Direkt zum Inhalt
Austrittswelle bei Terre des Femmes
Rubrik

Austritte bei Terre des Femmes Streit um Frauenschutzräume und Trans-Rechte eskalierte bei Mitgliederversammlung!

ms - 07.06.2023 - 13:00 Uhr

Der Streit in der größten deutschen Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes (TDF) brodelt bereits seit einem Jahr – im Juli 2022 machte der Verein bei der Frage um Frauenschutzräume und Rechte für Trans-Menschen eine 180-Grad-Wende. Zunächst hatte der Verein noch 2020 ein Positionspapier veröffentlicht, in dem erklärt wurde, dass das biologische Geschlecht für die Einschätzung einer Person als Frau maßgeblich ist.

Der Verein wurde daraufhin laut Eigenaussage aus dem Vorstand immer wieder massiv von queeren Aktivisten angegriffen, bis die Vereinsspitze schlussendlich das Papier zurückzog. Wie es genau zu dieser Entscheidung gekommen ist, ist nicht eindeutig. Teile des Vorstands erklärten den Schritt damit, dass das Positionspapier ohne fundierte wissenschaftliche Expertise geschrieben worden sei.

Streit eskalierte immer mehr

Damit begangen die Streitigkeiten und die Kritik an jenem Teil der Vereinsspitze. Inge Bell aus dem Vorstand der Organisation erklärte, die TDF-Leitung habe eigenmächtig gehandelt, ohne die Mitglieder in diese wichtige Entscheidung mit einzubeziehen. Was folgte, waren ein Rechtsgutachten und eine bürokratische Kriegsführung um Mitgliederlisten und eine außergewöhnliche Mitgliederversammlung. Im Rechtsgutachten wurde dabei unter anderem auch festgehalten, dass die Geschäftsführung und Teile des Vorstands aktiv die Vernetzung und Kommunikation von anderen Vereins-Frauen behindert hätten – die Betroffenen selbst bestritten dies. Immer mehr Vereinsfrauen äußerten daraufhin ihren Eindruck, man wolle offenbar über die Causa Trans-Rechte und Frauen im Verein nicht reden, noch dazu, wo die Debatte zwischenzeitlich auch im Zuge des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes immer mehr an Fahrt in Deutschland aufgenommen hatte.

Dammbruch bei Mitgliederversammlung

Mit der Initiative saveTDF verlangten Bell und rund 200 weitere Frauen eine Mitgliederversammlung; schlussendlich fand diese nun am vergangenen Wochenende digital statt. Eine knappe Mehrheit der Mitglieder des Vereins votierte dabei für einen inhaltlichen Richtungswechsel, sodass künftig nicht mehr auf geschlechtsbasierte Punkte geachtet wird, sondern im Sinne des Vereins der Begriff „Frau“ nur noch der persönlichen Selbstdefinition unterliegt.

Die Initiative kritisiert dabei, dass durch die digitale Konferenz es nicht möglich gewesen sei, sich tatsächlich untereinander persönlich auszutauschen oder unbefangen zu diskutieren. Zudem seien unliebsame Stimmen während den digitalen Diskussionen immer wieder weggeschaltet worden und es habe ebenso „massive technische Mängel bei der Stimmabgabe“ selbst gegeben. Der Richtungswechsel des Vereins stoße dabei auf vehementen Widerstand von hunderten TDF-Frauen, die sich teilweise seit Jahrzehnten für den Verein engagiert haben, so saveTDF in einer Presseerklärung.

Austritt von rund 200 Frauen

Rund 200 Mitfrauen sind so kurzerhand inzwischen ausgetreten, darunter auch renommierte Frauenrechtlerinnen wie Prof. Dr. Luise F. Pusch und Prof. Dr. Monika Barz – letztere erklärte dazu: „TDF kapituliert vor neuen gesellschaftlichen Strömungen, die die Illusion einer selbst bestimmbaren Geschlechtszugehörigkeit propagieren. Dieser Richtungswechsel ist ein historischer Fehler. Er schadet nicht nur Frauen und Mädchen.“ Barz befürchtet, dass die nicht erfolgte Auseinandersetzung mit dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz sowohl „innerhalb und außerhalb der LSBTTIQ-Community die Endsolidarisierung mit Frauen- und Lesbenrechten befördert.“

Debatten darum, sowie um die Frage der politischen Verantwortung seien „weit weg von Transphobie.“ Dabei hält Barz in Richtung Vereinsleitung fest: „Ihr habt euch leider von einem so billigen und manipulativen Vorwurf wie ‚Transphobie‘ abschrecken lassen. Habt ihr die gesellschaftspolitischen Zusammenhänge umfassend analysiert? Warum habt ihr euch nicht mutig und schützend vor Frauen und Mädchen gestellt, wie es von einer Frauenrechtsorganisation zu erwarten gewesen wäre?“

Terre des Femmes habe sich selbst abgeschafft

In den anderen Kündigungsschreiben der einzelnen Frauen ist zudem unter anderem die Rede davon, dass die Mitgliederversammlung eine „Posse“ gewesen sei, mehrfach habe es einen „Maulkorberlass“ für kritische Stimmen gegeben und man fühle sich als Frau „im Stich gelassen“. Eine Frau schreibt: „Ich war immer sehr stolz darauf, Terre des Femmes anzugehören. Jetzt schäme ich mich dafür.“ Und eine andere fällt folgendes Urteil: „Terre des Femmes hat sich selbst abgeschafft.“ Inge Bell geht davon aus, dass die Austrittswelle beim größten deutschen Frauenrechtsverein weiter anhalten wird.

Auch Interessant

Adoptionsverbot in Russland

Neuer Schachzug gegen LGBTI*

Russland hat zwei neue Gesetze gegen Homosexuelle und queere Menschen auf den Weg gebracht, darunter ein Adoptionsverbot für gewisse Ausländer.
Erneuter Knockout fürs Gendern

Gendersprache bleibt unbeliebt

Erneutes Knockout fürs Gendern! Eine neue Studie zeigt: Die deutsche Mehrheit will nicht gendern, auch Frauen, Jugendliche und Grüne nicht!
Ende der Regenbogenflaggen

Hass-Prediger bejubelt Trump-Sieg

Das Ende der "Macht der homosexuellen Geister" sei da, erklärte jetzt US-Hass-Prediger Kenneth Copeland. "Nie wieder Regenbogenflaggen" mit Trump.
Grausame Zensur in Pakistan

Komplette Isolation von Schwulen

Radikal und grausam geht die Regierung von Pakistan weiter gegen Schwule vor: Jetzt sollen alle Kontaktmöglichkeiten von X bis VPN unterbunden werden.
LGBTI*-Volkszählung

18 Prozent LGBTI*-Niederländer

Rund 2,7 Millionen Niederländer sind LGBTI*; so die neue, bisher umfassendste Studie. Den Löwenanteil stellen dabei Bisexuelle gefolgt von Schwulen.
Meilenstein beim Wrestling

Vertrag für den ersten Gay-Wrestler

Aaron "Evil Gay" Rourke schreibt Geschichte! Als erster offen schwuler Mann wurde er jetzt vom Wrestling-Weltverband aufgenommen.
Schwules Beziehungsdrama

Grausamer Mordfall an der Uni

Ein anstehender Prozess sorgt in Mississippi für Entsetzen: Tötete ein christlicher US-Student seinen heimlichen Freund aus Angst vorm Coming-Out?
Grindr-Masche in Irland

Brutaler Angriff auf drei Schwule

Ein 24-jähriger Mann aus Dublin soll drei schwule Männer mittels Grindr in die Falle gelockt, mit dem Tod bedroht und brutal ausgeraubt haben.