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Ralf König & Markus Barth © vvg

Ausgequetscht Ralf König & Markus Barth

vvg - 29.10.2023 - 17:00 Uhr

Deutschlands größtes Comedy-Festival hat Comic-Zeicher Ralf König und Comedian Markus Barth eingeladen, ihr gemeinsames Programm „König mit Barth“ zu präsentieren. Wir trafen beide, um mehr über ihre Zusammenarbeit zu erfahren.

Wie kommt ein König zum Bart(h)?

Markus: Ich kannte Ralfs Bücher schon seit Teenagerzeiten, die hat mir eine Freundin immer zugesteckt. Im Nachhinein glaube ich, sie wollte damit mein Coming Out ein bisschen beschleunigen. Kennengelernt haben Ralf und ich uns erst auf einer Diskussionsveranstaltung zum Thema Humor. Danach dachten wir: Ach komm, wir machen sowas ähnliches nochmal, nur halt in lustig.
Ralf: Wenn es in irgendeiner Stadt zwei heterosexuelle Humoristen gibt, tun die sich ja auch zusammen. Die haben dann das gemeinsame Thema ‚Vagina‘. Warum sollten Schwule das nicht auch machen, nur eben mit ‚Penis‘?

Was reizt euch aneinander für euer Zusammenspiel?

Markus: Ich bin immer wieder fasziniert, wie viele verschiedene Persönlichkeiten in Ralf schlummern. Hinter der Bühne stellt er mir alle drei Minuten Fragen zum Ablauf und wer wann wo stehen soll, auf der Bühne ist er dann eine Rampensau sondergleichen, teilt mir gerne eine aus, kann aber auch gut einstecken. Langweilig wird’s mit ihm jedenfalls nie.
Ralf: Haha, ist das so? Ja, ich bin vorher immer etwas nervöser als bei meinen Soloabenden. Bin ja gewohnt, mich auf der Bühne gleich hinter meinem Laptop zu verschanzen und meine Comics zu präsentieren, und nun muss ich plötzlich im Sessel sitzen und mit einem Profi-Comedian reden! Ich muss also schlagfertig sein. Nicht so meins.

Habt ihr Gemeinsamkeiten festgestellt?

Markus: Ich sag mal: Wenn wir beide zusammen essen gehen und es plötzlich sehr still wird am Tisch, dann meistens, weil ein ästhetisch nicht gerade benachteiligter Kellner durch den Raum schwebt. Der homosexuelle Mann ist da ja manchmal ein bisschen einfach gestrickt.
Ralf: Oh ja, dieser Kellner! Die Etikette verbietet, zu sagen, welches Lokal und welcher Kellner gemeint ist, aber der ist wirklich zum immer nur hingucken. Mir fällt schwer, bei dem überhaupt was zu bestellen! Ich glotz den nur verzückt an und stammel: ‚Bring mir irgendwas, egal was!‘

Worüber könnt ihr euch königlich amüsieren ...

Ralf: Wenn ich irgendeine schlimm schmeckende Medizin oder große Tablette schlucken muss, kneif ich mir immer selbst kurz in die Nippel und denke: Schluck, du Sau! Dann geht das.
Markus: Sehr oft über mich selbst: Als wir in Berlin aufgetreten sind, war ich wahnsinnig stolz, als ich die riesige Schlange gesehen habe, die sich vorm BKA Theater gebildet hatte. Ich war sicher: Wir sind Talk of the Town! Leider musste ich dann irgendwann feststellen, dass die alle nur in die Schwulensauna nebenan wollten, aber der Abend war trotzdem sehr lustig.

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… und wann bleibt euch das Lachen im Halse stecken?

Markus: Das übliche: Bei Hass, Dummheit und Intoleranz. Also bei den Sachen, die politisch gerade scheinbar recht angesagt sind.
Ralf: Ich muss gestehen, ich halte das Weltgeschehen seit dem Ukraine-Krieg - so gut es geht - von mir fern. Hat mein Doc mir empfohlen, irgend so ‘ne Nervensache. Die privaten Tragödien reichen mir, aber interessanterweise sind auch die oft reizvollen Stoffe für Comics. Im Drama steckt halt die Komödie.

Wie schafft ihr es, immer neue Ideen zu entwickeln und auf den Punkt zu kommen?

Markus: Man hat ja doch recht viel Tagesfreizeit als Bühnenkünstler. Und wenn man dann noch ein Notizheft dabeihat und die Augen aufmacht, kommt der Rest von ganz allein.
Ralf: Ich kann das nicht beantworten, es ist mir wohl einfach gegeben. Die Dialoge fallen mir überhaupt nicht schwer. Nach über 40 Jahren mach ich mir da keine Sorgen mehr, außer vielleicht bei der Frage, wie lange man noch coole Sachen macht, wenn man älter wird. Das Spätwerk alternder Künstler ist ja oft peinlich.

Wie geht ihr mit Druck um, wenn z.B. der Abgabe-/ Auftritts-Termin näher rückt?

Markus: Da bin ich ultraspießig: Wenn ich einen Abgabetermin habe, ist für gewöhnlich alles schon ein paar Tage vorher fertig. Aber nicht, weil ich mir ein Fleißbildchen erhoffe, sondern weil ich dann wesentlich besser schlafe. Und guter Schlaf wird in unserem Alter ja immer wichtiger!
Ralf: In ‚unserem Alter‘, Dankeschön, du junges, junges Ding! Ich brauche auch keinen Zeitdruck, ich hasse Abgabetermine! Ein Buch dauert so lange, wie es dauert. Aber bei Auftritten mach ich mir erst kurz vorher Stress, was genau ich lese, ob es in dem Ort schon ein Hotelzimmer für mich gibt oder ob ich schon ein Zugticket habe.    

Ihr kritisiert auf humorvolle Art die Gesellschaft und die Comunity, gab’s da schon mal Ärger?

Markus: Zuletzt hatte ich wilde Diskussionen auf meinen Kanälen, weil ich mich über Alice Weidel lustig gemacht habe, die von der Homophobie in ihrer Partei ablenken wollte, indem sie sagte, dass sie ja nicht queer, sondern nur zufällig mit einer Frau zusammen ist. Da lese ich dann manche Kommentare und denke mir: „Na, da haben sich schon die richtigen angesprochen gefühlt.“
Ralf: Meine Comics sind weniger politisch, aber auf Facebook hatte ich diese lange KONRAD UND PAUL-Sequenz über Gendern und Wokeness und Political Correctness. Da waren die Kommentare sehr viel aufgeregter als sonst. Ist halt Reizthema. ich bin aber ein harmoniebedürftiger Mensch, ich lege es nicht drauf an, zu provozieren.

Wie geht ihr mit Kritik um, wenn die „Deppen mit Smartphones“ ihre Hasskommentare ins Netz laden?

Ralf: Unverschämte Kommentare lösche ich sofort. Weg ist weg. Aber richtig fiese Sprüche kommen bei meinen Leuten seltsamerweise kaum vor.    
Markus: Ich habe einen sehr gut trainierten Blockier-Daumen.

Ralf, du hast beim Comedy-Festival auch eine Lesung über 11.000 Jungfrauen; seit wann kennst du dich mit Jungfrauen aus?

Ralf: Ich hatte 2013 die fette Ausstellung zur Heiligen Ursula im Kölnischen Stadtmuseum. Dazu gab es mein Buch bei Rowohlt, das heute eins meiner liebsten ist. Ich lese die Märtyrerlegende sehr gern, auch wenn meine Stimmbänder leiden. Elftausend Jungfrauen quietschen halt sehr viel. Da bin ich dankbar für jeden grunzenden Barbaren.  

Markus, bist du froh, wenn es bei eurem gemeinsamen Auftritt wieder um Penisse geht?

Markus: Natürlich. Ich bin ja Penis-Befürworter durch und durch. In meinen eigenen Texten geht es aber gar nicht so wahnsinnig oft um Penisse, deswegen bin ich sehr froh, dass Ralf das mehr als ausreichend abdeckt.
Ralf: ‚Mehr als ausreichend‘ klang jetzt etwas süffisant.

Welche Themen wären für euch Tabu?

Ralf:  Ach, was tabu wäre, fällt mir vermutlich gar nicht erst ein.
Markus: Alle, die mich nicht interessieren und von denen ich keine Ahnung habe. Das kann ich übrigens nicht nur für die Bühne, sondern auch für alltägliche Diskussionen sehr empfehlen!

Hat sich die Unterhaltungsbranche in Zeiten von Corona, Naturkatastrophen, Inflation und Kriegsnachrichten verändert?

Markus: Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die Lunte vieler Leute ein bisschen kürzer geworden ist. Es wird sehr schnell an die Decke gegangen. Ich wünsche mir, dass wieder mehr Menschen sagen können: „Ja gut, ist vielleicht gerade nicht mein Lieblingswitz, aber erzähl mal den nächsten, vielleicht geht’s dann wieder.“

Die Comedy-Comunity ist riesig, entsteht da auch Konkurrenzkampf und Futterneid?

Ralf: Ich weiß nicht, ich kenne keine Comedians außer Markus. Gibt‘s überhaupt noch welche? Ich bin schwuler Comiczeichner und damit ziemlich außer Konkurrenz.       
Markus: Nö. Ich bin viel neidischer auf die Schwulensauna in Berlin. WAS HABEN DIE, WAS WIR NICHT HABEN???

Wenn ein „König mit Bart(h)“ politisch das Sagen hätte, was würdet ihr entscheiden?

Ralf: Heteros kriegten Babymachverbot. Weltweit! Ficken nur zum Spaß für mindestens drei Generationen, damit der Planet mal verschnauft.  
Markus: Also, wenn ich König wäre, würde ich erstmal mit einem donnernden „Come on, Leute, es ist das dritte Jahrtausend!“ die Monarchie abschaffen.

Was plant ihr für die Zukunft?

Ralf: Ich muss mal ein paar Wochen durchatmen. Diese täglichen Instagram-Comics sind wie ein Marathonlauf. Irgendwas kommt dabei zu kurz bei mir. Ich glaube, das nennt sich ‚Urlaub‘.        
Markus: Nächstes Jahr gibt’s eine neue Solo-Show von mir, im Juni machen wir wieder „Queer up Comedy“ und Ralf und ich werden hoffentlich auch wieder ein paarmal gemeinsam auf der Bühne stehen. Viel mehr plane ich nicht, man weiß ja eh nicht, ob sich nicht gerade wieder irgendwer irgendwo beim Fledermauskuscheln einen Virus einfängt.

Wie seht ihr die Zukunft in der LSBTIQA*?

Ralf: Ich fürchte, der schamlose Humor geht mehr und mehr flöten. Warum bin ich nach 40 Jahren immer noch fast der einzige Comiczeichner in der Community? Ein schräger Cartoon und der Shitstorm fliegt dir um die Ohren! Ich habe meinen Stand und bin froh über eine gewisse senile Narrenfreiheit.   
Markus: Ich hoffe, dass alle Buchstaben im LSBTIQA verstehen, dass sie nur gemeinsam was ausrichten können und dass man sich nicht auf Spaltungsversuche aus allen möglichen Richtungen einlassen sollte. Dann wird die Zukunft selbstverständlich fabulous.

Was möchtet ihr noch voneinander wissen?

Markus: Das fragen wir uns bei einem gemeinsamen Essen - wenn gerade mal kein Kellner durch den Raum schwebt.
Ralf: Der schwebt ja nicht, der stapft breitbeinig, maskulin und zielgerichtet vor sich hin. Und diese Härchen am - äh, wie war die Frage?

Zum Schluss: haben wir etwas Wichtiges vergessen, das ihr noch beantworten wollt?

Markus: Was das Geheimnis meiner straffen Haut ist, vielleicht? Aber das kann ich ja auch noch am 31.10. in der Comedia oder am 24.11. Im Centralkomitee erzählen.
Ralf: Ach, was ist heutzutage schon wichtig …

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