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Drohungen gegenüber Buchautor
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Drohungen gegenüber Buchautor Verlag des Deutschen Buchpreisträgers berichtet über digitalen Shitstorm

ms - 20.10.2022 - 12:00 Uhr

Nach Angaben des Kölner Stadt-Anzeigers sieht sich der nicht-binäre Autor Kim de l'Horizon derzeit einer massiven Hasskampagne ausgesetzt, wie der DuMont-Verlag bestätigt, der den Roman "Blutbuch" verlegt hat. De l'Horizon hatte erst vor wenigen Tagen den, mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis für sein Erstlingswerk gewonnen, in dem er sehr freizügig über das Leben einer nicht-binären Person schreibt.  

Die Social-Media-Beauftragte des Verlages habe bereits kurz nach der Preisvergabe viele Hassbotschaften und queerfeindliche Angriffe erhalten, die inzwischen soweit möglich gelöscht worden sind. Nach Angaben des Verlages habe der Autor auch Gewaltbotschaften und direkte Bedrohungen in Schriftform erhalten. DuMont bestätigte aber, dass die Lesetermine von Kim de l'Horizon während der Frankfurter Buchmesse wie geplant stattfinden sollen, allerdings unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen. Seit der Preisvergabe ist der Schweizer auch deswegen massiver Kritik ausgesetzt, weil er sich als Zeichen der Solidarität mit der Situation der Frauen im Iran auf der Bühne während seiner Dankesrede die Haare abrasierte. Dazu erklärte der Preisträger: „Dieser Preis ist nicht nur für mich. Ich denke, die Jury hat diesen Text auch ausgewählt, um ein Zeichen zu setzen gegen den Hass, für die Liebe, für den Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden. Dieser Preis ist offensichtlich auch für die Frauen im Iran, zu denen wir alle schauen. Mich verbindet mit diesem Kampf die Unterdrückung meiner Rechte aufgrund meines Körpers.“

Vor allem online von Seiten von Feministinnen aber auch in Kommentaren wie beispielsweise bei der FAZ entbrannten daraufhin Diskussionen, ob es angebracht sei, dass eine nicht-binäre Person seine Lebenserfahrungen mit der lebensbedrohlichen Situation von iranischen Frauen gleichsetzen dürfe. Die Rasur der Haare bezog sich dabei auf eine Protestaktion von iranischen Frauen, die sich nach dem Tod von Mahsa Amini die Haare abgeschnitten hatten. Die junge Iranerin war aufgrund einer “un­zureichenden Bedeckung ihres Haares“ festgenommen worden und schlussendlich in Polizeigewahrsam gestorben. FAZ-Literaturexperte Andreas Platthaus nannte die mediale Inszenierung von Kim de l'Horizon deswegen eine “Kulturelle Aneignung einer Protestform“. Kritik über den Inhalt des Buches kam auch von Seiten Homosexueller auf, die Passagen aus dem Buch des nicht-binären Autors zitierten wie beispielsweise: „Ich war ja auch tatsächlich nie schwul, weil Schwulsein geht ja nur, wenn mensch daran glaubt, dass es zwei Geschlechter gibt und dass mensch auf dasselbe Geschlecht steht; und dieses Schauermärchen von bloss zwei Geschlechtern, von zwei unschmelzbaren Gletschern, die genau das Gegenteil voneinander sind, das erzähle ich nicht weiter.“ Bei aller Kritik sind Gewaltandrohungen dabei mit Sicherheit das falsche Mittel für eine mögliche inhaltliche Auseinandersetzung.

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