„Reich, krank, schwul“ Italienischer ESC-Sänger Marco Mengoni beleidigt
Beim Finale des 67. Eurovision Song Contests in Liverpool sorgte der Italiener Marco Mengoni schon in den ersten Minuten für Furore: Bei der Vorstellung der Acts aus allen Ländern schwenkte er nicht nur die italienische Flagge, sondern auch die Progress-Pride-Flagge. In seinem Heimatland kam das anscheinend nicht so gut an. Kein Wunder, denn dort kippt die Stimmung gegen queere Personen zusehends ins Negative – nicht zuletzt dank der rechtskonservativen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihrem Kampf gegen die „LGBTI*-Lobby“ (SCHWULISSIMO berichtete).
Aufruhr in den sozialen Medien
Auf Twitter schrieb Mengoni dazu: „Zwei Leben, zwei Flaggen“ – ein Wortspiel zu seinem Song „Due vite“, mit dem er Platz vier erreichte. Seit dem ESC am vergangenen Wochenende wurde der Sänger laut gay.it mit „einer Welle von homophoben Kommentaren“ überhäuft, „die von Hass und Diskriminierung geprägt waren“.
Das LGBTI*-Magazin wunderte sich nicht darüber: Das Land werde von einer rechten Mehrheit regiert und sei „von einer zutiefst diskriminierenden Kultur geprägt“. In seinem Artikel bedauert die Seite, dass es in Italien keine weitreichenden Gesetze zum Schutz von LGBTI*-Personen gibt. Ein entsprechender Gesetzesentwurf namens „DDLZan“ scheiterte im Jahr 2021.
Einige Beleidigungen
Auf den Instagram-Seiten großer italienischer Tageszeitungen wie „Corriere della Sera“, „La Repubblica“ und „La Stampa“ lösten Fotos von Mengoni mit der Regenbogenflagge teilweise heftige Reaktionen aus. Es war von „Verachtung“ und „Propaganda“ die Rede.
Besonders denunzierende Kommentare sprachen von der „Fahne der Verdorbenen“ oder der „Flagge der Schließmuskeln“ und rieten Mengoni dazu, „sich an die Spitze des Fahnenmastes zu setzen“. Einige Personen brachten ihren Ekel zum Ausdruck, nannten den Sänger „reich“, „krank“ und „schwul“. Manche forderten ihn außerdem dazu auf, sich „behandeln“ zu lassen. Andere erinnerten den Musiker daran, dass er immer „das Land wechseln“ könne.
Über Mengoni
Mit „Due vite“ gewannen Mengoni und seine beiden Mit-Songschreiber den Marcel-Bezençon-Preis für die beste Komposition des diesjährigen ESC. Es ist das zweite Mal, dass Italien diesen Preis einheimste. Der erste ging 2019 an Mahmood mit dem Song „Soldi“.
Über seine sexuelle Orientierung hat Mengoni, der laut dem Kölner Stadtanzeiger in seiner Heimat ein Superstar ist, noch nie öffentlich gesprochen. Sein Privatleben behielt er bislang für sich. Und auch zu den Anfeindungen äußerte er sich bisher nicht.
Über die Flagge
Die modernisierte Regenbogenflagge wurde 2018 von der nicht-binären Person Daniel Quasar entworfen. Neben den klassischen Streifen in Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett hat die Progress-Pride-Flagge fünf weitere Streifen in Form eines seitlichen Dreiecks: Weiß, Rosa, Hellblau, Schwarz und Braun. Sie repräsentieren trans* Personen und People of Color innerhalb der LGBTI*-Community. Manche Ausführungen der Flagge (nicht Mengonis) zeigen zusätzlich ein gelbes Dreieck mit violettem Kreis. Dieses steht für inter* Menschen.