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Endzeit für die USA?
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Endzeit für die USA? Bestimmen künftig die Republikaner allein den politischen Weg?

ms - 08.11.2022 - 09:00 Uhr

Bei den heutigen Zwischenwahlen in den USA steht sehr viel auf dem Spiel – für die LGBTI*-Community geht es ohne Übertreibung um alles. Bisher konnten viele der rund 300 Anti-LGBTI*-Gesetze in den einzelnen Bundesstaaten in Amerika unterbunden werden, gewinnen die Republikaner an Stimmen, droht an Dammbruch. Für Homosexuelle und queere Menschen könnte das das Ende sehr vieler rechtlicher Errungenschaften bedeuten. So arbeiten die Republikaner beispielsweise derzeit daran, ein landesweites “Don´t-Say-Gay“-Gesetz umzusetzen, dass das Thema LGBTI* künftig an allen Schulen des Landes verbieten könnte. Auch die geplante Abstimmung über ein neues Bundesgesetz für die Homo-Ehe dürfte dann definitiv Geschichte sein und es droht zudem, dass, befeuert durch das Wahlergebnis für die Republikaner, der Oberste Gerichtshof den landesweiten Schutz der gleichgeschlechtlichen Ehe oder auch von gleichgeschlechtlichem Sex aufhebt. Das würde bedeuten, dass jeder Bundesstaat für sich entscheidet, was hier wieder illegal wird und was nicht.

Umfragen sehen einen Gewinn der Republikaner

Die letzten Umfragen zeigen auf, dass die Republikaner massiv Boden gewinnen konnten, auch und gerade bei noch unentschlossenen Wählern. Das Standardargument ist der Blick auf die Wirtschaft des Landes – die meisten Amerikaner trauen den Republikanern hier mehr Kompetenz zu als den Demokraten. Mit dem heutigen Tag könnte es tatsächlich geschehen, dass die Republikaner sowohl im Repräsentantenhaus wie auch im Senat eine Mehrheit erzielen, ganz ähnlich sieht es bei gleichzeitig stattfindenden Gouverneurswahlen in vielen US-Bundesstaaten aus. Ein klarer Sieg der Republikaner wäre nicht nur ein politisches Erdbeben in den Vereinigten Staaten von Amerika, es würde auch dafür sorgen, dass Präsident Joe Biden de facto in den allermeisten Bereichen zu einem zahnlosen Tiger wird – ohne die Republikaner lässt sich dann kein Gesetz mehr verabschieden.

Kommt Donald Trump als Präsident zurück?

Schon Ende letzter Woche hat auch Ex-Präsident Donald Trump erklärt, er könne sich gut vorstellen, 2024 abermals zur Wahl des Präsidenten anzutreten. Eine finale Entscheidung will auch er nach dem Ergebnis der Zwischenwahlen verkünden. Wie wichtig diese Wahl heute ist, bekräftigen auch zahlreiche LGBTI*-Verbände in Amerika, die die Community auffordern, unbedingt wählen zu gehen – jede Stimme zähle. Sarah Kate Ellis, Geschäftsführerin der größten LGBTI*-Organisation GLAAD dazu: „Wir sollten alles tun, um die Bedrohungen für die LGBTI*-Community bei dieser Wahl hervorheben und unsere Gemeinschaft und alle Verbündete zu ermutigen, zur Wahl zu gehen. Wir können etwas bewirken, wenn wir zu den Wahlen gehen!“ In der Tat schreiben die Zwischenwahlen auch aus LGBTI*-Sicht Geschichte: Erstmals kandidieren in allen fünfzig Bundesstaaten geoutete LGBTI*-Menschen für staatliche, bundesstaatliche und gerichtliche Ämter, insgesamt gibt  es queere 1.065 Kandidaten. Eine absolute Rekordzahl. Mehr als die Hälfte der LGBTI*-Kandidaten (55 %) sind dabei schwule Männer.

LGBTI*-Amerikaner haben “die Schnauze voll“

„Die Wähler haben die Schnauze voll von den unerbittlichen Angriffen, die in diesem Jahr gegen die LGBTI*-Gemeinschaft geführt wurden. Bigotte Menschen wollen, dass wir zu Hause bleiben und schweigen, aber ihre Angriffe gingen nach hinten los und haben stattdessen eine neue Welle von LGBTI*-Menschen motiviert, für ein Amt zu kandidieren. Als sie versuchten, Bücher zu verbieten und LGBTI*-Kinder und -Lehrer zu zensieren, kandidierte eine Rekordzahl von LGBTI*-Personen für den Schulrat. Als sie eine historische Anzahl von Anti-LGBTI*-Gesetzen in die Landesparlamente einbrachten, kandidierten LGBTI*-Personen wie nie zuvor für die Landesparlamente“, so Annise Parker, Geschäftsführerin des LGBTI*-Verbandes Victory Fund. Kämpferisch wie nie präsentiert sich die Community in den USA – bleibt die Frage offen, ob das heute ausreichen wird.

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