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Dave Davis // © vvg

Im Interview Dave Davis

vvg - 05.05.2019 - 07:00 Uhr

- genial und verrückt zu gleich - ist ein Kabarettist, der vor allem durch seine Kunstfigur, dem Toilettenmann Motombo Umbokko deutschlandweit bekannt wurde. Letzteren trifft man nur noch auf dem Karneval, aber Dave ist weiterhin auf Tour und seit „It takes two“ auch manchmal als Musiker auf der Bühne.

Dave, du stammst aus Uganda vom Stamm Baganda mit der Muttersprache Luganda, das klingt fast wie Comedy.
Und meine Frau wird irgendwann Amanda heißen und die Hochzeit findet auf der Veranda statt. Nein, im Ernst, das klingt zwar wie erfunden, es stimmt aber tatsächlich. Das Leben ist im Grunde Comedy.

Wie alt warst du als deine Familie vor Idi Amin flüchtete und politisches Asyl erhielt?
Es war anders: Meine Eltern hatten sich außerhalb Ugandas ausbilden lassen und sie waren schon eine Weile in Deutschland, als Idi Amins Terrorregime eine Rückkehr in die Heimat unmöglich machte. Das war traurig, denn einige Verwandte dort verloren ihr Leben. In dieser Zeit wurde ich in Köln geboren. Meinen Eltern wurde politisches Asyl gewährt, sie wollten aber immer in die Heimat zurück. Die Lage in Uganda blieb über Jahre hinweg unsicher, und so beschlossen meine Eltern der Kinder wegen in Deutschland zu bleiben.

Wie war es für dich in einem Land aufzuwachsen, in dem nicht alle aussehen wie man selbst?
Ich bin in Bonn aufgewachsen. Als ehemalige Bundeshauptstadt hatte sie etwas kosmopolitisches. Und Kinder gehen unvoreingenommen aufeinander zu. Schon mein stummer Opa sagte immer: „Besoffene Kinder sagen immer die Wahrheit!" und da ist was dran.

Wovon hast du als Kind geträumt?
Mathe z. B. war nicht mein Ding; die Pisa-Studie bestätigt ja: „Von acht Kindern können zehn nicht rechnen.“ Ich fühlte mich oft wie ein Hochseefisch im Aquarium. Irgendwann habe ich Sprache, Musik und die Kunst als mein Meer entdeckt. Ab da war der einzuschlagende Weg klar und mir war es egal, welche Anstrengungen und Wertschätzung mir bevorstanden.

Du bringst andere zum Lachen, worüber lachst du?
Ich persönlich liebe geistreichen, aber auch flachen Humor. Ich bin ein ganzheitlicher Mensch und möchte daher ganzheitlich unterhalten werden. Gleiches gilt auch für meine Form der Darbietung.

Kannst du auch weinen?
Ich war heute kurz davor, weil ein guter Mensch, der mich sehr geprägt hat, die Diagnose bekam, dass er eine ganz seltene Blutkrankheit hat. Die Art, wie er damit umgeht, hat mich sehr beeindruckt. So ist wohl das Leben: Humor greift tiefer, je mehr Schmerz man kennt. Klingt wie ein Spruch aus einem Sado-Maso-Studio.

Hat sich Deutschland im Jahr 2015 mit Merkels Flüchtlingspolitik verändert?
Für mich nur insofern, dass die Parteien, die sich fett das christlich auf die Flagge schreiben, im Ernstfall eher gegenteilig handeln. Die CSU verhält sich da bis heute eher wie eine heidnisch asoziale Union. Frau Merkel ist bestimmt keine Heilsbringerin, aber ihre Moves in der sogenannten Flüchtlichskrise kommen dem „C“ in der CDU am nächsten.

Wie kommt man als Versicherungskaufmann zur Comedy?
Ich hatte mir eine Liste mit Dingen gemacht, die ich unbedingt machen wollte, bevor ich sterbe. Schon das Aufschreiben vergegenwärtigt einem sauber, wie sich ein Traum real anfühlen kann. Auf meiner Liste stand u.a.: Musik machen, auf einer Bühne stehen und mein komödiantisches Talent austesten. Das habe ich gemacht. So eine Liste bringt einen weiter, sowohl zum Erfolg, als auch im Wissen, was man vielleicht dann doch nicht machen möchte.

Stehen denn „Let`s Dance", eine „Koch-Show“ und „Dschungel-Camp“ auch auf deiner Top Ten?
Für „Let`s Dance“ wurde ich angefragt. Ich kann tanzen, aber die Zeit, die ich dafür nicht als Comedian auf der Bühne stehe, habe ich nicht.
Ich war bei Henssler und kürzlich bei Comedy-Cuisine. Ich kann so leidlich kochen - meine Speisen schmecken „ausgebrochen“ gut.
Und „Dschungelcamp“? Auf gar keinen Fall. Das kann man am Ende einer Karriere machen. Ich hätte lediglich den Vorteil, zu wissen, welche Wurzeln man essen kann. Was ich aber machen möchte, ist ein Buch schreiben. Über die Weisheiten des Lebens.


Vom Opa abgeguckt? Gibt es den Opa eigentlich?
Natürlich habe ich einen Opa, nur nicht in der Form, wie ich ihn auf der Bühne präsentiere. Das ist eher ein Vehikel für meine komprimierten Aussagen. So wie "Nicht jeder Affe der stinkt, ist tot". Das klingt doch wie ein alter afrikanischer Spruch, ist aber meinem kranken Hirn entfleucht.

Wieviel Motombo steckt in dir?
Ich kann immer nur das geben, was in mir ruht. Aber Motombo ist mir nicht fremd, auch ich bin ein Sonnenkind. Ich gebe sehr viel von mir.

Seit deinem Solo "Afrodisiaka" trittst du nicht mehr als Motombo Umbokko auf, sondern als du selbst. warum „Back to the roots”?
Ich habe mir das immer offen gehalten. Mich hat auch immer fasziniert, dass meine Kollegen unverkleidet auf die Bühne gehen. Dadurch, das Motombo aber so gut im Karneval funktioniert, habe ich jetzt sogar beides.

Motombo Umbokko ist schwarz UND Toilettenmann ...
Leute sagen schnell, dass ich Klischees bediene. Aber geh doch mal zu Mac D, da sitzt doch meistens ein Schwarzer vor dem WC. Die Menschen fragen, warum ich das Bild des vermeintlich naiven Afrikaners verstärke? Abgesehen davon, Motombo ist nicht naiv, sondern ein schlauer Kopf. Nicht die höchste Bildung genossen zu haben, schließt ja nicht aus, ein kluger Mensch zu sein. Motombo ist ein Narr, der auf der Bühne harte Wahrheiten aufzeigt, aber in seiner Freiheit, sprachlichen Unbeholfenheit und Unverklemmtheit, kann man ihm gar nicht böse sein.

ist du ein schwarzer Comedian, der Humor macht, oder ein Comedian, der schwarzen Humor macht?
Wenn die Leute fragen, was ich mache, sage ich immer, eine Melange aus Comedy, Kabarett und schwarzem Humor. Ich mag keine Kategorisierungen, weil sich mich festlegen und Erwartungen wecken. Ich bin dafür zu vielseitig.

Was hat dir deine Teilnahme bei „It takes two“ gebracht, wo du zusammen mit Christina Stürmer die musikalische Bühne gerockt und den 3. Platz belegt hast?
Vor allem die Erkenntnis, dass ich anscheinend Musik mache, die Menschen gefällt. Die vielen Kaufanfragen kann ich im Moment nicht bedienen, weil der Tonträger erst im Herbst 2019 kommt. Zum zweiten Konzert meiner Band „Dave Davis & The Gandhi Fight Club“ sollen die Gäste zumindest mitsingen können. Beim letzten kamen sie, ohne einen Song zu kennen. Dafür sind die Leute aber gut abgegangen. Das nächste Konzert findet am 07.05.2020 wieder im Gloria Köln statt. Erscheint zahlreich!

In Deutschland nennt man es „Weiß-Glut“, wir fragen: Über was ärgerst du dich schwarz?
Das ist gut! Vielleicht nenne ich mein neues Programm „Schwarz-Glut“. Was mich echt auf die Palme bringt, ist Dummheit. Wenn Menschen im Angesichts des Reichtums jammern – auch wenn es dir in Deutschland schlecht geht, jeder wird hier aufgefangen. Ich verstehe, dass Dinge geändert werden müssen, aber Jammern ändert nichts. Wir können für unsere Lebenssituation dankbar sein und daraus müssen wir Kraft nehmen, die Dinge zu verändern, die noch nicht so toll sind.

Wie ist dein Verhältnis zur schwul-lesbischen Szene?
Ich habe viel durch Markus Barth gelernt, den ich sehr schätze. Ich habe einen guten Bekannten, den ich noch aus der Grundschule kenne. Ich wusste es schon immer von ihm, obwohl er optisch der männlichste von uns allen war. Heute ist er Krankenschwester. Und ein früherer Manager von mir ist schwul, mit dem war ich oft feiern. Ich finde das völlig okay, man kommt auf die Welt, wie man ist und das ist gut so. Niemand darf einen anderen diskriminieren oder ihm Sachen verbieten, nur weil er schwul ist. Ich verstehe aber, dass einige Leute verknöchert sind, die muss man durch aktives Dasein und Vorleben überzeugen, um das aufzubrechen. Ich finde es aber befremdlich, wenn unsere AKK schwer erarbeitete Freiheiten wieder eingrenzen will.
Ich habe in Gesprächen aber die Erfahrung gemacht, dass auch Schwule und Lesben selbst recht intolerant sein können.


Hat dich nie ein schwuler Mann angemacht?
In den letzten 20 Jahren nicht mehr, wahrscheinlich bin ich schon zu alt. Aber früher schon, einmal beim Trampen, einmal im Bus und mehrmals beim Tanzen. Ich habe aber immer deutlich gemacht, dass ich Hetero bin und das haben immer alle respektiert.

Gehen wir noch mal zurück zum Klischee „Schwarzer Mann“ : Zieht der weiße Mann im Gegensatz dazu den „Kürzeren“?
Ich zitiere den Comedian Fatih Chevikollu: „Vorurteile sind kürzer manchmal als man denkt.“ Ich selbst hülle mich in Schweigen und genieße meine noch verbleibende Jugend.

Würdest du mal für einen Tag ein schwuler Mann sein?
Nein, es ist eher so: Als ich früher mit meinem Agenten mal schwul feiern war, konnte ich erleben, wie eine Frau sich fühlen musss, die allein unter Hetero-Männern feiert. Und ein Tipp für die Heteros, die hübschesten Frauen findet man(n) auf schwulen Partys.

Du zitierst oft die Lebensweisheiten vom Opa - Hast du selbst ein Lebensmotto?
Mein stummer Opa Mutis Motombo ist ein Katapult schwarzer Weisheiten. Mutis bezeichnet übrigens die Krankheit, wenn man verstummt und nicht mehr spricht. Mein Lebensmotto ist: „Wenn die Sonne scheint aus deinem Popo, hast du selbst im Dunkeln Licht!“ Das ist eine Wahrheit, die sich durch mein Leben zieht.

Gibt es noch etwas von dir, was wir unbedingt noch berichten sollten?
Auf jeden Fall sollen mich alle auf Instagram liken. Was der Beifall für den Künstler auf der Bühne ist, sind für den Jüngling von heute die Follower im Netz. Ansonsten kommt alle in mein Programm „Genial verrückt - Nichts reimt sich auf Mensch“ und das ist so, weil jeder so einzigartig ist – egal ob hetero oder schwul – mir sin all Minsche!

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