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Verantwortungsgemeinschaft als „ultimativer Frontalangriff“
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AfD-Hetze gegen LGBTI*-Lebenswelten Verantwortungsgemeinschaft als „ultimativer Frontalangriff“

ms - 10.02.2022 - 15:01 Uhr

Drei, Zwei, Eins – und los geht er, der Shitstorm. Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis die AfD gegen die neue Verantwortungsgemeinschaft hetzt, die die FDP neben der traditionellen Ehe verankern will. Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte zuvor abermals in einem Interview mit der Welt-Zeitung betont, dass die Zukunftsfähigkeit der Ehe nicht in Zweifel gezogen werden solle. Nur passe eben dieser eine Lebensentwurf nicht mehr für alle menschlichen Bündnisse. Um diese Gemeinschaften künftig auch rechtlich besser abzusichern, soll wahrscheinlich 2023 die rechtliche Möglichkeit umgesetzt werden, eine Verantwortungsgemeinschaft einzugehen.

Buschmann betonte, dass im Rahmen von Freundschaften und Wohngemeinschaften Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, während sie bis heute rechtlich damit nicht abgesichert sind. Kommt es hart auf hart, beispielsweise wenn es um Entscheidungen im Krankheitsfall oder um Auskünfte im Krankenhaus geht, werden auch langjährige Gemeinschaften wie Fremde behandelt. Die derzeitige Situation ist auch eine problematische Konstellation für viele Regenbogenfamilien sowie auch für enge Bindungen von LGBTI*-Menschen, die auch abseits einer Beziehung füreinander da sind, miteinander leben und – gerade auch im Alter – Verantwortung füreinander übernehmen möchten. Es geht bei den Rechten und Pflichten um gegenseitige Auskunfts- und Vertretungsrechte ebenso wie um Pflege- und Unterhaltsleistungen. Schon mehrfach hatte Buschmann und die FDP sowie auch die Grünen erklärt, dass die Lebensrealität in Deutschland inzwischen eine andere, eine diversere wäre als das klassische und vereinfachte Bild von Ehemann und Ehefrau.

Von Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=113153659
© Von Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=113153659

Die ersten Eckpunkte des Gesetzentwurfes sehen vor, dass eine solche Verantwortungsgemeinschaft von zwei oder mehr Erwachsenen durch Eintragung beim Standesamt einfach und unbürokratisch geschlossen werden und auch wieder im Bedarfsfall aufgelöst werden kann. Die CDU/CSU erarbeitet sich gerade mit ihrem neuen konservativen Hardliner Friedrich Merz an der Spitze die, für sie neue Rolle der Opposition, da kommen solche Aussagen gerade zum richtigen Zeitpunkt. So befürchtet die Union aktuell einen ideologisch getriebenen Umbau der Gesellschaft sowie – man kennt es schon - die Vielehe.

Ins gleiche Horn bläst heute nun auch die AfD, die sich nach dem Abgang des bisherigen, gemäßigten Vorsitzenden Jörg Meuthen endlich ungehemmt weiter politisch rechts positionieren kann. In einer Presseerklärung ließ Beatrix von Storch, die stellvertretende Bundessprecherin der AfD, erklären: „Durch diese Farce soll die Ehe seitens der FDP faktisch zum Auslaufmodell erklärt und die Familie der Beliebigkeit preisgegeben werden. Diese Kapitulation vor dem grünen Milieu hat mit ehemals bürgerlicher FDP-Politik rein gar nichts mehr zu tun.“ Im weiteren Verlauf bezeichnet sie die Verantwortungsgemeinschaft als den „ultimativen Frontalangriff“, bekräftigte, dass Ehe und Familie nicht verhandelbar seien und inszenierte ihre Partei als Verteidigerin der traditionellen Familie. Damit folgt von Storch einmal mehr ihrer Mär, demnach alles jenseits der „natürlichen Ehe“ gleichbedeutend sei mit dem „Zerfall unserer Gesellschaft“. Das Gegenteil soll dabei mit dem neuen Gesetz erreicht werden – die Gesellschaft rückt näher zusammen und übernimmt gerade auch in der Lebensrealität queerer Menschen mehr Verantwortung füreinander. 

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