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Erste US-Politiker wettern gegen Homo-Ehe
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Der Angriff beginnt! Der Kampf um das Recht auf Ehe und Sex für Homosexuelle geht los

ms - 18.07.2022 - 12:00 Uhr

Es war wohl nur eine Frage der Zeit, nun bewahrheiten sich die schlimmsten Befürchtungen der amerikanischen Gay-Community: Nachdem das landesweite Recht auf Abtreibung nach 50 Jahren vom Obersten Gerichtshof gekippt worden ist, folgt nun der direkte Angriff auf das Recht für Homosexuelle, eine gleichgeschlechtliche Ehe einzugehen. Je nachdem, welches Grundsatzurteil sich die mehrheitlich konservativen Richter am Supreme Court tatsächlich vornehmen, könnte bald auch Sex unter Homosexuellen abermals als Sodomie gebrandmarkt und ebenso wieder unter Strafe gestellt werden.

Nun wagte Senator Ted Cruz den ersten Vorstoß und erklärte, dass der Oberste Gerichtshof mit der Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe in der Rechtssache Obergefell gegen Hodges im Jahr 2015 "eindeutig falsch" lag. Auf diesem Grundsatzurteil fußt die landesweite Homo-Ehe. Der texanische Republikaner bekräftigte dabei, dass die Richter nun zeitnah weitere Schritte unternehmen müssten, dabei schloss er sich inhaltlich auch Richter Clarence Thomas an, der bereits schriftlich festgehalten hatte, dass auch die gleichgeschlechtliche Ehe noch einmal überprüft werden sollte – diese Aussagen haben bis jetzt zwar keine rechtliche Folge, sollen aber eindeutig dazu auffordern, dass entsprechende Klagen bis vor das Oberste Gericht gebracht werden, sodass dann die Richter abermals darüber entscheiden können. Cruz treibt diesen Vorstoß nun massiv voran und erklärte: „Obergefell, wie Roe v Wade, ignoriert zwei Jahrhunderte der Geschichte unserer Nation. Die Ehe war immer ein Thema, das den Staaten überlassen wurde. Wir haben gesehen, wie einige Staaten vor Obergefell die Homo-Ehe zuließen, während andere Staaten Lebenspartnerschaften zuließen. Es gab unterschiedliche Standards, die die Staaten annahmen. Bei Obergefell hat das Gericht gesagt: 'Nein, wir wissen es besser als ihr', und jetzt muss jeder Staat die Homo-Ehe sanktionieren und erlauben. Ich denke, diese Entscheidung war eindeutig falsch, als sie getroffen wurde. Das Gericht ist zu weit gegangen." Der Kampf hat damit eindeutig begonnen.

Sowohl in den digitalen Medien wie auch in offiziellen Statements von Seiten der Demokraten werden die Äußerungen des Senators scharf kritisiert. Die texanische Demokratin Jennie Lou Leader bezeichnete Cruz beispielsweise als "eine Schande für seinen Adoptivstaat Texas und unsere ganze Nation!" und ihr Kollege Adam Parkhomenko fügte hinzu: "Ted Cruz hat deutlich gemacht, dass er die gleichgeschlechtliche Ehe hasst. Ich denke, die Wahrheit ist, dass Ted Cruz Probleme mit seiner eigenen Ehe hat und nicht versteht, was wahre Liebe ist. So einfach ist das.“ Auch die Mehrheit der Amerikaner (71 Prozent) sprach sich jüngst erst dieses Jahr in einer landesweiten Umfrage für die Homo-Ehe aus, Tendenz weiter steigend. Ted Cruz selbst ist bei den allermeisten US-Bürgern nicht beliebt, gerade einmal jeder Dritte befürwortet den Hardliner noch – das alles spielt in der Realität allerdings kaum eine Rolle, denn es bedarf nur einer Klage bis zum Obersten Gerichtshof, um die Sache höchstwahrscheinlich zugunsten der homophoben Extremisten zu ändern.

Seitdem Ex-Präsident Donald Trump drei neue Richter am Obersten Gericht benennen konnte, sind die liberalen und weltoffenen Kräfte in der Minderheit. LGBTI*-Organisationen wie die landesweite GLAAD warnten indes davor, dass dies noch lange nicht das Ende der Attacken auf die Gay-Community gewesen sein könnte. Denn anstatt sich das Grundsatzurteil Obergefell v. Hodges von 2015 vorzunehmen, könnte sich der Supreme Court bei entsprechender Klageeinreichung auch gleich mit dem Fall Lawrence v. Texas beschäftigen, was die Wiedereinführung von Sodomie-Gesetzen und einem gänzlichen Verbot von gleichgeschlechtlichen Sex bedeuten könnte – damit wäre sozusagen auch die Homo-Ehe mit einem Wisch zeitgleich vom Tisch, so Geschäftsführerin Sarah Kate Ellis warnend: "Wenn sie gegen Lawrence vorgehen, was jede Form einer LGBTI*-Lebensweise kriminalisieren würde, dann müssen sie erst gar nicht mehr Obergefell v. Hodges außer Kraft setzen. Sobald wir als Bürger generell kriminalisiert werden, ist es zu diesem Zeitpunkt vollkommen irrelevant, ob wir dann noch verheiratet sind oder nicht. Ich bin kein Panikmacher, aber ich denke, dass das, was wir in den letzten Jahren gesehen haben, uns zeigt, dass alle Dinge, von denen wir dachten, sie seien in diesem Land sicher, nicht mehr sicher sind." Ähnlich wie beim Fall des landesweiten Rechts auf Abtreibung ist davon auszugehen, dass rund die Hälfte der Bundesstaaten in Amerika dann auch abermals Sodomie-Gesetz erneut einführen sowie die gleichgeschlechtliche Ehe abschaffen würde.

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