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Die Hannchen Mehrzweck Stiftung Hier wird gefördert

js - 28.05.2018 - 07:00 Uhr

1991 wurde die größte deutsche Stiftung gegründet, die sich für Emanzipation von Schwulen, Lesben, Trans- und Intersexuellen sowie queerer Bewegung einsetzt, gegründet. Die Hannchen Mehrzweck Stiftung (HMS) fördert Projekte von gemeinnützigen Vereinen, die durch Bildungsarbeit dazu beitragen, das Selbstbewusstsein und die Identität der queeren Gesellschaft zu stärken. Wir haben mit Josch Hoenes, Vorstandsmitglied der Stiftung, über die Arbeit von HMS geredet.

Wofür steht die HMS? Wofür macht ihr euch stark und welche Ziele verfolgt ihr?
Die Hannchen-Mehrzweck-Stiftung steht für politisches Handeln jenseits staatlicher Förderstrukturen und großer Parteipolitik, für den Mut sich gegen Macht- und Herrschaftsverhältnisse zu Wehr zu setzen, für gesellschaftliche Transformationsprozesse zu kämpfen und sich aus eigener Kraft Freiräume zu schaffen, in denen vielfältige Formen von Sexualität und Geschlecht lustvoll lebbar werden. Wir machen uns dafür stark, dass Schwule, Lesben, Bisexuelle, trans* und inter* Menschen, die in unserer Gesellschaft immer noch vielfältige Formen von Diskriminierung und Gewalt erleben, ihre eigenen Ideen und Projekte entwickeln, um sich zu empowern und Gesellschaftskritik zu formulieren. Insofern ist unser Ziel durch die Förderung der Netzwerke von LSBTIQ*-Menschen, sowie Aufklärungs- und Bildungsarbeit zu einer Wertschätzung der Vielfalt sexueller und geschlechtlicher Identitäten und zu gesellschaftlichen Emanzipationsprozessen beizutragen.

Welche Art von Projekten fördert ihr?
Klein, kritisch, subversiv. Im Grunde fördern wir ein sehr breites Spektrum von Projekten. Einen Schwerpunkt bilden Workshops, Treffen und Tagungen bestimmter Gruppen, die Antidiskriminierungs- oder Empowerment-Arbeit leisten, wie etwa das Wochenende Queer und hörgeschädigt – Na und? Oder die 1. Netzwerktagung deutscher LGBTIQ-Sportvereine in diesem Jahr. Einen zweiten Schwerpunkt stellen Projekte dar, die Aufklärungsarbeit machen, sei es in Form von Schulaufklärungsgruppen, Ausstellungen, wie etwa aktuell die Ausstellung Fischerspooner der New Yorker Künstler Warren Fischer und Casey Spooner im Neuen Aachener, oder Projekte zu bestimmten Themen, wie etwa das Sensibilisierungsprojekt Queer Refugees. Gelegentlich fördern wir auch wissenschaftliche Arbeiten insbesondere zur Geschichte der Homosexuellen und Lesben aus dem Karl Heinrich Ulrichs Fond – zumeist in Form von Druckkostenzuschüssen, da die hierfür zur Verfügung stehende Summe leider immer noch sehr gering ist. Aus dem neu eingerichteten David Kato Fond fördern wir zudem Projekte, die in Ländern mit Verfolgungsdruck gegen Homophobie kämpfen oder über die Situation von LSBTIQ dort aufklären, wie z.B. zuletzt die Konferenz Queering Paradigms VIII. Fucking Solidarity: queering concepts on/from a Post-Soviet perspective. Und last but not least führen wir gelegentlich eigene Projekte durch – so ist derzeit gerade ein Buch über den Gründer des Stiftung Prof. Dr. Andrea Meyer-Hanno in Arbeit.

Da wir uns als bewegungsnahe Stiftung verstehen, verändern sich die Förderschwerpunkt mit Veränderungen, die innerhalb der sozialen Netze vor sich gehen. So bekommen wir z.B., anders als in den Anfangsjahren kaum noch Anträge von Projekten, die sich nur an Schwule oder Lesben richten, sondern zunehmend Projekte, die sich im weitesten Sinne als "queer" verstehen. Thematisch haben sowohl Anträge, von Trans*-Projekten als auch international ausgerichtete Projekte zugenommen.

Warum liegt euch das so am Herzen?
Die HMS ist eine Stiftung, die aus den politischen Kämpfen und Netzwerken von Schwulen hervorgegangen ist und sich später erst für Lesben, dann auch für Trans*, Inter* und queere Menschen geöffnet hat. Damit hat sie etwas von dem Charme des Graswurzelaktivismus, was sich nicht nur darin zeigt, dass wir alle ehrenamtlich für die Stiftung arbeiten, sondern auch darin, dass wir eher kleine Projekte fördern. Diese Form von Politik liegt mir sehr am Herzen, weil ich denke, dass es für eine demokratische Gesellschaft und auch, um die Möglichkeiten der Teilhabe an Gesellschaft zu schaffen, extrem wichtig ist, dass gerade auch kleine und/oder marginalisierte Gruppen sich artikulieren können. Der zweite Punkt, der mir am Herzen liegt, ist dass wir auch unser Stiftungshandeln in diesem Sinne politisch ausrichten. So sind wir Mitglied im Netzwerk Wandel Stiften, der Initiative Transparente Zivilgesellschaft und haben das Netzwerk Regenbogenstiftungen mit ins Leben gerufen.

Welche Punkte sind ausschlaggebend dafür, ob ein Projekt gefördert wird oder nicht?
Zunächst einmal müssen die formalen Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Projekt gefördert wird, d.h. Antragsteller muss eine gemeinnützige Organisation sein und das Projekt muss unseren Satzungszielen entsprechen. Dann kommt es etwas auf die Art des Projektes an. Grundsätzlich ist für uns die Frage wichtig, trägt das Projekt zu einem Empowerment von LSBTIQ* bei, ist die antragstellende Gruppe mit anderen vernetzt, bzw. im Falle von Aufklärungsprojekten, wird eine entsprechende Öffentlichkeit erreicht. Eine andere Frage, die immer auch eine Rolle spielt, ist: Wo findet das Projekt statt und wie "einzigartig" ist es. Mit anderen Worten, es ist unwahrscheinlich, dass wir CSD-Veranstaltung in Großstädten fördern, in denen es eine große Community gibt, in kleinen ländlichen Gebieten, fördern wir sowas eher.

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