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Leserumfrage // © greenleaf123

Leserumfrage Möchtest du gerne noch einmal jünger sein oder wärst du gerne älter?

vvg - 15.06.2015 - 10:00 Uhr

Älterwerden ist nicht so prickelnd, aber die Alternative heißt „tot sein“, und das wollen wir auch nicht. Also heißt es, sich fügen, die Unbequemlichkeiten des Alterns in Kauf zu nehmen und sich an den Vorteilen zu erfreuen: Gelassenheit, Lebenserfahrung, Wissen... Mir liegen rückwärts gewandte Gedankenspiele unter der Überschrift „Was wäre gewesen, wenn?“ überhaupt nicht, ich lebe in der Gegenwart und überlege höchstens in Richtung Zukunft. Ich fürchte das Nachlassen der Vitalität, ein Ende im Pflegeheim, das Ausgeliefertsein an uninteressierte und überlastete Hilfskräfte, und das vielleicht bei klarem Verstand, ohne die Gnade der Demenz. Zurzeit geht es mir gut, ich bin, gemessen an meinen Altersgenossen, beschwerdefrei und dankbar dafür, dass das so ist. Trotzdem muss ich sagen, dass meine besten Jahre wohl die zwischen 35 und 45 waren: die Blödheit der Jugend hinter mir, beruflich erfolgreich, vital und verliebt. Komischerweise gibt es durchaus Zeiten, an denen ich vergesse, dass inzwischen an die 20 Jahre vergangen sind. Man schaut von innen nach außen anders, als man von außen wahrgenommen wird, und kann sich durchaus wie 40 fühlen, wenn auch vielleicht nur für eine Stunde am Tag. Was ich mir aus meinen früheren Jahren bewahrt habe, ist meine Unvoreingenommenheit, die man auch Naivität nennen könnte, und meine Zugewandtheit zu den Menschen.
Lilo Wanders (eine Dame fragt man nicht nach dem Alter)
 

Lilo Wanders // © vvg

Ich möchte weder jünger, noch älter sein, sondern ich bin mit meinen 23 Jahren sehr zufrieden. Wäre ich älter, hieße das ja nicht, dass ich dann auch die altersmäßige Reife dazu hätte. Jetzt darf ich mir dank meiner Jugend noch den einen oder anderen Fehler erlauben, in ein paar Jahren wird man dann schon kritisch dafür beäugt. Ich finde, man soll sich Zeit lassen, um sich selber zu entdecken und um herauszufinden, welchen Weg man überhaupt gehen möchte. Man sollte keine zu schnellen Entscheidungen treffen, gerade wenn es darum geht, wie, wo und mit wem man später leben will. Ich hatte bisher noch keine einzige richtige Beziehung. Ich habe momentan noch Angst, dass ich die bisherigen Freiheiten, die ich als Single genieße und die ich über alles liebe, aufgeben muss. Ich weiß zwar, dass man, wenn man älter ist, bereit ist, Kompromisse einzugehen, weil man dann all die Sachen erlebt hat und nicht mehr allzu großen Wert darauf legt, aber ich möchte einfach noch die Freiheit genießen, das tun zu können, worauf ich gerade Lust habe, ohne auf irgendjemanden Rücksicht nehmen zu müssen. Ich bin aber definitiv lieber mit Älteren als mit Gleichaltrigen zusammen, weil ich mit denen besser klarkomme. Ich kann mehr von ihnen lernen und sie strahlen für mich einfach mehr Sicherheit aus. Und ich habe auch keine Angst vor dem Älterwerden; jedes Alter hat doch seine Reize. Mir fällt auf: Wenn ich nach meinem Alter gefragt werde, heißt es oft: „So jung wäre ich auch gerne noch einmal“. Da möchte ich später lieber sagen können: „Ich hatte in dem Alter auch eine großartige Zeit; jetzt bin ich zwar alt, aber trotzdem ein toller Mensch“. Ich möchte einfach auf ein schönes Leben zurückblicken können und weder das Gefühl haben, etwas verpasst zu haben, noch etwas bereuen zu müssen.
Philipp Dieckmann (23 Jahre)
 

Philipp D. // © vvg

Jünger? Nein, nicht unbedingt. Ich hatte zwar schöne Zeiten als Jungmann, aber mit meinen jetzigen Erfahrungen lebt es sich besser. Ich war allerdings in meiner Jugend nicht geoutet, das kam erst, nachdem ich 30 war. Natürlich wäre es schöner gewesen, jünger zu sein und das Outing hinter sich zu haben, weil ich dann lockerer und offener hätte leben können. Damals wollte ich eigentlich nicht schwul sein, weil das in einem katholischen Elternhaus nicht gerade das Leichteste war. Also wenn jünger, dann auch mit der Gewissheit, schwul leben zu können; das wäre im Vergleich zu meiner damaligen Zeit doch wesentlich einfacher und befreiender. Ansonsten bin ich mit meinen jetzigen 46 Jahren sehr zufrieden, weil ich heute meinen Weg kenne. Außerdem kann ich alles machen, habe keine körperlichen Probleme, konnte genügend Erfahrungen sammeln und wäre überglücklich, wenn das noch einige Jahrzehnte anhalten würde. Ich glaube, ich habe mir im Inneren meine Jugend bewahrt, denn ich mache gerne noch meine „Dönkes“ und Späße. Mich haben übrigens immer ältere Männer fasziniert. Die besitzen einfach mehr Erfahrungen und mehr Wissen und selbst optisch empfand ich ältere einfach männlicher. Ich habe zwar nichts gegen jüngere, es sei denn, sie geben sich zu feminin. Angst vor dem Alter habe ich nicht, eher die Angst vor Vereinsamung. Interessant wäre es, später in einer WG zu leben; aber man weiß ja nicht, wie es kommt. Ich bin seit Kurzem in festen Händen, sehr verliebt und mit diesem Mann möchte ich eigentlich zusammen alt werden.

Rückblickend würde ich schon einiges anders machen: ich war in meinem Leben immer etwas der Schisser und Sicherheitstyp, der viel zu lange im Hotel Mama gewohnt hat. Ich hätte viel eher selbständiger werden und alleine leben sollen. Davon habe ich zwar damals oft geträumt, aber ich habe mich nie getraut, das auch in die Realität umzusetzen. Ich will aber auch nicht zu viel über meine Jugend nachdenken.
Raimund Gausmann, Osnabrück (46 Jahre)
 

Raimund G. // © vvg

NATÜRLICH möchte ich noch einmal jünger sein; zeigt mir den Knopf, den ich drücken muss! So um die 26 darf es sich gern einpendeln, da ist man nicht mehr ganz doof, aber voll im Saft und bereit für Sex, Drugs & Rock 'n Roll. Rock 'n Roll wird mit der Zeit anstrengend, da bleibe ich heutzutage lieber auf dem Sofa. Zum Älterwerden habe ich ein ähnlich entspanntes Verhältnis wie Blanche von den „Golden Girls“. Ich denke, diese gestrafften Frauen mit den aufgepolsterten Lippen kommen eher mit dem Kommentar „Die hat sich aber schlimm liften lassen!“ klar, als mit „Die ist aber alt geworden!“. Verstehe ich gut. Den schleichenden körperlichen Verfall finde ich wenig komisch, obwohl ich einen Comic zu dem Thema plane. Titel: „In den Hosen wird es Herbst“. Für den Mann ab Mitte 40 aufwärts. Ich mach ja gern mal die Tragödie zur Komödie und wer bis dahin keine Midlife-Krise hatte, der kriegt sie garantiert bei der Lektüre! Im Ernst, dauernd begegnet man ehemals knackigen Leuten, die man länger nicht gesehen hat und denkt: Au weia, grau geworden und mit Sport ist wohl auch nichts mehr. Das denken die von mir zwar auch, aber das macht es nicht besser. Wie sagte Bret Easton Ellis: „Auf den Straßen lauter junge Leute in alten Körpern“. Genau. Plötzlich ist Halbzeit und drüber, der Koffein des Lebens geht allmählich flöten, alles schon mehrmals mal da gewesen und sexy ist was anderes. Andererseits, sehe ich gerade, was mit meinen Eltern abgeht, und im Vergleich dazu bin ich mal schön zufrieden. Der Augenblick zählt, zu ändern ist es sowieso nicht. Irgendwann kommt der Tag, an dem man Viagra nicht mehr zum Spaß nimmt, sondern weil man's braucht! Scheiße, wo ist noch mal der Knopf?
Ralf König, Köln (54 Jahre)
 

Ralf K. // © vvg

Wenn man jünger ist, kommen jeden Tag eine Menge Erfahrungen hinzu und ich weiß nicht, ob das im höheren Alter so bleibt. Deshalb genieße ich es, heute jung zu sein. Als junger Mensch ist man unbeschwert und das möchte ich noch eine Weile bleiben, bevor mir die Alltagssorgen eine Last aufbürden. Ich habe noch alle Möglichkeiten vor mir, wie man so schön sagt, und ich möchte noch viele Dinge erleben, Erfahrungen sammeln und einiges ausprobieren. In meiner Freizeit spiele ich Theater und nehme Gitarrenunterricht, ohne an die Vereinbarkeit mit einer beruflichen Tätigkeit oder ans Geldverdienen denken zu müssen. Wofür ich ältere Menschen beneide, ist ihre Lebenserfahrung in allen Bereichen, der ihnen eine Sicherheit gibt, die mir heute noch fehlt. Ich lerne es gerade bei meinen Outing, wie verschieden die Menschen reagieren können und ich ihnen jeweils begegne. Meinen Opa bewundere ich heute noch sehr, weil er eine sehr moderne, positive Lebenseinstellung hatte. Das Altsein stelle ich mir nicht schlimm vor, aber eigentlich kann ich es mir eben gar nicht vorstellen, so wie man es sich als 6-Jähriger nicht vorstellen kann, 18 zu sein. Schlimm finde ich, wenn man nicht alt werden kann, wenn man nicht akzeptiert, dass man bestimmte Dinge ab einem gewissen Alter einfach nicht mehr machen kann und vor allem darunter leidet. Alter ist ja ein sehr subjektiver Begriff, man kann sich mit 40 schon alt fühlen, weil der Körper nicht mehr mitmacht, aber auch mit 90 kann man noch körperlich und geistig fit sein. Das beste Alter stelle ich mir übrigens so um die 30 vor, weil man da schon einen gewisssen Grad an Erfahrung gesammelt hat und auf der anderen Seite noch einen Weg vor sich hat, um dann im Leben das zu finden, womit man Geld verdient und auch noch Spaß an der Arbeit hat. Spannend fände ich es, mal in die Zukunft zu schauen; wie es in 5, 10 oder 15 Jahren ausschaut, was nach dem Abitur kommen wird…
Rasmus, Brühl, (19 Jahre)
 

Rasmus // © vvg

Natürlich möchte ich nochmals jünger sein, am liebsten zwischen 41 und 47 Jahren; das ist die beste Zeit einer Frau, finde ich. Sie ist erfahren in den Dingen des Lebens, beruflich meist gut etabliert, die Kinder fast erwachsen, der Körper vom Alter noch nicht gezeichnet – eben eine richtig gute Frau. Was ist Altern, was bringt es mit sich? Der Volksmund sagt: „Jeder will alt werden, aber niemand will es sein“. Wieso wohl? Weil man sich an der Weisheit des Alters ergötzen könnte? Ich empfinde den Prozess als einen Spagat zwischen jungem Geist und altem Körper; das ist mit den Jahren immer schwerer zu bewältigen. Der Mensch hat Träume, Sehnsüchte, Phantasien und Wünsche, die nicht unbedingt mit der körperlichen Alterung synchron gehen. Und nicht in jedem Alter ist alles möglich. Plötzlich werden Grenzen körperlicher und gesellschaftlicher Art, die bis dahin nicht existierten, gesetzt. Altwerden bedeutet ein zunehmendes Arrangement mit Einschränkungen diverser Art. Manch einer schafft das gut, ein anderer nicht. Ich bin keine Heldin in dieser Angelegenheit, bekomme die Krise über jede neue Falte. Dennoch: Tragen wir es mit Würde und Fassung und genießen die schönen Augenblicke des Lebens. Ich verehre Dorethy Parker, eine Berühmtheit der New Yorker Schriftstellerszene der 1920-er-Jahre, mit einem scharfen, bissigen und tiefgründigen Humor. Ihr Kommentar zum Alter: „Menschen sollten entweder jung oder tot sein“. Wobei, ein Gutes hat das Alter zumindest: Es gibt nichts mehr, womit du dich zum Narren machen kannst, du hast die ganze Palette an Möglichkeiten bereits ausgereizt. Und du machst auch keine Fehler mehr, denn du hast schon alle begangen."
Sabine Herrmann, Schweiz (gefühlte 47 Jahre )
 

Sabine H. // © vvg

Ich halte die Gegenwart für das allerbeste Alter, und ich bin 18 Jahre. Mit 17 habe ich mich geoutet habe und konnte dadurch feststellen, wer von meinen Freunden zu mir hält und wer sich deswegen von mir abgewendet hat. Ich denke, dass es kein Alter gibt, in dem man eine bessere Zeit haben kann. Ich bin auch mit Sicherheit einer derjenigen, die im Alter von 50 sagen: „Ach, wäre ich doch noch mal so jung“. Also, mir wäre es sehr lieb, wenn ich so bleiben könnte, wie ich jetzt bin. Mit dem Gedanken, älter zu werden, kann ich momentan noch nichts anfangen. Ich weiß jetzt schon relativ klar, was ich will. Geoutet habe ich mich, weil ich keine Fake-Beziehung mit einem Mädchen haben wollte. Ich habe nach einer kurzen Beziehung mit einem Düsseldorfer meinen jetzigen Freund, der ein halbes Jahr älter als ich ist, am 15. September letzten Jahres kennen gelernt. Drei Monate später, am 24. Dezember, haben wir uns verlobt und werden im kommenden Jahr im Urlaub in Dänemark heiraten. Ich bin mir absolut sicher, dass wir eine gemeinsame Zukunft haben. Kennen gelernt habe ich ihn übrigens über Lavoo, einer App, wo man Leute in einem bestimmten Radius sehen und treffen kann. Wenn ich irgendwann älter bin, kann ich mich immer an die jetzige schöne Zeit erinnern. Was ich an meinem momentanen Alter gut finde, ist die Tatsache, dass ich beim Einkauf von Zigaretten und Spirituosen nicht mehr nach dem Ausweis gefragt werde. Außerdem darf ich wählen, auch ein Vorteil, „erwachsen“ zu sein. Ich fühle mich selbständig, stehe auf eigenen Beinen und habe mehr oder weniger die Zeit der Jugend hinter mir gelassen.
Marvin, Köln (18 Jahre)
 

Marvin // © vvg

Ich wäre gerne noch einmal 20 Jahre jünger. So gerade 50 wäre schon in Ordnung, da hat man einfach mehr Kraft und ein wesentlich besseres Sexualleben. Mit 72, die ich jetzt werde, lässt das zwar nicht nach, aber alles wird schwieriger; man ist auch nicht mehr so gefragt. Ich merke, wenn ich hin und wieder eine schwule Sauna besuche, dass alte Männer kaum noch bemerkt, angesehen oder akzeptiert werden. Das war mit 50 doch wirklich ganz anders. Ich war mit 50 noch mit einer Frau verheiratet und habe eine erwachsene Tochter. Geoutet habe ich mich erst mit 55; seitdem lebe ich meine wirkliche Sexualität. Geheiratet habe ich damals, weil man sich auf dem Land früher geschämt hat, wenn man schwul war. Ich wusste zwar schon immer, dass ich Männer besser fand und ich hatte auch schon vor der Ehe Sex mit Männern, allerdings habe ich mich weder getraut, dazu zu stehen, noch meine Frau mit einem Mann zu betrügen. Als ich dann endlich einen anderen schwulen Mann kennen lernte, mit dem was lief, habe ich es ihr gestanden. Sie war natürlich sauer, auch deshalb, weil die Nachbarn erstaunt fragten „Wussten Sie das denn nicht?“. Ich beneide die jungen Männer, die ihr Leben frei und offen so leben können, wie sie es möchten. Also 20 Jahre jünger zu sein und das Leben offen schwul ausleben zu können, wäre schon nicht schlecht. Noch jünger möchte ich allerdings heutzutage nicht sein, die Zukunft sieht in vielen Bereichen nicht gerade rosig aus. Sei es finanziell, sei es arbeitsmäßig, sei es politisch. Wir waren damals zufriedener, heute ist der Drang, alles haben zu müssen, doch enorm groß geworden. Und es gab ein größeres Miteinander; heute leben viele zu oberflächlich, nicht nur im Umgang mit sich selbst, sondern auch mit ihren Mitmenschen.
Norbert Meyer, Offenbach (71 Jahre)
 

Norbert M. // © vvg

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