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Das Tor zur Hölle @ IMAGO / Depositphoto

Das Tor zur Hölle Zwei Jahre Anti-Homosexuellen-Gesetz in Uganda

ms - 01.08.2025 - 16:00 Uhr
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Vor zwei Jahren trat in Uganda das neue Anti-Homosexuellen-Gesetz (AHA) in Kraft, Homosexuellen droht seitdem die Todesstrafe. Die Weltgemeinschaft verurteilte das Vorgehen scharf, konnte aber ein Umdenken bisher nicht erreichen. Wie hat sich Uganda seitdem verändert? Wie leben Schwule, Lesben aber auch queere Menschen vor Ort? SCHWULISSIMO fragte nach bei Menschenrechtsaktivist John Solomon Nabuyanda (24). 

Herr Nabuyanda, vermissen Sie ihre Heimat?

Ja! Aber ich kann in Uganda nicht mehr als Aktivist arbeiten, weil man mir „Förderung der Homosexualität“ vorwirft. Ein Straftatbestand, der mir mehr als zwanzig Jahre Gefängnis einbringen würde, nur weil ich Widerstand gegen das Anti-Homosexuellen-Gesetz (AHA) geleistet habe. Ich musste fliehen und lebe jetzt in Deutschland, aber mein Herz und meine Gedanken sind in Uganda, wo ungerechtfertigte Verhaftungen, Inhaftierungen, Vergewaltigungen und brutale Überfälle auf LGBTIQ+-Personen von den Behörden ohne Konsequenzen durchgeführt werden. Uganda versinkt im totalen Chaos, ein Land, das ständig die Menschenrechte verletzt. 

Wie wird das Gesetz im Land angewandt?

Das AHA führte einen Straftatbestand namens „schwere Homosexualität“ ein, das auch Wiederholungstaten umfasst. Das heißt, wenn ich mehr als zwei Mal wegen des Vorwurfs der Ausübung von Homosexualität verhaftet werde, gilt dies als wiederholte Straftat. Ebenso gelten alle Fälle, in denen homosexuelle Handlungen mit Minderjährigen oder Menschen mit Behinderungen oder älteren Menschen vorgenommen wurden, als „schwere Homosexualität“. Aktuell werden fünf Fälle von schwerer Homosexualität vor ugandischen Gerichten verhandelt, wenn die Angeklagten für schuldig befunden werden, droht ihnen die Todesstrafe. Das AHA ist dabei an sich lächerlich, beispielsweise beim Thema Sex mit Minderjährigen, denn in Uganda gibt es bereits ein Gesetz, den Uganda Penal Code Act, der Pädophilie als Straftat festschreibt, unabhängig von der Sexualität. Zudem gibt es noch das sogenannte Kindergesetz, das Kinder vor Kinderheirat und sexueller Ausbeutung schützt. Es brauchte also kein AHA. Dazu kommt, dass alle bekannten Fälle von Pädophilie, Kinderehen oder Vergewaltigungen in Uganda von Heterosexuellen begangen worden sind. Die Regierung kann nicht einen einzigen Fall von Schändung oder Vergewaltigung durch einen Homosexuellen nachweisen. Die Regierung hat es allerdings bis heute versäumt, die bereits bestehenden Gesetze durchzusetzen. Die LGBTIQ+-Community wird deswegen zum Sündenbock gemacht, um vom eigenen Versagen abzulenken. Das AHA ist außerdem so ungenau definiert, dass Straftaten frei interpretiert werden können und Missbrauch an der Tagesordnung ist. Die Behörden in Uganda bedienen sich auf unmenschliche Weise Verfolgungs- und Foltermethoden. Die Regierung betreibt Folterkeller, wohin Menschen gebracht werden, die sie aufgrund des AHA verhaftet haben. Dort vergewaltigen sie diese oder unterziehen sie einer gewaltsamen Sodomie und führen anschließend erzwungene Analuntersuchungen durch, um zu „beweisen“, dass der betroffene Mann schwul ist. Ein weiterer Aspekt: Wenn ein Homosexueller mit einer behinderten oder älteren Person eine Beziehung eingeht, macht er sich auch der schweren Homosexualität schuldig. Ein Heterosexueller, der dies tut, kann seine Beziehung jedoch frei ausleben. Die genannten „Straftaten“ diskriminieren, kontrollieren und beschränken Homosexuelle und ihre Beziehungen. In der Praxis hat das AHA zu weit verbreiteter Angst und Unsicherheit in der LGBTIQ+-Community geführt. Einzelpersonen sind Drohungen, Anschuldigungen und Übergriffen ausgesetzt, insbesondere diejenigen, die LGBTIQ+-Gesundheitskliniken und geheime Unterkünfte für Queers betreiben.

Die internationale Staatengemeinschaft drohte bereits vor Verabschiedung des Gesetzes Konsequenzen an. Die ugandische Regierung hat sich trotzdem nicht davon abbringen lassen. Wieso war eine Rückkehr nicht möglich? 

In Uganda herrscht seit langem eine Anti-LGBTIQ+-Stimmung, die durch den Einfluss evangelikaler christlicher Gruppen, insbesondere aus den USA, geschürt wird. Diese betreiben NGOs und kirchennahe Organisationen wie Family Life Network, die sie finanzieren, um LGBTIQ+-Personen zu terrorisieren. Dazu kommen politische Führer, die das Thema Homosexualität als Instrument zur Mobilisierung konservativer, ugandischer Wähler in ihren jeweiligen Wahlkreisen nutzen. Darüber hinaus gab es bereits bestehende Anti-Sodomie-Gesetze aus der Kolonialzeit, die die Ehe auf zwei Heterosexuelle beschränkt. Diese Kräfte haben ein Klima geschaffen, in dem eine Kursänderung politisch unmöglich wurde.

Homosexualität war bereits vor dem AHA illegal. Wie lebten Schwule und Lesben vor dem neuen Gesetz? Und wie hat sich ihre Lebensrealität und ihr Alltag seitdem verändert?

Vor dem AHA war Homosexualität kriminalisiert, aber einige LGBTIQ+-Ugander lebten im Verborgenen oder in unterstützenden Freundeskreisen. Diejenigen, die sich offen zu ihrer Sexualität bekannten, wurden von Unbekannten angegriffen. So wurde beispielsweise David Kato, einer der Gründer der schwulen Gemeinschaft in Uganda, mit einem Hammer totgeschlagen. Andere wurden von ihren Familien und Freunden verstoßen, wieder andere wurden inhaftiert. Seit dem neuen Gesetz hat die Zahl der Verhaftungen, der Zwangsräumungen von Häusern, der Diskriminierung im Gesundheitswesen und der Gewalt des Mobs zugenommen. Viele sind untergetaucht, andere sind aus dem Land geflohen, einige nach Europa, in die USA und nach Kanada, und einige kämpfen immer noch darum, aus Afrika herauszukommen.

Ist für Homosexuelle eine Flucht aus Uganda denn überhaupt noch möglich? 

Es ist möglich, aber sehr schwierig. Man braucht viel Geld, dazu fehlen oft wichtige Reisedokumente und immer ist da die Angst vor Entdeckung. Die meisten Flüchtlinge sind auf Untergrundnetzwerke oder seltene internationale Hilfen angewiesen.

Gibt es in Uganda überhaupt noch die Chance, dass sich zwei schwule Männer oder zwei lesbische Frauen treffen können? Gibt es Möglichkeiten, Intimitäten auszuschauen, sich zu verlieben? 

Es ist möglich, aber extrem riskant und gefährlich. Selbst die in Kampala verfügbaren Dating-Apps werden von der Regierung durch Sicherheitsspione genutzt, um Homosexuelle ausfindig zu machen und sie auszubeuten. Wenn sie kein Geld zahlen, werden sie vor Gericht gestellt, und wenn sie vor Gericht kommen, schickt das Gericht sie natürlich ins Gefängnis. Die Beziehungen sind in der Regel heimlich, und die Menschen treffen sich über vertrauenswürdige Netzwerke, zum Beispiel in einem Schwulen-Treffpunkt oder bei einem Treffen von queeren Aktivisten oder in einem Büro einer NGO. Die Angst vor Überwachung, Denunziation oder Gewalt schränkt Verabredungen, Intimität und Meinungsäußerung aber sehr stark ein.

Wenn wir in Deutschland Meldungen mitbekommen, dann richtet sich der Hass vor allem gegen schwule Männer, lesbische Frauen scheinen weniger im Fokus der Attacken zu stehen. Ist das richtig?

Ja. Schwule Männer stehen häufiger im Mittelpunkt öffentlicher und rechtlicher Angriffe, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass die Geschlechternormen die männliche Sexualität als bedrohlicher einschätzen. Gleichgeschlechtliche Beziehungen von Männern haben zudem eine größere Sichtbarkeit, aber auch lesbische Frauen werden diskriminiert, allerdings oft eher im privaten oder familiären Umfeld. 

Immer wieder ist die Rede davon, dass Homosexualität eine Krankheit ist, die aus dem Westen exportiert worden sei. Selbst im Grundgesetz von Uganda steht geschrieben, dass Jugendliche zur Homosexualität „rekrutiert“ werden. Warum ist dieser Irrglaube nach wie vor so weit verbreitet?

Dieser Mythos ist in kolonialen Erzählungen und im Nationalismus nach der Unabhängigkeit verwurzelt. Es war der Kolonialismus, der die Ehe als Verbindung von männlichen und weiblichen Partnern definierte. Es war der Kolonialismus, der mit der Religion einherging, und gemäß den religiösen Lehren wurde Homosexualität als Sünde betrachtet. Die wichtigste Lehre ist dabei die Zerstörung der Städte Sodom und Gomorra durch das Christentum und der Einfluss der konservativen christlichen Rhetorik aus Rom und dem Vereinigten Königreich. Dazu kommen Fehlinformationskampagnen, die suggerierten, dass Kinder „rekrutiert“ werden. Solche Überzeugungen verstärken die Anti-LGBTIQ+-Stimmung in der Öffentlichkeit und bei Politikern. Und nach der Unabhängigkeit Afrikas hat der Westen Afrika nicht nur wirtschaftlich ausgebeutet, sondern auch unmenschliche und entwürdigende Verhaltensweisen wie Transphobie und Homophobie noch einmal durch Gesetze gefördert. In Uganda gab es das Strafgesetzbuch, das gleichgeschlechtliche Beziehungen als unnatürliche Straftat und Verstoß gegen die Natur ansah, aber dieses Gesetz wurde 1902 von den britischen Kolonialherren eingeführt. Vor ihrer Ankunft gab es keine kulturelle Richtlinie oder traditionelle Praxis, die gleichgeschlechtliche Beziehungen verbot. Erst nachdem die Menschen aus dem Westen nach Hause zurückgereist waren, kämpften sie dort dann für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung und Homophobie. Diejenigen, die heute in Afrika noch das Narrativ verbreiten, sind also unwissend und ungebildet in Bezug auf die traditionelle afrikanische Geschichte. Homophobie ist nicht afrikanisch, sondern westlich. Homosexualität indes ist afrikanisch.

Die Macht der christlichen Kirchen scheint dabei vielerorts ungebrochen. Wie gehen Kirchenvertreter heutzutage gezielt gegen die Community vor?

Viele Kirchen predigen, dass Homosexualität eine Sünde und ein Angriff auf die afrikanischen Werte sei. Sie unterstützen Gesetze, die die LGBTIQ+-Lebensweise bestrafen. Es gibt Pastoren, die zu Verhaftungen aufrufen und in ihren Predigten Homosexualität mit dem Bösen gleichsetzen. Andere Pastoren unterstützen ganz direkt die Tötung von Schwulen, wie der Erzbischof der Kirche von Uganda. Trotzdem widerspricht eine solche Rhetorik den globalen religiösen Lehren über Liebe und Würde. Die Bibel lehrt uns beispielsweise, unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst, und betont auch die Liebe als eine der Gaben des Heiligen Geistes. Wie kann man also Liebe predigen, aber Hass praktizieren? Und wie kann man Liebe lehren, aber eine bestimmte Gruppe von Menschen diskriminieren? 

Sehr gute Fragen! Die Kirchen halten dabei auch das Bild der Familie sehr hoch. Das Anti-Homosexuellen-Gesetz indes verlangt nun von allen Familien, Schwule und Lesben aus ihrem Umfeld aktiv zu melden.

Ja! Das AHA ermutigt dazu, verdächtige LGBTIQ+-Personen zu melden, und kriminalisiert damit das Schweigen. Es gab bereits viele Fällen von Verrat innerhalb von Familien; Angehörige haben ihre Familienmitglieder bei den Behörden gemeldet, damit sie sich nicht auch strafbar machen. Dies hat zu sozialer Isolation und Angst in den Gemeinschaften geführt, wodurch das Vertrauen untereinander zerstört wurde.

Ich stelle mir das unheimlich grausam vor, wenn ich meine Sexualität vor meiner eigenen Familie verstecken muss. Blickt der Großteil der Familien negativ auf Homosexualität?

Die Reaktionen sind unterschiedlich, aber oft sehr negativ: Ablehnung oder Gewalt von Familienmitgliedern kommt oft vor, dazu werden Betroffene oft zu „Bekehrungspraktiken“ gezwungen. Bei diesen Konversionstherapien werden Homosexuelle in eine Kirche oder Moschee gebracht und sie werden solange geschlagen, bis sie sich von der Homosexualität lossagen. Wer das verweigert, wird aus dem Haus vertrieben und ist fortan meist obdachlos.   

Stimmt es, dass es auch immer wieder zu Lynchjustiz kommt?

Ja. Berichte bestätigen, dass LGBTIQ+-Personen geschlagen, vergewaltigt oder gelyncht wurden. Immer wieder kommt es zu schweren körperlichen Verletzungen und grausamen Todesfällen, die von der ugandischen Polizei nie untersucht werden – es gibt nicht einmal offizielle Berichte darüber, vor allem dann nicht, wenn Schwule die Opfer sind. Die Täter werden selten bestraft. Diese Straflosigkeit bietet Raum für immer mehr Selbstjustiz und schafft ein Umfeld der Angst.  

Sie haben bereits 2023 in Berlin öffentlich darauf hingewiesen, dass das Anti-Homosexuellen-Gesetz auch gegen die eigene Verfassung von Uganda verstößt. Können Sie das etwas genauer ausführen? 

Rechtsexperten, Menschenrechtsgruppen und Einzelpersonen wie ich haben gemeinsam argumentiert, dass dieses Gesetz gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung, gegen die Verfassung, gegen die Gleichberechtigung und gegen das Recht auf Privatsphäre verstößt – all jene Rechte sind in der ugandischen Verfassung verankert.  

Im Zuge des Anti-Homosexuellen-Gesetzes sind auch im gesundheitlichen Bereich viele Hilfsangebote teilweise oder ganz zum Erliegen gekommen, beispielsweise bei der HIV-Prävention und der Versorgung mit HIV-Medikamenten. Wie ist die gesundheitliche Lage derzeit vor Ort? 

Es droht eine landesweite Gesundheitskrise. Das AHA hat dazu geführt, dass Kliniken, die HIV-Dienste für LGBTIQ+ Menschen anbieten, geschlossen wurden, und dass betroffene Menschen mit HIV aus Angst vor Verhaftung sich gar nicht mehr behandeln lassen.

Uganda gilt vielen anderen Ländern in Afrika leider inzwischen als Vorbild, immer mehr Nachbarländer arbeiten gerade daran, ihre Gesetze gegen Homosexuelle ebenso zu verschärfen oder direkt neu zu verabschieden. Wie entwickelt sich die Lage generell auf dem afrikanischen Kontinent?

Uganda ist zu einem Vorbild für Anti-LGBTIQ+-Gesetze in ganz Afrika geworden. In Ländern wie Kenia, Ghana und Tansania werden derzeit ähnliche Gesetze diskutiert. Die Rechte von LGBTIQ+ sind überall auf dem Kontinent zunehmend bedroht. Deshalb betone ich auch immer wieder, dass Homophobie nicht nur eine ugandische Herausforderung ist, die es zu bewältigen gilt, sondern eine Herausforderung für alle afrikanischen Länder, denn Homophobie ist eine kolonial-westliche Ideologie und überhaupt nicht afrikanisch.

Bisher galt Südafrika als Zufluchtsort für Schwule und Lesben, in letzter Zeit häufen sich aber die Meldungen, dass es auch hier immer öfter zu Angriffen auf Homosexuelle kommt. Wie ist die Lage aktuell dort?

Südafrika schützt rechtlich die Rechte von LGBTIQ+, aber Gewalt und Diskriminierung nehmen zu. Vergewaltigungen und Hassverbrechen finden weiterhin statt, vor allem in den Townships. Das Gesetz bietet Schutz, aber die gesellschaftliche Akzeptanz lässt auf sich warten. Alle queeren Asylbewerber, die in Südafrika Zuflucht suchen, wurden nicht als Flüchtlinge oder gar als Asylbewerber anerkannt. Das südafrikanische Regime ist nicht der Ansicht, dass Homosexualität ein Grund ist, um Asyl zu beantragen. Die Gerichte haben jedoch entschieden, dass kein Asylbewerber abgeschoben werden darf, wenn er erklärt, LGBTIQ+ zu sein. Dennoch sind viele von ihnen obdachlos, ohne Papiere und illegal in Südafrika, und werden oft von der Polizei ausgebeutet und um Bestechungsgelder erpresst. 

Die ehemalige Ampel-Regierung in Deutschland hat Aufnahmeprogramme auslaufen lassen, die aktuelle Bundesregierung mit Bundeskanzler Friedrich Merz will die Asylverfahren deutlich verschärfen. Was bedeutet das für LGBTIQ+-Menschen, die in Uganda oder in ganz Afrika mit dem Tod bedroht werden? 

Die verschärfte Politik unter Bundeskanzler Friedrich Merz könnte bedeuten: Verfolgten LGBTIQ+-Personen wird es schwerer gemacht, Asyl zu beantragen, es wird zu mehr Ablehnung und zu mehr Abschiebungen von queeren Personen zurück nach Afrika kommen, auch auf die Gefahr hin, dass das Leben der Betroffenen dann noch mehr gefährdet ist. Deshalb muss die queere Gemeinschaft zusammenarbeiten und diesen Status quo in Frage stellen.

Mehrere Länder haben nach der Einführung des Anti-Homosexuellen-Gesetzes Sanktionen ausgesprochen und finanzielle Hilfen eingefroren. Richtig davon beeindruckt scheint bis heute aber weder die Regierung in Uganda noch Präsident Museveni zu sein. Warum?

Das hat mehrere Gründe: Präsident Musevenis trotziger Egoismus und seine generelle Missachtung von Menschenrechten gepaart mit Machtgier. Zudem wiegt die Hinwendung Ugandas zu nicht-westlichen Ländern wie China oder Russland Museveni in falscher Sicherheit – und sie alle legen keinen Wert auf Menschenrechte. Schließlich hat die Entdeckung großer Gold- und Ölvorkommen die Abhängigkeit von westlicher Hilfe verringert und Museveni zuversichtlich gemacht, seine Utopie von Uganda weiter zu verfolgen.  

Was würden Sie sich von Deutschland und der EU wünschen?

Erstens: Stärkerer Asylschutz für LGBTIQ+-Personen. Zweitens die Finanzierung von geheimen Unterkünften und sicheren Häusern in Afrika. Wir brauchen eine effektivere internationale Solidarität, vor allem zwischen selbstorganisierten Gruppen in Deutschland und queeren Basisgruppen im globalen Süden. Drittens: Diplomatischer Druck, der an die Einhaltung von Menschenrechtsstandards gebunden ist. Viertens: Öffentliche Unterstützung von politischen Führern, die Anti-LGBTIQ+-Gesetze verurteilen.

Museveni hat gegenüber Kritikern des Anti-Homosexuellen-Gesetzes erklärt: „Wenn ihr nicht einverstanden seid, seid einfach still.“ Sie sind nicht still, sondern kämpfen lautstark für mehr Gerechtigkeit in Ihrer Heimat. Besteht überhaupt die Chance, dass Sie derzeit Uganda besuchen können?

Nein, ich habe Angst, auch nur einen Fuß in die ostafrikanischen Länder um Uganda zu setzen. Ich werde vom ugandischen Regime gejagt, um vor Ort verhaftet zu werden. Ich erhalte jeden Tag Todesdrohungen, sowohl online als auch persönlich. Gegen mich läuft immer noch ein Ermittlungsverfahren wegen Förderung der Homosexualität. Ich muss im Exil bleiben. Auch viele andere Aktivisten können Uganda nicht besuchen, ohne Verhaftung oder Gewalt zu riskieren. Deshalb setze ich meine Kampagne gegen das ugandische Regime fort, setze mich für internationale Solidarität ein, um das Bewusstsein zu schärfen, sammle Spenden für Basisgruppen und viele andere Aktivitäten, um sicherzustellen, dass wir den Kampf gegen das Anti-Homosexuellen-Gesetz fortsetzen.

Uganda und das Elend von Homosexuellen vor Ort ist für viele Menschen aus der queeren Community in Deutschland sehr weit weg: Was können wir tun, um zu helfen? 

Unterstützt Organisationen für LGBTIQ+-Rechte, die in Uganda und Afrika tätig sind. Setzt euch für eine integrative Asylpolitik ein. Drängt eure politischen Vertreter, Stellung zu beziehen. Nehmt an Protesten teil, teilt die Geschichten und verschafft den Stimmen der afrikanischen Queers Reichweite. 

Herr Nabuyanda, vielen Dank für das Gespräch.

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