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Ein besonderes Jubiläum mit ernstem Hintergrund
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25 Jahre AIDS-Gala Berlin Ein besonderes Jubiläum mit ernstem Hintergrund

ms - 29.10.2023 - 17:00 Uhr

Ende November gibt es in Berlin ein besonderes Jubiläum zu feiern: 20 Jahre Gala „Künstler gegen Aids“. Erstmals im Jahr 2000 engagierten sich Künstler aus der LGBTI*-Community sowie von außerhalb für die gute Sache, inzwischen geben sich die nationalen und internationalen Stars aus dem Showbereich die Klinke in die Hand – ein starkes Zeichen, gerade für Menschen mit HIV. Das Jubiläum wirft dabei allerdings auch die Frage auf, wie es im Kampf gegen HIV aktuell tatsächlich aussieht. SCHWULISSIMO fragte nach bei Schauspielerin Judy Winter und Berlins ehemaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, die zusammen die Schirmherrschaft innehaben.  

20 Jahre Aids-Gala – wie blickt man auf dieses besondere Jubiläum?

Judy Winter: Mit Wehmut, aber auch mit Optimismus. Wehmut, weil ich an die vielen Menschen zurückdenke, die wir in dieser Zeit verloren haben. Optimismus, weil trotz der schwierigen Zeiten gerade jetzt das große Engagement der Künstler*innen und Gäste zeigt, dass es sich lohnt, gegen Stigmatisierung, Ausgrenzung und Armut weiterzukämpfen. Wir haben viele Erfolge zu feiern und das motiviert uns für die Zukunft, nicht nachzulassen.

Gerade in puncto Stigmatisierung zeigt sich, dass Menschen mit HIV dieser noch immer ausgesetzt sind, auch aus der eigenen Community oder im Umgang mit medizinischem Fachpersonal. Was müssen die wichtigsten nächsten Ziele hier sein?
Klaus Wowereit: Wir müssen nach wie vor Aufklärung und Prävention betreiben sowie die Themen HIV und Aids in der öffentlichen Wahrnehmung stärken. Hierzu brauchen wir starke Akteure wie die Berliner Aids-Hilfe und die nachhaltige Förderung von Beratungsstellen sowie Hilfen für Erkrankte.

Hat Berlin hier als „Regenbogenhauptstadt“ noch einmal eine besondere Verantwortung, aber auch eine besondere Vorbildfunktion vielleicht?

Klaus Wowereit: Regenbogenhauptstadt klingt sehr schön, das bedeutet aber auch, dass Berlin eine Vorbildfunktion einnehmen sollte. Wir sind ja nicht nur Vorbild für uns selbst, sondern tun das auch für andere Regionen. Wenn zudem Menschen nach Berlin kommen, weil sie in ihrer Heimat keine oder eine nur unzureichende Hilfe bekommen, dann sollten wir helfen.

© Brigitte Dummer

Mehrere Städte weltweit haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 HIV-Neuerkrankungen gen Null zu setzen. Aktuell scheint Amsterdam das „Rennen“ zu gewinnen. Was kann hier Berlin noch besser machen im Kampf und Einsatz gegen HIV und Aids?

Klaus Wowereit: Wir wollen kein Rennen gewinnen. Wir freuen uns über die vielen Aktivitäten auch in anderen Städten. Die in Berlin bereits initiierten Projekte müssen ausreichend unterstützt und besonders finanziert werden. Wir können in der Aufklärung nicht nachlassen, denn jeder neuen Generation müssen die Präventionsbotschaften mit auf den Weg gegeben werden. Ein gutes Beispiel, wie man verschiedene Zielgruppen erreichen, aufklären und auch testen kann, ist der Checkpoint BLN am Hermannplatz. Im kommenden Jahr wird die Berliner Aids-Hilfe zudem eine öffentlichkeitswirksame Kampagne starten, mit der insbesondere Late Presenter, also Menschen, die nichts von ihrer HIV-Infektion wissen und dadurch immer noch an Aids erkranken, frühzeitig sensibilisiert und zum Gesundheitscheck motiviert werden sollen.

Es darf beim 20. Jubiläum natürlich auch gefeiert werden. Welche erreichten Ziele der letzten Jahre erfreuen da vielleicht besonders?

Judy Winter: Ich denke, die Gala ist ein guter Anlass, das Leben zu feiern und dass viele Menschen dank der enormen medizinischen Fortschritte auch heute noch unter uns sind und ein relativ normales Leben haben. Unser Kampf gegen Stigmatisierung und Ausgrenzung war zu einem großen Teil erfolgreich – und gerade deswegen dürfen wir nun nicht nachlassen, da die erkämpften Erfolge von verschiedenen Seiten in Frage gestellt und bedroht werden. Die Gala feiert eine offene, zutiefst menschliche und solidarische Gesellschaft, die gerade die Schwachen, Armen und kranken Menschen nicht aus dem Blick verliert, sondern ihnen mit Empathie und Wärme begegnet. Besonders freue ich mich darüber, dass so viele Künstlerinnen und Künstler unsere Gala in jedem Jahr aufs Neue unterstützen und sich ohne Gage für die gute Sache einbringen. Unseren Gästen gebe ich mit auf den Weg: „Tun Sie Gutes und haben Sie Spaß dabei!“.

Mit Blick auf Menschen mit HIV, was wünschen und erwarten sie sich seitens der Gesellschaft und der Politik?

Judy Winter: Ich verlange und erwarte von der Politik, dass jedem Menschen, der an HIV oder Aids erkrankt ist, unabhängig von seiner Herkunft, mit der notwendigen medizinischen Versorgung geholfen wird. Denn diese Behandlung ist ein universelles Menschenrecht. Leider ist das nicht der Fall und es fehlt an Sensibilität dafür, dass die Kürzung von Geldern in der Folge Menschenleben gefährdet. Wir brauchen eine solidarische Gesellschaft, die sich mit dem Thema HIV und Aids aktiv auseinandersetzt und gemeinsam mit uns auf das Ziel hinarbeitet, dass niemand mehr wegen seiner Infektion diskriminiert oder ausgegrenzt wird.

Vielen Dank für das Gespräch!

27. November 2023 - Dreams Come True
Künstler gegen Aids - Die 20. Gala 2023
Stage Theater des Westens Berlin
Mehr unter: www.kuenstlergegenaids.de

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