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Digitale Gewalt
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Digitale Gewalt Neue Studie zeigt auf: Jeder dritte junge Erwachsene wird angegriffen, Beleidigungen sind für alle Alltag – besonders für junge Schwule

ms - 01.08.2024 - 11:10 Uhr

Digitale Gewalt gerade gegen Homosexuelle ist alltäglich – zu diesem Schluss kommt der neue Forschungsbericht von HateAid. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene sind davon betroffen. Rund jeder dritte Befragte (29,6%) im Alter zwischen 18 und 27 Jahren wurde bereits selbst angegriffen, über 63 Prozent haben digitale Gewalt zudem beobachtet. 

Hass, Hetze und Drohungen 

Zum Vergleich: In der Gruppe der Befragten über 43 Jahren erlebten nur knapp neun Prozent direkte Angriffe online. Unter dem Begriff „digitale Gewalt“ versteht HateAid dabei jegliche Form von beleidigenden Kommentaren, Shitstorms, Anfeindungen, sexualisierten Übergriffen, Cybermobbing und hasserfüllten Nachrichten. Befragt wurden in Zusammenarbeit mit der Universität Klagenfurt insgesamt rund 3.400 Menschen ab 14 Jahren in Deutschland, etwa die Hälfte davon waren junge Erwachsene. Besonders häufig berichten marginalisierte Gruppen wie Homosexuelle von digitalen Attacken. 

„Durch Hass und Hetze wird der Algorithmus von TikTok & Co. gefüttert. Eine ganze Generation wächst so mit sozialen Medien auf, in denen Beleidigungen und Drohungen alltäglich sind. Dabei ist es nicht schwer, die Plattformen aus sich heraus sicher zu designen. So sicher, dass Hass und Hetze für junge Erwachsene nicht normal sein muss“, so Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid.

Selbst schuld an den Anfeindungen?

An erster Stelle stehen dabei Beleidigungen, rund 92 Prozent der Betroffenen geben an, bereits mindestens einmal beleidigt worden zu sein, 72 Prozent erlebten regelmäßig verbale Angriffe. Ebenso hoch im Kurs sind Hassrede sowie hasserfüllte Nachrichten und die Verbreitung von Lügen über die betroffene Person – ungeoutete homosexuelle junge Erwachsene bilden hierbei eine besonders beliebte Opfergruppe. 

Anders ausgedrückt: Die Anfeindung als „schwule Sau“ auf dem Schulhof hat es in den letzten Jahren offenbar immer mehr in die digitale Welt geschafft. Besonders frappierend: Rund Zweidrittel der jungen Menschen ist der Auffassung, etwas falsch gemacht zu haben oder selbst Schuld an den Anfeindungen zu sein. 

Nacktbilder und sexualisierte Übergriffe

Damit enden aber die Anfeindungen nicht, laut HateAid kommt es auch zu einer Reihe potentiell noch schlimmerer Gewaltformen wie Bedrohungen oder sexualisierten Übergriffen. Auch das Zusenden von ungewollten Nacktbildern ist inzwischen Alltag geworden – 60 Prozent der jungen Befragten kennen das. „Trotz dieser negativen Erfahrungen ist ein Rückzug aus den sozialen Medien für junge Erwachsene keine Option. Stattdessen zensieren sie sich selbst, um Übergriffen vorzubeugen“, beschreibt HateAid die Misere.

Für rund 80 Prozent der jungen Erwachsenen kommt ein Rückzug aus den sozialen Medien so weiterhin nicht in Frage, zu wichtig ist das Angebot als selbstverständliche Kommunikationsmöglichkeit geworden. 

Ein Internet ohne Hass

Sehr wohl wünschen sich junge Menschen aber ein Internet ohne Gewalt, Hass oder Mobbing. Sie fordern dabei effizientere Strafverfolgung, mehr Sanktionierungen wie beispielsweise das Sperren von Accounts oder direkte Strafen, und darüber hinaus auch eine stärkere Regulierung der Plattformen durch die Politik. Einige Jugendliche erhoffen sich dabei eine ganz neue Form von sozialen Netzwerken auf nicht-kommerzieller Basis. AN einem solchen neuen Angebot arbeitet in Deutschland beispielsweise gerade die LGBTI*-Jugendorganisation Lambda. 

Von Hodenberg betont weiter: „Für eine ganze Generation gehört digitale Gewalt durch soziale Medien bereits zum Alltag. Dabei ist die hohe Zahl an sexualisierten Übergriffen, die junge Erwachsene bereits erlebt haben, besonders erschreckend. Wir haben viel zu lange weggeschaut: Wir müssen unsere Kinder und Jugendlichen jetzt besser vor Gewalt im Internet schützen. Dafür braucht es dringend ein Mindestmaß an Produktsicherheit für soziale Medien und konsequenten Jugendschutz auch im Netz.“  

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