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Leserumfrage // © SolStock

Leserumfrage Ein rabenschwarzer Tag – Gewalt gegen Schwule

vvg - 05.10.2014 - 10:00 Uhr

Vor über zehn Jahren wollte ich den Job wechseln und mir über einen Gay-Chat einen neuen suchen. Es meldete sich ein Typ, der verheiratet, Vater von zwei Kindern und 25 Jahre älter war als ich, und der Sex mit mir als Vermittlung haben wollte. Das war der Deal und ich wollte um jeden Preis von meiner Firma weg. Das erste Treffen in seinem Haus war okay, obwohl ich ein ungutes Bauchgefühl hatte, dachte aber, es wäre, weil ich mich für eine Stelle prostituierte. Er wollte ein zweites Treffen, bei dem er mich fragte, ob ich schon mal gefistet hätte. Ich antwortete „Nein und das soll auch so bleiben.“ Beim Sex kniete er plötzlich auf mir, hielt mich mit einer Hand fest und drang mit der anderen in mich ein; worauf ich laut schrie. Nachdem ich wieder ruhig war, zog ich mich an und haute ab. Danach bombardierte er mich mit Mails und SMS und drohte mir, wenn ich nicht für ein weiteres Treffen mit ihm bereit wäre. Er hatte eine Homepage, auf der er seine Boys sexuell in gut und schlecht einordnete. Auch mein Foto sollte dort erscheinen.

Ein Jahr später ging ich zum Weißen Ring. Es kam zum Gerichtsprozess und er bekam wegen sexueller Nötigung ein Jahr auf Bewährung; worauf er in Berufung ging und im zweiten Verfahren freigesprochen wurde! Er drehte die Tatsachen um und behauptete dazu noch, ich hätte Geld von ihm erpresst.

Die Gerichtsprozesse waren sehr anstrengend. Ob man will oder nicht, muss man Fragen zur intimsten Privatsphäre beantworten und erlebt das Ganze noch einmal bis ins kleinste Detail. Der beste Weg ist auf jeden Fall, eine Beratungsstelle aufzusuchen und therapeutische Hilfe anzufordern. Ich hatte einen kompletten Zusammenbruch und mehrere Jahre Berührungsprobleme in der Partnerschaft. Der Typ sucht übrigens heute noch online seine Boys. Hätte ich nicht die Gerichtsunterlagen vorliegen, ich hielt das alles für einen schlechten Traum.
Chris
 

Chris // © vvg

Als ich vor einem Jahr am Kölner CSD-Wochende Samstagfrüh zwischen 6:00 und 7:00 Uhr nach der Arbeit und dem anschließendem Feiern auf meinem Heimweg war, erlebte ich eine böse Überraschung. Kurz vor meiner Haustür bekam ich einen Schlag in den Nacken und wurde festgehalten. Ich hatte nicht gemerkt, dass ich verfolgt wurde und hatte auch keine Chance, mich zu wehren. Es ging alles viel zu schnell und vollkommen unvorbereitet, ich konnte lediglich registrieren, dass es zwei Jugendliche waren.

Ich kann auch nicht genau sagen, ob es ein Angriff auf mich als schwuler Mann war. Es kann sein, denn die Täter müssen mich schon beim Straßenfest beobachtet haben. Da ich allein und auch ein wenig angetrunken war, war ich für sie somit ein leichtes Opfer. Ich weiß auch nicht, ob sie es auf meine Wertsachen abgesehen hatten oder ob sie weiter auf mich eingeprügelt hätten. Gott sei Dank kam ein Radfahrer vorbei, was zur Folge hatte, dass die beiden wegliefen. Es blieben Prellungen, Schürfwunden, ein blaues Auge sowie der Schock und die Angst vor erneuten Angriffen. Ich habe später eine Anzeige gegen Unbekannt gemacht, aber die wurde erfolglos ad acta gelegt. Ich spreche darüber, weil ich damit andere warnen möchte. In Zukunft, wenn ich nachts auf dem Heimweg bin, werde ich lieber ein Taxi rufen und mein Umfeld und die Straßen besser im Blick haben, um mich abzusichern. Außerdem nehme ich abends kein Handy mehr mit und auch nur noch das Bargeld, das ich am Abend brauche. Aufgrund dieser öfters auftretenden Vorfälle kann man nirgendwo sicher sein, ich vermute aber, dass es sich um organisierte, zumindest Zweier- oder Dreiergruppen handelt, die ihr Opfer vorher beobachten bzw. dort stehen, wo viele Leute sind. Und sich dann Leute herauspicken, die etwas getrunken haben.
Daniel
 

Daniel // © vvg

Ich bin jetzt 23 Jahre alt. Als ich 14 war, bin ich im Freibad vergewaltigt worden. Ich wollte mit ein paar Freunden essen und ging vorher auf die Toilette. Ein Typ drückte die Türe auf, bevor ich sie verriegeln konnte. Ich hatte Angst, war so geschockt, dass ich nicht um Hilfe rufen konnte. Er zog mir die Hose runter und nahm mich. Sehr dominant und sehr schmerzhaft, er war definitiv stärker. Als mich meine Freunde suchten, sahen sie vier Beine in der Kabine. Sie befreiten mich und brachten mich direkt zur Badeaufsicht. Die haben sich den Typen dann vorgeknöpft und die Polizei gerufen, die ihn abführten. Es kam natürlich zur Anzeige, allerdings brauchte ich selbst nicht aussagen. Die Beweislast war zu groß, man hatte ja eine DNA-Untersuchung gemacht und dadurch hat er sofort gestanden. Der Mann war kein Unbekannter. Er war 45 Jahre alt und hatte mich vorher tagelang beobachtet, was später beim Staatsanwalt durch sein Tagebuch herauskam. Er kam in Untersuchungshaft und da man ihm außerdem in 69 Fällen nachweisen konnte, dass er den Sohn seiner Lebensgefährtin missbraucht hatte, bekam er eine 2½jährige Strafe.

Da an dem Tage die halbe Schule im Freibad war, musste ich mir teilweise Sprüche wie „Gay-Lord“ und „Schwuchtel“ anhören, sodass ich tagelang Angst hatte, zur Schule zu gehen. Ich habe das mittlerweile gut verarbeitet, bin zwar dadurch vorsichtig geworden – ich hatte mit meinem ersten Freund ein Jahr lang außer Knutschen und Fummeln keinen Sex, weil ich mir sicher sein wollte, ob er der Richtige für mich war. Das Erlebnis hat mich aber stark gemacht und ich rate jedem, der ähnliche Sachen erlebt, unbedingt den Mund aufzumachen und so eine Sache nicht tot zu schweigen.
Dewey
 

Dewey // © vvg

Ich hatte Dienst in der Bar Mumu und bekam einen Anruf von einem Gast, der einen Tisch reservieren wollte. Da ich ihn drinnen schlecht verstehen konnte, ging ich mit dem Handy vor die Tür. Dort kamen wie aus dem Nichts drei Typen mit osteuropäischem Migrationshintergrund auf mich zu und ehe ich kapierte, was geschah, schlug mir einer von ihnen seine Faust ins Gesicht. Mir wurde das Handy entrissen und die drei Typen stürmten davon. Ich habe das Glück, dass ich mich auf meine Gäste verlassen kann: ich ließ nur einen Hilfe-Ruf ins Café und rannte mit einigen Gästen den drei Männern hinterher. Einige zückten sofort ihr Handy und alarmierten die Polizei. Die drei jungen Täter, die, wie ich hinterher erfuhr 17, 19 und 22 Jahre alt waren, liefen auf einen nahegelegenen Spielplatz, von dem sie aber nicht weiter fliehen konnten. Sie versuchten zwar noch, über einen Baum in den Innenhof des nächsten Hauses zu entkommen, saßen da aber endgültig in der Falle. Mittlerweile war die Polizei zur Stelle und der Hausmeister des Hauses, der durch den Lärm angelockt war, öffnete die Tür zum Vorhof, damit die Polizei sich die Typen krallen konnte. Zwei wurden aus Deutschland ausgewiesen, gegen den dritten hatte die Polizei nichts in der Hand. Ich hatte trotz allem noch Glück und bin – wie man so schön sagt - mit einem „blauen Auge“ davongekommen. Wir haben nun auf jeden Fall einen Securitymann vor der Tür, der vor allem an Wochenenden uns und den Gästen eine gewisse Sicherheit bietet.
Mario
 

Mario // © vvg

Ich bin mal weit nach Mitternacht aus einer Heterokneipe gekommen und wurde Zeuge, als zwei ca. 25-28jährige Typen einen mir vom Sehen bekannten Schwulen in die Mangel nahmen. Ich bin schnell vorbeigegangen, habe mein Handy genommen und die Polizei-Notruf-Nummer gedrückt, um den Vorfall direkt zu melden. Die Typen müssen das mitbekommen haben, denn einer kam mir nach, schlug mir mit einem harten Gegenstand auf den Kopf und warf mich mit seiner Körperwucht zu Boden. Mein Handy fiel mir aus der Hand, der Typ trat es in einen Gully und sagte „Versuche es nicht, sonst bist du tot.“ Ich habe aus purer Angst den Bewusstlosen gespielt und als der Typ zu seinem Kollegen zurücklief, der den anderen noch festhielt, bin ich aufgesprungen und in die nächste Kneipe gelaufen, damit man von dort die Polizei rufen konnte. Die kam auch relativ schnell, allerdings waren die beiden Typen längst über alle Berge. Das Opfer, dem man sein Handy, seine Geldbörse und sogar die Schlüssel entwendet hatte, bedankte sich zwar bei mir, konnte sich aber aus Angst vor einer späteren eventuellen Gegenüberstellung nicht zu einer Anzeige entschließen.

Mir selbst hat man mal vor Jahren KO-Tropfen ins Glas getan. Ich wurde in der Stadt auf einer Treppe liegend von Passanten gefunden und wachte erst im Krankenhaus wieder auf. Dort hatte man auch die Tropfen analysieren können. Leider konnte ich mich an rein gar nichts mehr erinnern. Negativ blieb allerdings in Erinnerung, dass man mir meine Geldbörse mit Geld und allen wichtigen Papieren gestohlen hatte.
Robert
 

Robert // © vvg

Exakt vor vier Wochen bin ich nachts um 3:00 Uhr auf dem Heimweg von zwei arabisch aussehenden Typen angegriffen worden. Der erste stand in der Lichtschranke der Bahntür und ich machte eine Bemerkung, dass die Bahn mit geöffneter Tür nicht fahren könne. Er kam auf mich zu und fragte, was ich wolle. Ich saß mit Freunden und Arbeitskollegen zusammen und wir haben ihm das auf Deutsch und Französisch erklärt, worauf er sich einigermaßen beruhigte. Dann kam ein anderer, relativ kleiner und sehr angetrunkener Typ dazu, derjenige, für den der erste wahrscheinlich die Bahn aufgehalten hatte. Er ließ seinen Hass an mir aus. „Du dreckiger Neger“, „Du dreckiger Sklave“, „Wer bist du, dass du mich ansprichst.“ und weitere rassistische und homophobe Schimpfworte musste ich mir innerhalb kurzer Zeit anhören. Ich wollte aufstehen, um ihm in Augenhöhe zu begegnen, was er wahrscheinlich als Angriff deutete, denn er zog mir unmittelbar seine ungeöffnete Bierflasche über den Kopf, sodass ich zu Boden fiel. Als ich am Boden lag, traten dann beide auf mich ein. Was mich aber am meisten verletzt hat, ist die Tatsache, dass mir weder mein Freund noch die drei Kollegen, die mit mir unterwegs waren, noch andere Fahrgäste zu Hilfe kamen. Irgendeiner hatte lediglich die Polizei informiert, worauf einer der beiden an der nächsten Haltestelle abhaute. Das hätte der zweite Typ sicherlich auch gemacht, wenn er nicht so betrunken gewesen wäre. Ich habe mit der Polizei und einem Anwalt gesprochen, bin aber nicht so recht zufrieden, weil sie die Dinge nur aus finanzieller Sicht für eine Entschädigung betrachten. Ich will Gerechtigkeit. Leute, die hier in Deutschland zu Gast sind, müssen die europäische Kultur akzeptieren und dürfen sich so niemals verhalten. Und es sollte bei Justiz und Polizei keine Täterbetreuung sondern eine Opferunterstützung geben.
Thomas
 

Thomas // © vvg

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