Placebo Der Soundtrack für queere Seelen und rastlose Herzen
Als Placebo 1994 in London das Licht der Welt erblickte, war noch nicht abzusehen, dass sie zu einer der einflussreichsten Alternative-Rock-Bands Europas avancieren würden. Es war deutlich mehr als nur eine neue Rockband – Placebo war eine Provokation, ein Befreiungsschlag, ein queeres Statement mit E-Gitarren. In einer Zeit, in der vor allem die männlich dominierte Rockmusik vor Macho-Gesten und Hetero-Klischees nur so strotzte, stellte sich der Sänger und Gitarrist Brian Molko mit Kajal, Lippenstift und High Heels auf die Bühne – und ließ die Welt wissen: Es gibt Raum für Ambivalenz, für Genderfluidität, für alles dazwischen. Und er tat es dabei nicht leise. Gemeinsam mit Stefan Olsdal am Bass und den Keyboards brachten sie mit ihrer androgynen Ästhetik, düsteren Themen und kompromisslosen Haltung frischen Wind in eine Musikszene.
Bereits das Debütalbum „Placebo“ im Jahr 1996 war ein klares Statement. Songs wie „Nancy Boy", „Bruise Pristine" und „Teenage Angst" trafen den Nerv der Zeit. Sie waren roh, ehrlich und zugleich sexuell aufgeladen. „Nancy Boy“ spielte bereits bewusst mit Grenzen zwischen den Geschlechtern und der eigenen sexuellen Identität. So lautet eine Textzeile hier: „Does his makeup in his room / douse himself with cheap perfume“. Sie sangen ganz offen über Themen wie Drogen, queere Liebe, aber auch Einsamkeiten oder Selbstverletzung.
Im Jahr 1998 folgte ihr zweites Album mit dem Titel „Whitout You I’m Nothing“ gelang ihnen der große internationale Durchbruch. Die gleichnamige Single – welche ein Duett mit David Bowie ist – war fast schon ein Ritterschlag. Songs wie „Every You Every Me" oder „Pure Morning" entwickelten sich zu Hymnen einer Generation, die sich zwischen Melancholie, Hedonismus und Selbstfindung bewegte.
In den folgenden Jahren schärfte Placebo ihren Sound. Alben wie „Black Market Music“ (2000) und „Sleeping With Ghosts“ (2003) experimentierten mit Elektronik, brachten aber auch scharfe Gesellschaftskritik – besonders in Songs wie „Special K" oder „The Bitter End". Trotz persönlicher Krisen und Lineup-Wechsel (Drummer Steve Hewitt verließ 2007 die Band) blieb die kreative Achse Molko/Olsdal bestehen – ungebrochen, unnachgiebig, unverkennbar. Stefan Olsdal, der offen schwul lebt, war dabei nie nur der „Sidekick“, sondern prägte den Sound und die queere Haltung der Band deutlich mit.
Nach dem Album „Meds“ im Jahr 2006 folgte drei Jahre später das sechste Studioalbum „Battle for the Sun“ und läutete eine neue musikalische Ära ein. Die Texte und der Sound waren nicht mehr ganz so düster, sondern fast schon hoffnungsvoller in ihrer Gesamtheit. Nach ihrem Album „Loud Like Loe“ (2013) feierte die Band 2016 ihr 20-jähriges Bestehen mit einer großen Jubiläumstour.
Nach einer längeren Auszeit kehrten Placebo schließlich 2022 mit dem Album „Never Let Me Go“ zurück – deutlich reifer, düsterer und politischer. Die Themen hatten sich zudem in manch andere Richtung verschoben, so zum Beispiel hin zu Umweltzerstörung, digitaler Isolation – quasi die neuen Probleme der modernen Welt. Was aber unverkennbar blieb war die unverwechselbare Stimme von Brian Molko. Placebo sind nach wie vor deutlich mehr als „nur eine Band“. Sie sind ein Gefühl, ein Bekenntnis zur Andersartigkeit. Über drei Jahrzehnte hinweg haben sie nie aufgehört, unbequem, emotional und authentisch zu sein. In einer Welt, die sich ständig verändert, bleibt Placebo ein fester Anker für all jene, die sich zwischen den Zeilen des Mainstreams bewegen.
Genau dieses feiern sie im Oktober mit einem intimen Einblick in ihre Karriere. Mit „This Search For Meaning“ veröffentlichen sie ein aufwendig gestaltetes Deluxe-Set im sechsseitigen Digipak mit allem, was die Fanherzen höherschlagen lassen wird. Da ist zunächst die hochgelobte Band-Dokumentation „This Search For Meaning“ auf Blu-Ray und DVD, dazu zwei Live-Audio-CDs von „This Is What You Wanted – Live In Mexico City“ inklusive einer Coverversion des Kate Bush Hits „Running Up That Hill“. Last but not least gibt es eine erweiterte Bonus-Edition des letzten Studioalbums „Never Let Me Go“ inklusive einer eindrucksvollen Coverversion des Tears for Fears-Klassikers „Shout“ als Bonus.
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