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Gerrit Winter // © vvg

Gerrit Winter Im Interview

vvg - 04.10.2021 - 10:00 Uhr

Gerrit Winter ist zertifizierter Coach und Stimmexperte, Motivationstrainer und Autor. Sein aktuell erschienenes Buch „Sei eine Stimme und nicht nur ein Echo“ ist ein Motivations-und Ratgeberbuch zum Thema „Stimme & Gesellschaft“ und zeichnet auch Stationen seines eigenen Lebenswegs vom Sänger und Musiker bis hin zum Theologen, Musikwissenschaftler und Coach nach.

Wie verbringt ein Mann mit Namen Winter den Sommer?
Mit viel Arbeit. Als Coach und Theologe habe ich gerade Hochkonjunktur, da durch die Pandemie meine Themen wie Kommunikation, Persönlichkeitsentwicklung und Mental Health gerade stark gefragt sind. Bei vielen Menschen hängt der innere Frieden schief, sie kommen zu mir, um sich Rat und Hilfe zu holen, um mehr Glück, mehr Authentizität, Gesundheit und Erfolg ins eigene Leben zurückzuholen. Normalerweise verbringe ich meinen Sommer auf Mallorca, wo ich bis letzten Oktober gelebt habe, aber dieses Jahr eben mal nicht.

Welchen Berufswunsch hattest du als Jugendlicher. Gab es eine Bestimmung?
Ganz klar! Gerrit wollte mit fünf schon Sänger werden. Ich habe in meinem Zimmer Mini-Playback-Back-Shows veranstaltet und eine Mark Eintritt genommen. Ich wusste damals schon ganz gut, wie ich die Leute unterhalten konnte. Ich habe in der ZDF-Hitparade Matthias Reim oder Albano und Romina Power bewundert und nachgeahmt.

Bei einem „Pop-Act“-Casting mit 7000 Teilnehmern kamst du unter die letzten 30 – ein Jugendtraum?
Das waren meine ersten Gehversuche. Ich hatte ein Praktikum im Tonstudio und an meiner Schule kam durch das Casting heraus, dass ich gut singen kann. Bis zum Casting war ich das Mobbing-Opfer und plötzlich war ich sichtbar und interessant.

Zu „Fame Academy”: Leider warst du nicht der One, der zu „Become One“ gewählt wurde –„Aus der Traum“ oder „Jetzt erst recht!“?
Jetzt erst recht! Ich habe in der Show gemerkt, dass Sänger einer Band zu sein, nicht meinen Vorstellungen entsprach, ich hätte das gar nicht gekonnt. Ich war und bin Solo-Sänger. Ich durfte aber durch diese Sendung u.a. mit Phil Collins, Pink und mit Ricky Martin singen.

RTL2 bliebst du treu – mit Yvonne Catterfeld moderiertest du „The Dome“.
Der Sender wollte mich „warmhalten“ und so durfte ich die Siegerband „Become One“ anmoderieren – übrigens mein erster Moderationsauftritt. Ich hatte einen Fuß in der Tür zur Showbranche, ich modelte und wartete auf den ersten Plattenvertrag. Und 2006 kam dann die erste Single „Wenn auch nur für einen Tag“.

Was möchtest du – wenn auch nur für einen Tag – unbedingt erleben?
Wenn ich alles einen Tag ausprobieren könnte, wüsste ich, ob es das ist, was ich mir erträume und für immer machen möchte. Ich habe vieles ausprobieren dürfen und weiß, dass die Showbranche nicht alles ist. Da stehe ich mit einem Bein drin, mit dem zweiten stehe ich bei dem, was ich heute mache: Menschen Hilfe, Unterstützung und Orientierung geben.

2007 folgte dein Debutalbum „Wovon träumst du?“. Haben sich deine Träume heute verändert?
Früher träumte ich vom Singen und konnte mir Glücklichsein nur so vorstellen. Heute kann ich nicht glücklich sein, wenn ich nicht singe – aber nicht nur glücklich sein, wenn ich singe. Ich brauche Musik in meinem Leben, aber nur ein Album nach dem anderen zu produzieren, wäre mir zu wenig. Heute träume ich davon, etwas Sinnstiftendes zu tun, auch mit Musik – aber nicht nur.

2012 hast du mit dem Künstlernamen Gee Road die Single „King for a day“ aufgenommen. Warum der Namenswechsel?
Ich kam gerade vom Jakobsweg, hatte eine Lebens- und Sinnkrise durch mehrere Hörstürze und die Hälfte meines Hörvermögens verloren. Wie sollte es als Sänger oder Moderator weitergehen ohne gesundes Gehör? Beim ersten Album versuchte man mich zu verbiegen und zum charming Schwiegersohn zu machen. Das bin ich nicht und die Hörstürze waren das Zeichen, in mein Inneres zu hören. Jetzt wollte ich mein Ding machen und etwas Neues probieren mit einem englischsprachigen Projekt.

Was würdest du als König für einen Tag machen?
Dafür sorgen, dass wir in unserem Land ein paar Weichen stellen, damit nicht so viele Leute „hintenüber“ kippen. Wir sollten cross generation und diversity leben. Notfalls muss das irgendwie “verordnet” werden.

Hast du deine Musikkariere heute beendet?
Nein, ich habe sie nur umstrukturiert. Ich nutze meine Stimme, um etwas anzustoßen. Im Lockdown haben wir die Aktion „Wahre Helden“ gemacht, bei der unzählige Prominente mitmachten. Wir wollten damit den wahren Helden, die im Lockdown alles zusammengehalten haben, DANKE sagen. Vor Weihnachten haben wir noch den Song „Irgendwann“ geschrieben, der einfach Hoffnung machen sollte und dieses Jahr ist auch wieder ein Song mit einer Botschaft geplant.

Und es gibt dein Musikprojekt ANIMO.
Mein Projekt ANIMO beruht auf einer Idee, die mir auf dem Jakobsweg kam. Am Wegesrand stehen da immer Steine mit dem Wort ANIMO. Das soll die Pilger motivieren, nicht aufzugeben. Die Bedeutung liegt in der Übersetzung: Erheitern von Körper, Geist und Seele und dafür geht man ja den Weg. ANIMO ist ein Mental Health Projekt mit deutscher Chill-out-Musik, aber nicht mit dem Schwerpunkten Sonne und Party, sondern eher mit einem Coaching-Anspruch, mit dem unbewusst ein Glücks- und Wohlfühlgefühl erzeugt wird. “Die Auszeit für den Kopf” nenne ich das immer.
 

Gerrit Winter // © vvg

Wovor hast du Angst?
Gesellschaftlich habe ich Angst, dass wir es nicht schaffen, Werte und Normen zu erhalten. Digitalisierung macht uns fortschrittlich – sie manipuliert uns aber auch. Wir verlieren unseren Kompass für die Balance, wieviel wir konsumieren können, ehe es etwas in uns und in der Welt anrichtet. Die einen haben so viele Ängste, dass sie vor Ängsten kaum mehr leben können, die anderen ignorieren einfach alles.

Wie kam der Wechsel zum Vocalcoach und Stimmexperten?
Das hing mit meiner Lebenskrise zusammen, da wollte ich neu anfangen. Ich bin studierter Theologe, Musikwissenschaftler und habe eine Gesangsausbildung. So zum Spaß habe ich schon als Dozent gearbeitet und jungen Talenten geholfen.

Dann habe ich die erste und einzige Bewerbung in meinem Leben geschrieben, für eine Stelle als Dozent für Pop-Gesang und Stage Performances in Köln. So habe ich Talenten geholfen. Bei meiner ersten CoverMe war ich schon Dozent, Isabell Varell moderierte mich an und im Anschluss fragte sie, ob ich sie und Birgit Schrowange coachen könnte. Es sprach sich herum und es kamen immer mehr, erst aus Show, Kultur und TV, später auch aus der Wirtschaft. Heute arbeite ich als Coach auch oft in Unternehmen oder halte Vorträge.

Wir kennen dich als Künstler und Mitorganisator von CoverMe, aber in deiner Biografie taucht dieses Projekt nicht groß auf?
Es wird erwähnt und CoverMe war ein entscheidender Punkt in meiner Biografie. 14 Tage nach dem Jakobsweg wurde ich von Dirk Bach und den Organisatoren gefragt, mitzumachen. Im dritten Jahr machte mich Dirk, weil Bernd von Fehrn aufhören wollte, zum musikalische Leiter, wozu es aber leider in der Folge durch Dirks frühen Tod nicht mehr kam. Es führte aber dazu, dass ich meine Zelte endgültig in Köln aufschlug. Mein Startschuss hier war Cover Me – dafür bin ich unendlich dankbar!

Die Klatschpresse brachte dich auch einmal mit Birgit Schrowange zusammen …
Es war bei der Musical-Premiere von Cats als die BILD titelte: „Dieser Kater bringt die Katze zum schnurren!“. Birgit – wir hatten uns über das Coaching angefreundet - überredete mich mit ihr als ihr Vocalcoach über den roten Teppich zu gehen. Sie machte sich einen Spaß daraus, die Presse zu veräppeln und mich als ihren Toy-Boy zu präsentieren, heute sind wir beste Freunde!

Unsere Monatsumfrage heißt: „Warum mögen Frauen Schwule?“ Was glaubst du warum?
Meine Sichtweise: Ich glaube Schwule sind sehr empathisch, sind Gentlemen und schätzen Frauen wert.

Dein Buch „Sei eine Stimme und nicht nur ein Echo" ist stark in den Medien präsent. Was war der Anreiz ein Buch zu schreiben?
Es gab einen guten Bericht im TV mit dem Titel "Deutschland verstummt". Dass dies so ist, ist mir schon vor der Pandemie aufgefallen und wurde durch sie noch verstärkt. Deshalb habe ich dieses Buch geschrieben, weil die Kommunikation doch in erster Linie real und zwischen den Menschen stattfinden sollte und nicht nur über Mail, WhatsApp und alle anderen digitalen Kanäle. Digitale Daten sind stärker als Kommunikation und die menschliche Errungenschaft „Stimme“ verliert. Meine Botschaft darin ist: Nutze deine Stimme! Erkenne ihren Wert! Es ist ein Motivations-und Coachingbuch, das viele geselschaftlich relevante Themen aufgreift.

Was sagt ein „Mann der Worte“ zu Sätzen wie „Ey, Alter i‘schwör“?
Worte sind wie Messer, fasst man sie am Griff an, kann man damit schneiden. Fasst man sie an der Klinge an, kann man sich die Hand aufschneiden.

Hast du Kontakt zur Gay-Szene – und was stört dich an ihr?
Ich bin oft bei CSDs aufgetreten, war bei CoverMe dabei und habe Spenden für die Aidshilfen gesammelt. Ich unterstütze die Szene und erhebe meine Stimme, wenn ich ein Unrecht benennen kann. Es ist mir ein Anliegen und wird mir immer wichtig bleiben. Mich stört aber, dass wir die Klischees so zelebrieren. Genau diese werden von den Medien aufgegriffen und sind nicht unbedingt zu unserem Vorteil in der gesellschaftlichen Wahrnehmung.

Deutschland wählt. Wem gibst du deine Stimme?
Ich coache ja Politiker grundsätzlich nicht, weil sie nichts sagen. Hätten wir jemanden, der etwas sagt, wenn er etwas sagt und rhetorisch nicht so gecoacht ist, nichts zu sagen, würde ich demjenigen meine Stimme geben, der das meiste sagt.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich möchte, dass meine Themen – Kommunikation, Stimme und Mental Health – wieder mehr Gewicht bekommen und ich meinen Anteil musikalisch und als Coach dabei leisten kann. Und ich wünsche mir, dass unser Land nach der Pandemie seelisch wieder gesundet. Privat möchte ich unter den Palmen in Kalifornien leben und zwischen Deutschland und den USA pendeln.

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