Hass im Senegal Die Ablehnung von Homosexuellen nimmt immer weiter zu
Erst vor wenigen Tagen wurden im Senegal fünfzehn schwule Männer festgenommen, weil sie Mitglieder einer Gay-WhatsApp-Gruppe waren, jetzt warnen Aktivisten und Verbände vor Ort, dass sich die Lage in dem westafrikanischen Land immer weiter dramatisiert, insbesondere offenbar für schwule Männer – und das auch in einstmals toleranten Städten des Landes.
Schutz wichtiger denn je
Homosexualität wird im Senegal noch immer kriminalisiert und kann mit mehrjähriger Haft bestraft werden. Zuletzt verstärkten sich dabei immer mehr die Fälle von Repressionen, Diskriminierungen, Bedrohungen und direkter Gewalt gegenüber Homosexuellen. Die Organisation Association Prudence ist eine der wenigen Anlaufstellen im Land, gegründet vor zwanzig Jahren, offiziell als Gesundheitskampagne im Kampf gegen HIV.
Inoffiziell das Sprachrohr für die ganze LGBTIQ+-Community, wie Gründer Djamil Bangoura bekräftigt. Mehr denn je ginge es aktuell darum, einen grundsätzlichen Schutz aufrecht zu erhalten: „Wir müssen vorbeugende Maßnahmen für diese Gemeinschaft ergreifen. Es ist schwer. Wir müssen versuchen, diese Organisation zu unterstützen, die die einzige ihrer Art ist. Und wir müssen versuchen, die Menschen bestmöglich zu schützen, die tagtäglich Ziel von Angriffen werden“, so Bangoura.
Angst in der Hauptstadt
Auch Einheimische und Senegal-Kenner bestätigen, dass sich die Lage immer weiter verschlechtert hat. „Wie viele andere Schwule in Dakar fürchte ich nicht nur Ablehnung, sondern auch Verfolgung und Inhaftierung“, so ein junger schwuler Mann gegenüber der queeren Organisation 76crimes. Er lebt in der Hauptstadt des Landes. Ein älterer Homosexueller betonte, dass der Senegal vor einigen Jahrzehnten noch deutlich toleranter war. Schwule wurden lange Zeit als die sogenannten „Góor-jigéen“ oder „Männer-Frauen“ akzeptiert, viele bewegten sich frei in den Straßen von Dakar, kleideten sich wie Frauen und spielten eine wichtige gesellschaftliche Rolle.
Die Kolonialzeit brachte den Hass
Der Wandel begann mit der Kolonisation. Danielle Olavario, Produzentin der EuroNews-Podcastreihe „Cry Like a Boy“, erklärte: „Die Kolonisation führte zu einem Rückschritt beim Respekt für Genderdiversität und schuf eine Lücke im historischen Gedächtnis Senegals.“ Und Cheikh Niang, Professor für medizinische und soziale Anthropologie, ergänzte: „Die Tabus stammen aus kolonialen Gesetzen. Die homophoben Vorschriften in afrikanischen Texten wurden nicht von Afrikanern erfunden. Wir haben sie einfach übernommen.“
Historisch waren jene Góor-jigéen vollständig in die Gesellschaft integriert. Sie begleiteten Zeremonien wie Hochzeiten und Taufen, hatten politischen Einfluss und genossen Respekt. Professor Babacar Mbaye erinnert sich: „Wenn sie tanzten, verschränkte jeder die Arme und sah zu. Als Junge habe ich sie nie beleidigt oder ausgelacht, wir betrachteten sie wie unsere Väter.“
Auch englische Beobachter stellten die Offenheit Senegals fest. Journalist Michael Davidson schrieb über Dakar in den 1950er Jahren: „1949 war Dakar bereits die ‚schwule‘ Stadt Westafrikas. Neun Jahre später war sie schwuler als je zuvor.“ Und Kollege Geoffrey Gorer notierte zuvor schon 1935: „Sie litten sozial in keiner Weise, im Gegenteil, sie galten als hervorragende Gesprächspartner und Tänzer.“ Heute hat sich das Bild gewandelt. Dakar gilt inzwischen sogar als das Zentrum der Unterdrückung von Schwulen in Westafrika. Jeder Hinweis auf vermeintlich „weibliche Eigenschaften“ bei Männern wird als empörend angesehen.