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Bill und Luke Mockridge // © vvg

Im Interview Bill und Luke Mockridge

vvg - 03.11.2014 - 10:00 Uhr

Der gebürtige Kanadier Bill Mockridge ist bekannt als Schauspieler (Ladenstraße), aber ebenso als Begründer des deutschsprachigen Impro-Theaters „Die Springmaus“ in Bonn. Wie der Vater ist auch der Sohn Luke schlagfertig, wortgewandt und witzig. Er wird beim Kölner Comedyfestival Guinessbuch-reif 11 000 Zuschauer zur 1life-Comedynacht begeistern.

Bill, du hast sechs Söhne, die als Regisseur, Musiker, Sänger, Schauspieler, Model und Comedian arbeiten. Inwieweit habt ihr eure Söhne bestärkt, in eure Fußstapfen zu steigen?
Bill: Gar nicht, wir haben denen gesagt: Finde etwas heraus, was du wirklich gerne machst und zwar mit Kopf und Herz. Wenn ihr etwas macht, was ihr liebt, kommt euch das nicht wie Arbeit vor. Dass es etwas im Showgeschäft sein sollte, haben wir nie gesagt. Dadurch dass meine Frau und ich durch unsere Arbeit täglich über Theater, Gags und Auftritte gesprochen haben, bekamen unsere Söhne das immer mit. So konnte es nur dazu kommen, dass sie entweder nichts mehr davon hören und sehen oder aber es auch selbst machen wollten. Interessant ist aber, dass sich jeder eine ganz andere Nische gesucht hat, wodurch keine direkte Konkurrenz entsteht.

Wie der Vater, so der Sohn: Papa Bill holt sich 1982 wortgewandte Künstler ins Bonner Improvisationstheater „Springmaus“ und Sohnemann Luke übernimmt im September 2013 Knacki Deusers „Nightwash“. Ihr seid so etwas wie eine Talentschmiede; kann man „Rampensau“ denn erlernen?
Bill: Man kann es sofort erkennen. Als ich Ralf Schmitz zum ersten Mal sah, wusste ich sofort, dass er eine Rampensau ist. Dasselbe galt für Dirk Bach und für meine Frau; das erkennt man einfach. Man kann zwar jemanden ermutigen, mehr aus sich herauszukommen, aber letztendlich will man es oder eben nicht.

Wann hast du gemerkt, dass du eine Rampensau bist?
Bill: Ich wollte mit 7 schon Schauspieler werden, da war ich schon eine. Mit den Jahren hat sich das geändert, ich musste nicht mehr ganz vorne stehen. Aber wenn es einen Lacher gibt, gehe ich nach vorne, hole alles aus mir heraus, um den Lacher dann auch zu bekommen.

Luke, du bist dank deines berühmten Patenonkels Dirk Bach im Alter von drei Tagen zum ersten Mal auf der Bühne gestanden.
Luke: Bei mir kam es, weil ich ein Sandwichkind war. Das heißt, ich bin der dritte von sechs Jungen, und über den gucken Eltern gerne mal drüber hinweg. Die achten mehr auf die älteren und jüngeren; die in der Mitte werden schon mal übersehen. Dadurch, dass ich dann immer performt habe, konnte ich die Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Ich war immer der lucky Luke, ich kann und will auch nichts anderes. Ich habe das gefunden, was ich liebe; muss also nicht arbeiten.

Bill: Wenn die anderen Jungs ihre täglichen Arbeiten machten – Tisch decken, abräumen, spülen – saß Luke am Klavier; seine Aufgabe war es, uns zu unterhalten.

Ihr hattet beide Gastauftritte bei Bastian Pastewka. Was macht mehr Bock: live oder Konserve?
Bill: Ich bin eindeutig lieber auf der Bühne, weil ich die direkte Reaktion des Publikums liebe.

Luke: Bühne ist großartig, auch ich liebe es, sofort Feedback zu bekommen. Ich finde es aber auch spannend, Filmgeschichten zu erzählen; mit der Kamera, mit Schwenks, Licht und Schatten zu spielen und dann noch eine Komik raus zu holen. Ich finde beides toll, die Mischung macht’s.

Bill, du hast dich mit deinem Buch „Je oller, je doller So vergreisen sie richtig!“ auf lustige Weise mit dem Altwerden auseinandersetzt. Wärst du gerne noch einmal so jung wie Luke?
Bill: Nein, in dem Alter habe ich zu wenig vom Leben verstanden. Ich war damals besessen vom Theater. Ich hatte wechselnde Beziehungen, die alle wenig bedeutet haben, ich war ein egozentrischer Schauspieler. Als dann Margie kam, meine große Liebe und danach unsere Kinder, hat mich das mehr zu mir gebracht. Erst da habe ich angefangen, die Welt zu sehen. So bin ich mit den Jahren weiser geworden und das will ich behalten. Okay, wenn ich meine Weisheit hätte und dabei den Körper eines 25jährigen.

Luke, dein Buch „Mathe ist ein Arschloch; wie (m)ich die Schule fertig machte.“ erschien im März. Macht es dich fertig, irgendwann mal 60 zu werden?
Luke: Nein. Wenn ich sehe, wie meine Eltern ihr Leben gestalten, wie sie drauf sind, lustig und cool und sich ihr Leben schön machen, sind sie ein tolles Vorbild für mich. Wenn ich das mit Familie, Job und Alter halb so cool hinkriege wie sie, wäre ich schon sehr glücklich.

Bill, deine Solos hießen „Leise rieselt der Kalk“ und „Was ist, Alter?“ Unterscheidet sich der Humor in den Generationen?
Bill: Die jungen Leute sind schneller und haben andere Bezüge. Sie machen sich über die 1990er Jahre, über One-Night-Stands und Facebook lustig. Ich mache mich eher darüber lustig, dass ich in der Waschküche stehe und keine Ahnung habe, was ich da will. Ich mache mich über mich selbst lustig und das findet meine Generation gut. Comedy muss Menschen treffen und sie müssen das aus ihrer Sicht erkennen, dann lachen sie darüber. Mein Publikum ist älter, empfindsamer und sie wollen nicht angegangen werden. Die Jungen können mehr ab, da geht es schon zur Sache. Wenn Luke auf der Bühne steht, ist das schon harter Tobak.

Luke: Besonders, wenn der Abend vorher lang war und man einen Kater hat. Aber ich liebe meinen Job und er macht unheimlich viel Spaß. Ich finde es geil, wenn ich in eine Show komme, wo man mir vorher gesagt hat, ich solle mich nicht vorbereiten, weil ich spontan reagieren soll. Das ist für mich wie ein 6er im Lotto, ein absoluter Jackpot.

Luke, dein Solo heißt „I’m Lucky, I’m Luke“. Durch „Nightwash“ hast du dann einen kometenhaften Aufstieg gehabt. Macht das lucky oder auch größenwahnsinnig?
Luke: Das werde ich oft gefragt. Besonders von Kollegen, die nicht mehr so viel zu tun haben. Die versuchen, mir einzureden, ich hätte mich verändert. Ich sehe auch selber nicht, dass mein Aufstieg so kometenhaft war, weil ich eigentlich nur meinen Job mache. Die Grundierung in meiner Familie ist sehr safe, ruhig und analytisch, das ich gar nicht abheben kann. Man hört von Leuten, wenn die durch die Decke gehen, werden die komplett zu Arschlöchern; das sind die, die nicht damit groß geworden sind und mit dem plötzlichen Erfolg nicht umgehen können.

Wann werden Personen, die Gags am laufendem Band produzieren, mal nachdenklich und traurig?
Luke: Wenn die Gags nicht funktionieren. Wenn man merkt, wir haben lange daran rumgefeilt und auf der Bühne kommen die nicht an. Dann gehe ich mit meinen Eltern analytisch und ernst daran, die Pointe noch in den Griff zu bekommen.

Bill: Mich macht traurig, wenn ich Comedy ohne Herz, Message und Inhalt sehe. Es soll ja kein tiefer Sinn dabei sein, aber ich will wissen, warum der auf der Bühne mir das erzählt. Wenn einer nur albern ist und ich etwas nicht verstehe, macht mir das körperliche Probleme. Ich bekomme Schmerzen, werde depressiv und unglücklich. Da möchte ich als Regisseur mal eine Stunde mit der Person auf der Bühne arbeiten.

Luke: Mein Vater ist halt ein Vollblutentertainer.

Und über was könnt ihr selbst so richtig lachen?
Bill: Über Steve Carrol, Jim Carrey. Bastian Pastevka ist ein großartiger Kollege, Komiker und Entertainer. Und ich habe gerade das Hörbuch „Er ist wieder da“ angehört, gelesen von Christoph Maria Herbst, das ist einfach großartig.

Luke: Ich lache über Kollegen, die etwas Unkonventionelles machen. Je schwärzer der Humor, desto mehr amüsiere ich mich. Ich würde mich das selbst nicht trauen. Oliver Pollak ist da ein gutes Beispiel.

Wann kracht es zwischen Vater und Sohn. Wann fragt Luke flapsig „Was ist, Alter?
Bill: Ständig, aber echt konkreten Ärger haben wir nie gehabt.

Luke: Nein, dazu sind wir viel zu entspannt. Mit der Mama gerät man oft und gerne aneinander; sie ist Halb-Italienerin und sehr impulsiv und geht gerne mal durch die Decke.

Die muss ja auch gegen sieben Männer ankämpfen.
Bill: Wenn ich ganz ehrlich bin, das stimmt. Ich hoffe, dass wir ihr das nicht zu schwer machen. Aber sie ist auch so stark, manchmal bedarf es sieben Männer, um gegen sie anzukommen.

Bill, was kann der Vater von seinen Söhnen lernen?
Bill: Lockerheit. Coolness. Gechillt sein. Ich sehe den Luke auf der Bühne und staune über seine Lockerheit. Diese Freiheit hätte ich gerne. Ich merke aber, dass ich in den letzten fünf Jahren sehr viel gechillter geworden bin.

Luke, Gegenfrage, was lernt der Sohn vom Vater?
Luke: Die Art, wie er Geschichten erzählt und schauspielert. Ich habe das Analytische von meinem Vater und das Instinkt-lustige von meiner Mutter, also das Beste von beiden abbekommen. Das ist eine gute Mischung und dafür bin ich sehr dankbar.
 

Bill und Luke Mockridge // © vvg

Wir stehen vor dem Welt-Aids-Tag; wie klärt ein Papa seine Söhne zu Aids auf?
Bill: Sehr klar und sehr früh. Bei uns gab es eine Schale mit bunten Kondomen und ich habe immer gesagt: „Aber auch benutzen und nicht in der Tasche lassen.“

Luke: Kein Kommentar. Ich hatte als Sandwichkind nie das Gespräch mit den Eltern. Mein Vater hat das immer meinen großen Brüdern gesagt, die werden deswegen ja heute noch therapiert. Nein, wir sind mit einem gesunden Verhältnis zu Sex aufgewachsen, wir konnten da immer offen drüber reden. Wenn ich heute Probleme habe, rufe ich meinen Vater an; denn er ist auch mein Freund und er hat einfach mehr Lebenserfahrungen. Da greife ich gerne drauf zurück.

Es gibt berühmte Künstlerfamilien wie Götz & Heinrich George, Michael & Kirk Douglas oder Alain & Anthony Delon. Sind Familienbanden da Fluch oder eher Segen?
Luke: Anfangs haben mir Leute gesagt, du bist ja nur durch deinen Vater so weit gekommen. Ich glaube allerdings nicht, dass die Rolle meines Vaters in der Lindenstraße damit zu tun hat, dass ich mit Stefan Raab nach New York fliegen konnte.

Bill: Der Name kann schon eine Tür aufmachen, aber durchgehen muss man schon alleine. Und man muss hinter der Tür bestehen. Luke braucht nicht aus meinem Schatten heraus zu treten. Er hat ja seinen eigenen Schatten.

Wie reagiert Margie darauf, dass ihr „Holzfäller“ als Erich Schiller in der Lindenstraße eine Zweitfrau hat?
Bill: Nicht gut. Wenn ich weiß, dass abends eine Bett- oder Badewannenszene ausgestrahlt wird, lade ich sie meistens zum Essen ein, damit sie die Szenen nicht sieht. Alleine schon bei einer Kussszene macht sie dieses „Teufel-geh-weg-Zeichen“.

Luke outete sich Anfang des Jahres mit: „Meine Mutter sagt, ich sei ’ne Schlampe“.
Luke: Damit meint sie aber nicht, dass ich als Frau mit vielen Männern gegen Bezahlung Sex habe, sondern dass ich gerne mal meine Sachen überall herum liegen lasse. Ich bin halt ein bisschen chaotisch.

Du benutzt auch oft das Wort „schwul“. Wie ist das Verhältnis zur schwulen Szene?
Luke: Meine beste Freundin Tahnee Schaffarczyk ist lesbisch und ich habe viele schwule Kumpels. Ich benutze das Wort gerne, weil es Jargon und Vokabular der Jugend ist. Aber nicht negativ besetzt, sondern eher im Sinne von: „Das ist geil“. Für mich ist schwul normal, also positiv gemünzt. Ich habe damit absolut keine Berührungsängste. Es ist so, als wäre einer Linkshänder. Ich war mit meinem früheren Manager oft im Ex-Corner feiern. Das war wahnsinnig lustig und die Stimmung war immer supergeil. Und Frauen fühlen sich in den Läden auch immer sicher...

Bis Luke hereinkommt...
Luke: Genau. Nein, schwule Jungs sind schon okay, so lange sie mich nicht anmachen. Letztendlich wäre das allerdings auch wieder ein Kompliment: schließlich sind schwule Männer dafür bekannt, dass sie einen guten Geschmack haben.

Bill: Ich bin kein Mann-Mann, ich harmonisiere viel besser mit Frauen. Meine besten Freunde sind aber schwule Männer, weil ich mich mit denen wohlfühle. Die sind kreativ, sehen die Welt mit anderen Augen und leben einfach interessanter. Das gibt mir mehr, als ein Mann, der nur über Fußball redet.

Ihr seid beide Männer, in deren Gegenwart Frauen sehr schnell nervös werden. Gibt es da etwas Witziges?
Bill: Ich habe zuletzt viel in Luxemburg gespielt und ich glaube, die französischen Frauen finden mich im Gegensatz zu den deutschen geil. Da bekam ich mit meinen 67 Jahren kürzlich zwei recht eindeutige Angebote. Die eine wollte direkt mit mir schlafen und die andere bot sich für einen Cocktail „und mehr“ an. Ich fand das gut, Margie allerdings gar nicht.

Luke: So etwas passiert, gerade über Facebook und Twitter. Oder mir steckt ein Mädel ihre Nummer zu.

Vielleicht wollen die auch nur einen Witz von euch hören. Habt ihr einen ganz spontan auf Lager?
Bill: Eine Schildkröte wird von zwei Schnecken vergewaltigt. Bei der Anhörung durch die Polizei antwortet sie nur: „Was soll ich sagen? Es ging alles so schnell!“

Luke: Zwei Blinde sitzen auf einer Parkbank. Einer muss niesen. Sagt der andere: „Oh cool, mach mir auch ein Bier auf!“

Dieses Interview hat SCHWULISSIMO mit Bill und Luke Mockridge im Oktober 2014 geführt.

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