierung eine, an das “Konferenzzentrum angrenzende Einrichtung" zur Verfügung stellen wird, um Aktivisten unterzubringen. Wo genau diese Einrichtung sein wird und vor allem, ob sich mögliche Aktivisten dort frei bewegen dürfen, ließ der Außenminister bewusst offen. Zuletzt hatten erst letzte Woche 22 Menschenrechts-Organisationen wie beispielsweise Amnesty International die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock in einem offenen Brief dazu aufgefordert, den ägyptischen Präsidenten Abdelfattah as-Sisi dazu zu drängen, alle Personen freizulassen, die willkürlich inhaftiert wurden – darunter auch homosexuelle Menschen und LGBTI*-Bürgerrechtsaktivisten (SCHWULISSIMO berichtete). Eine Stellungnahme von Seiten des Außenministeriums oder der UN gibt es bis heute zu den Forderungen nicht.

Zuletzt bestätigten auch mehrere internationale Organisationen, dass Ägypten die “schwerste Menschenrechtskrise seiner Geschichte“ erlebt. Präsident as-Sisi hat in den letzten Jahren die Verfolgung und Inhaftierung von Homosexuellen systematisch und mit äußerster Brutalität vorangetrieben. Unter fadenscheinigen Gründen werden vor allem schwule Männer immer wieder inhaftiert, ohne richtigen Prozess verurteilt und inoffiziell auch hingerichtet. Human Rights Watch geht von jährlich mehreren hundert Festnahmen von Schwulen aus. Rasha Younes, eine Forscherin für LGBTI*-Rechte im Nahen Osten und Nordafrika, erklärte nun mit Blick auf die Klimakonferenz im November: "Jeder, der nach Cop27 geht, sollte besorgt sein und Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, insbesondere bei seinen Online-Aktivitäten. Aber natürlich machen wir uns noch mehr Sorgen um die Menschen, die bereits in Ägypten leben. Unter al-Sisi haben die Behörden eine massive Verfolgung von Personen betrieben, die als schwul oder transsexuell wahrgenommen werden, und es gab weit verbreitete Übergriffe. Das Problem ist systematisch und gewaltig. Cop27 bietet der Zivilgesellschaft die Möglichkeit, auf die Geschehnisse vor Ort in Ägypten aufmerksam zu machen."

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