Mehr Solidarität Voneinander lernen, füreinander einstehen - das neue Credo von LGBTI*-Aktivisten weltweit.
Die deutsche Aidshilfe fordert jetzt im Zusammenschluss mit internationalen LGBTI*-Aktivisten mehr weltweite Solidarität mit und in der LGBTI*-Community – in Zeiten, in denen Hetzkampagnen gegen Homosexuelle und queere Menschen länderübergreifend immer stärker organisiert werden, bedürfe es auch auf Seiten der Community eines gemeinsamen Handels.
Kirchen rufen zu Mord an Homosexuellen auf
Sinnbildlich berichtet der Verein so unter anderem von den jüngsten Entwicklungen in Uganda, wo in diesem Frühjahr eines der weltweit schlimmsten Anti-Homosexuellen-Gesetze in Kraft getreten ist. Schwule und Lesben werden seitdem systematisch in den Untergrund gedrängt und sind durchwegs mit einem Gesetz konfrontiert, das hohe Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe für Homosexualität vorsieht.
Im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung Ende Juli berichtete so beispielsweise auch Derrick, Geschäftsführer der Organisation „Let’s Walk Uganda“ darüber, wie dramatisch die Lage in seiner Heimat aktuell ist – wer von homosexuellen Menschen Kenntnis hat, wird gezwungen, diese zu denunzieren, auch innerhalb von Familien. Zeitgleich wird von den Kirchen offen zu Mord an Homosexuellen aufgerufen, um „die Kinder zu schützen.“ Homosexuelle Menschen verlieren ihr Zuhause, ihren Job, ihre Existenz, ihr soziales Umfeld. Viele trauen sich nicht mehr aus dem Haus und haben so auch keinen Zugang mehr zum Gesundheitssystem, etwa zur Versorgung mit lebenswichtigen HIV-Medikamenten.
„Wir werden unsichtbar gemacht“
Uganda ist dabei nicht die einzige Region auf der Welt, in der Homosexuelle und queere Menschen derzeit massiv leiden müssen – die Aidshilfe verweist auch auf Russland und spricht von einer Abwärtsspirale aus LGBTI*-Feindlichkeit. Seit dem Inkrafttreten des berüchtigten Anti-LGBT-Gesetzes im Jahr 2013 haben sich die Lebensbedingungen drastisch verschlechtert, auch hier werden Homosexuelle in den Untergrund gedrängt, jedes Gespräch darüber kann als „Homo-Propaganda“ diffamiert werden. „Durch die Anti-LGBTI*-Gesetze verschwinden die Community und ihre Organisationen aus der legalen Öffentlichkeit. Wir werden unsichtbar gemacht“, so Natalia Soloviova vom Vorstand des Russian LGBT Network.
Kreative Wege des Widerstands in der Türkei
Ein weiterer Schwerpunkt liegt in diesen Tagen in der Türkei, so die Aidshilfe. Auch hier steigt die Gewalt gegenüber LGBTI*-Menschen, auch hier wird mit allen Mitteln versucht, die Rechte von Homosexuellen und queeren Personen weiter zu minimieren und sie „unsichtbar“ zu machen. Buğra Büyükşimşek aus Istanbul, Aktivist des LGBTI*-Projekts „Get REAL Movement“, berichtet, dass in der Türkei LGBTI*-Menschen inzwischen damit leben müssen, vom „Regierungschef als Mitglieder von Terrororganisationen“ verunglimpft zu werden. Die Hoffnung, dass Präsident Erdoğan nach der Wiederwahl von seinem harten Kurs gegen LGBTI* im Land ablassen würde, haben sich zerschlagen.
Allerdings zeige der Fall Türkei auch, dass es gelingen kann, nicht unsichtbar zu werden, so Büyükşimşek – explizit nennt er dabei den engen Zusammenhalt der Community und Bündnisse mit ebenso unterdrückten Frauen als exemplarische Vorbilder. Zudem habe die LGBTI*-Community im Land eine sehr kreative Form des Protestes im Laufe der Zeit entwickelt.
Mehr internationale Kooperation
„Wir erleben ein Rollback der LGBTI*-Rechte nicht nur in Ungarn, Russland oder Bulgarien. Diese Attacken auf die Demokratie, auf unsere Gesundheit und unsere Identität nehmen in vielen Ländern zu“, so Francesca Sanders von Trans Gender Europe. Einig sind sich die LGBTI*-Aktivisten aus mehreren Ländern darin, dass nur internationale Kooperationen langfristig diesen Entwicklungen standhalten können. „Wir müssen nicht alle das Rad neu erfinden, sondern sollten Beispiele für erfolgreiche Kampagnen und Lobby-Arbeit untereinander weitergeben“, schlägt Soloviova aus Russland vor.
Christliche Kirchen befeuern den Hass
In einem zweiten Punkt sind sich die LGBTI*-Experten auch einig – vor allem christliche Kirchen tragen nebst einer homophoben Haltung von politischer Seite maßgeblich zur LGBTI*-Feindlichkeit bei. Der Hass und die Ablehnung von Homosexuellen haben sich so vielerorts tief in die Gesellschaft eingegraben. „Dafür haben maßgeblich christliche Kirchen und insbesondere US-amerikanische Evangelikale gesorgt“, so die Deutsche Aidshilfe. Abschließend bekräftigen die Fachleute einen Punkt allerding dennoch – Aufgeben kommt nicht in Frage!