Handballer Lucas Krzikalla Neue Fotoserie: Schwul und echt
Als Lucas Krzikalla 2022 sein Coming-out als schwuler Profisportler in einer der großen deutschen Mannschaftssportarten wagte, setzte er ein längst überfälliges Zeichen in einer immer noch von Klischees und Tabus geprägten Welt. Nun ist eine neue Porträtserie erschienen, die das öffentliche und persönliche Bild dieses mutigen Handballers in eindrucksvolle fotografische Nähe rückt und damit nicht nur intime Einblicke, sondern auch Fragen zur Sichtbarkeit im Spitzensport und der Gesellschaft aufwirft.
Sichtbarkeit im Leistungsraum Sport
Im deutschen Profisport prägt seit Jahrzehnten ein Bild idealisierter und heteronormativer Männlichkeit das Selbstverständnis vieler Vereine und Fans. Homosexualität, besonders im Männerbereich, bleibt oft Gegenstand des Schweigens oder bestenfalls einer leisen Toleranz. Mit seinem Coming-out stieß Lucas Krzikalla, zum damaligen Zeitpunkt Aktiver beim SC DHfK Leipzig, ein Fenster zu mehr Diversität und Offenheit auf, ohne zu wissen, welche Resonanz oder Konsequenzen ihn erwarten würden.
Inzwischen findet sich sein Gesicht nicht mehr nur auf dem Spielfeld oder in sportlichen Interviews, sondern auch in einer einzigartigen, bewusst uninszenierten Fotoreportage der Leipziger Fotografin Jana Gerberding. Auf 44 Seiten, ergänzt um ein deutsch-englisches Interview und Poster, ist so ein Bildband entstanden, der weit mehr ist als eine Hommage an einen Handballprofi: Es geht um Verletzlichkeit, Stolz, Körperlichkeit und Identität.
Zwischen Stärke und Verletzlichkeit
Die Werkschau „Hometown Journal Portraiture 01“ ist derzeit online zu erwerben und legt den Fokus auf Krzikallas Körper als Ausdrucksträger, als Symbol für sportliche Disziplin, aber ebenso als Projektionsfläche von Sehnsucht, Mut und Eigenheit. Im Kern dokumentiert sie eine Begegnung, die nicht von gestellten Posen, sondern von der Echtheit eines Menschen lebt, der sich selbst und anderen etwas zugesteht: die Freiheit, sichtbar zu sein.
Gerberdings Fotografien laden die Betrachtenden zu einer Auseinandersetzung mit Sichtbarkeit und Intimität ein – und zwingen zum Nachdenken über männliche Körperbilder und queere Identität. Sie zeigen Krzikalla mal zurückgenommen, mal provokant und spielen so mit gesellschaftlichen Zuschreibungen von Maskulinität, wie sie im Profisport nach wie vor dominieren.
Auch renommierte Medien wie der Deutschlandfunk haben in den letzten Jahren wiederholt darauf hingewiesen, dass die Angst vor Ausgrenzung unter queeren Sportlern und Sportlerinnen weiter hoch ist. Nach Daten der Sporthochschule Köln zeigten sich im Jahr nach Krzikallas Coming-out spürbar mehr Bereitschaft und Diskussionen über Diversität, dennoch gibt es bislang wenige weitere offene Bekenntnisse im Profibereich.
„Ich bin schwul, ich habe einen Freund, den ich liebe, und ich bin sehr glücklich darüber.“ – Lucas Krzikalla, anlässlich seines Coming-outs (2022)
Diese Worte, mit denen Krzikalla im Oktober 2022 an die Öffentlichkeit ging, hallen bis heute nach: Sie markieren einen Bruch mit dem bisher Gelebten und eröffnen neuen Raum für Authentizität. Unmittelbar nach seinem Coming-out berichtete Krzikalla von überwiegend positiven Rückmeldungen aus Mannschaft und Umfeld – ein Zeichen, das Mut macht, aber auch zeigt, wie wichtig einzelner Mut weiterhin ist.
Die mediale Resonanz war groß: Neben Solidaritätsbekundungen aus der Szene und Politik gab es auch kritische Stimmen, bis hin zur offenen Homofeindlichkeit rechter Gruppierungen. Dennoch gilt seine Offenheit mittlerweile als ein Vorbild für viele junge, Menschen, die im Sport oder auch jenseits davon um Selbstbestimmung ringen. Aktuelle Studien der Fußball-Dachverbände wie auch des Deutschen Olympischen Sportbundes zeigen: Das Bedürfnis nach Vorbildern ist hoch, die Angst vor Diskriminierung aber ebenfalls nicht gewichen.