Im Interview ANDERS? NORMAL! Zu Buch und Fotoausstellung von Ulrich Huber
Uli, du zeigst in „ANDERS? NORMAL!“ in deiner Ausstellung zum Buch die Vielfalt in unserer Gesellschaft. Wie entstand speziell diese Idee?
Wenn ich schon mal in der Stadt unterwegs bin, schau ich den Menschen gern ins Gesicht, wenn sie mir begegnen. Dabei fällt mir auf, wie verschieden sie auf Menschen reagieren, die ANDERS aussehen, die ihre Individualität zum Ausdruck bringen, was im Jahre 2018 auch absolut möglich sein sollte. Dabei ist mir aufgefallen, dass bei einigen durch den Anblick von Andersartigkeit regelrecht massive Abneigung wenn nicht sogar Hass sichtbar wird. Es bleibt auch nicht beim entsetzten Starren, es finden regelrecht verbale Angriffe statt, in einigen seltenen Fällen wurden Menschen auf Basis ihres Looks sogar physisch angegriffen. Das kann und darf meiner Meinung heute nicht mehr sein und deshalb diese Serie.
Zu sehen sind Menschen, die durch ihr äußeres Erscheinungsbild ihre Individualität ausdrücken. Wie bist du an die Models herangetreten?
Na ja, wie Ihr ja wisst, bin ich auch Wirt des My Lord, eine der ältesten Szene Kneipen in Köln, und da sind auch eine Menge Gäste, die durchaus ihre Individualität demonstrieren. Die habe ich zuerst angesprochen. Anschließend habe ich in den entsprechenden Gruppen für Models in den sozialen Medien ein Video gepostet. Das hat sich dann sehr gut entwickelt, dass mich Personen angesprochen haben, andere habe ich auch gezielt auf der Straße angesprochen und war überrascht wie positiv die Resonanz war.
Gab es keinerlei Ängste oder Scheu bei den Models, schließlich geben deine Fotomodelle ja nicht den Blick auf ihr Äußeres, sondern auch den in ihre Seele frei?
Natürlich gab es mit jedem Teilnehmer ein ausführliches Vorgespräch, um alle mit ins Boot zu holen. Dann ist es aber auch so, dass ich aufgrund der vielen Menschen, mit denen ich in Kontakt komme, ein gewisses Fingerspitzengefühl entwickelt habe, das mir geholfen hat, bestimmte Barrieren abzubauen.
Um beim Titel zu bleiben: Bilder- und Foto-Ausstellungen sind NORMAL visuelle Geschichten, du komplettierst deine Arbeiten außerdem mit bewegten Bildern und Tonaufnahmen, was genau ist ANDERS?
Ein Foto an der Wand vermag uns zwar zu begeistern, aber es bleibt doch irgendwie anonym. Ich wollte aber erreichen, das der Betrachter nicht auf Distanz bleibt wie bei einer flüchtigen Begegnung im Bus oder auf der Straße, sondern sich quasi im Gespräch mit dem Fotografierten befindet - wobei ich in der Rolle des Interviewers stellvertretend bin für den Betrachter. Ich habe die Interviews aufgezeichnet und diese mittels QR Code im Buch und in der Ausstellung für den Besucher zugänglich gemacht.
Bei der Beschreibung „ANDERS? NORMAL!“ folgt auf ein äußeres Erscheinungsbild oft ein negativer, dummer Kommentar. Haben deine Protagonisten diese Erfahrung machen müssen? Und hast du dazu ein Beispiel?
Du hast da in unserem Vorgespräch von deinem Lebenspartner gesprochen – und das war ja ursprünglich auch der Gedanke zu dieser Aktion, oder?
Ja, das ist richtig, Kurt ist ein auslösendes Moment gewesen. Er trägt seit 60 Jahren Leder. Früher was das war nie ein Problem, heute wird er angesprochen, warum er so rumlaufen würde; das wär ja unmöglich so. Das im Jahr 2018 ist unbegreifbar für mich! Es gab einige andere negative Erfahrungen, zum einen, was den Look betraf, aber auch das Geschlecht. So hat mir Jen erzählt, dass junge Nordafrikaner große Probleme haben, sie als flippige starke selbstbewusste Frau zu akzeptieren; oder auch Neal, dem Afro-Amerikaner, dem eine Frau im Aufzug begegnete und diese ihre Handtasche fester unter den Arm klemmte, aus Angst sie würde beraubt.
Du stellst im Kreishaus des Rhein Erft-Kreises aus, warum nicht in Köln; Frau Reker hat doch gerade mit Vielfaltsamts-Leiter Hans Oster und „Diversity“-Leiterin Nina Rehberg eine riesige Plakataktion zum Thema „Unsere Vielfalt. Kölns Stärke“ ins Leben gerufen.
Ach echt? Köln kopiert mich? (lacht) Nein mal im Ernst, davon wusste ich nichts, und außerdem werde ich noch in Köln ausstellen und zwar im Treppenhaus der IHK zu Köln vom 30.1 (Vernissage) bis zum 08. März 2019. Vielleicht kommt Frau Reker ja auch, ich werde sie auf jeden Fall mal einladen.
Du führst seit Jahren ein Herren-Lokal in Köln.
Ja das My Lord, eine traditionelle Einrichtung für Männer ab 30 und deren Bewunderer. Ich liebe dieses Lokal und bin auch nach 11 Jahren immer noch gerne jeden Tag hinter dem Tresen.
Hast du schon neue Projekte im Kopf?
Ja, zwei Projekte laufen gerade an. Aber vorher habe ich noch eine Verkaufsausstellung bei Schreibwaren Ortloff, dort werden Fotos von Köln in schwarz/weiß zum Verkauf kommen sowie mein Buch „ANDERS? NORMAL!“ Die kommenden Projekte werden sich mehr mit Architekturfotografie beschäftigen, zum einen geht es um den Umbau eines Geschäftshauses in ein Wohngebäude, sehr interessant weil ich die gesamte Transformation mit der Kamera begleiten durfte und zum anderen ein Buch über Köln, allerdings sowohl kritisch als auch schön.