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Fußball am Siedepunkt
Rubrik

Fußball am Siedepunkt Debatten um Homosexuelle und Katar gehen weiter

ms - 07.11.2022 - 10:30 Uhr

In den letzten Tagen hat sich die Diskussion rund um die Fußballweltmeisterschaft in Katar noch einmal verschärft, seitdem am vergangenen Freitag der Präsident des Weltfußballverbandes FIFA Gianni Infantino forderte, man dürfe den Fußball nicht in einen “ideologischen oder politischen Kampf“ hineinziehen. Kurz gesagt: Bitte kein Wort mehr zu den Menschenrechtsverletzungen und dem Hass auf Homosexuelle im Emirat, das gleichgeschlechtliche Liebe mit hohen Haftstraften oder direkt dem Tod bestraft.

Forderung nach Ende der FIFA

Verständlich, dass die Reaktionen daraufhin über das Wochenende weiter hochkochten, wobei sich die Situation grob in zwei Lager aufteilt: Die einen, die sagen, man könne jetzt nichts mehr machen und dürfe die Spiele nicht boykottieren, denn das schade am Ende nur den Sportlern. Und die anderen, die einen direkten Boykott fordern – gerade auch mit Blick auf die Übertragungsrechte der Fußballspiele. Die Fronten indes scheinen sich immer weiter zu verhärten.

Alfonso Pantisano aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) fordert jetzt sogar die Auflösung der FIFA selbst: „Die FIFA hat mit ihrem System aus Korruption, Menschenrechtsverletzungen und ihrer Nähe zu Despoten jede moralische Autorität verloren. Der Brief von Infantino an die nationalen Fußballverbände und ihre Mannschaften ist der durchsichtige Versuch eines menschenrechtlichen Maulkorbs. Die Fußballverbände müssen endlich erkennen, dass das System FIFA am Ende ist. Der Lesben- und Schwulenverband fordert die Fußballverbände weltweit auf, die FIFA und ihre auf Korruption und Menschenrechtsverletzungen aufgebauten Turniere nicht weiter zu unterstützen. Glaubt nicht mehr an das Märchen, dass die Turniere der FIFA Menschenrechte voranbringen würden oder ein Gewinn für die austragenden Nationen wären. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar und auch bei der kommenden U20-Weltmeisterschaft in Indonesien kann es keinen Gewinner geben. Denn die Menschenrechte haben bereits verloren. Darum: Löst dieses System FIFA endlich auf!“

Fußballfans sind selbst unzufrieden mit der Lage

Auch von vielen Fußballfans wurden in den letzten Tagen online, in Stadien mit Transparenten oder auch via TV immer wieder zahlreiche Stimmen laut, die einen Boykott der Spiele forderten. Zuletzt hatten mehrere Berichte von schwulen Opfern wie aber auch von Human Rights Watch eindrücklich einmal mehr belegt, dass das Emirat Homosexuelle systematisch verfolgt und misshandelt. Ein Machtwort von Seiten der Bundesregierung blieb bis heute aus, beim Besuch in Katar erklärte indes Innenministerin Nancy Faeser letzte Woche, die Spiele seien auch für homosexuelle Gäste sicher – kein Wort mehr von der Menschenrechtsproblematik vor Ort, ein Komplettversagen einer deutschen Ministerin. Katars Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani beschwerte sich dagegen am Sonntag im FAZ-Interview darüber, dass beim Fußball andere Maßstäbe gelten würden als in der Energiepolitik, wo die Menschenrechtslage kein so zentraler Diskussionspunkt sei. Nach aktuellem Stand wird der berechtigte Streit rund um die Lage in Katar auch weiterhin geführt werden – einzig Homosexuelle im Emirat selbst dürften davon am Ende keinen Nutzen haben.

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