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Homophobie bei Jugendlichen
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Homophobie bei Jugendlichen Mutter-Kind-Beziehung ist entscheidend, ob Jugendliche später homophob werden

ms - 13.02.2024 - 13:00 Uhr

Warum hassen manche Jugendliche Schwule so sehr? Woher kommt die Homophobie unter jungen Erwachsenen? Darauf gibt jetzt eine neue Studie der Paris Lodron Universität (PLUS) in Salzburg eine erste Antwort. Homophobie habe demnach bei Jugendlichen indirekt mit der schlechten Beziehung zu den Eltern zu tun, insbesondere zur Mutter.

Mutter-Kind-Verhalten

Die Studie, durchgeführt von Raffael Bruckner, Sarah Schuster und Florian Hutzler vom Zentrum für Kognitive Neurowissenschaften der PLUS, stellte dabei fest, dass eine schlechte Beziehung zur Mutter mit egoistischen und gefühlskalten Persönlichkeitsmerkmalen assoziiert ist.

Diese Merkmale stehen wiederum in Verbindung mit feindseligen Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber homosexuellen Menschen. Zu den klassischen Problemen zwischen Mutter und Kind gehören dabei Schwierigkeiten in der Kommunikation sowie fehlendes Vertrauen bis hin zur Entfremdung. Dies begünstigt „psychopathische Persönlichkeitsmerkmale“, die wiederum förderlich für Homophobie sind.

Blick in die Details

Die grundsätzliche Erkenntnis, dass die soziale und emotionale Entwicklung von Kindern und jugendlichen stark mit der frühkindlichen Bindung zur Hauptbezugsperson zu tun haben, ist indes nicht neu. Kinder, die Nähe und Gefühle von Schutz und Vertrauen erleben, entwickeln stabilere Freundschaften und mehr Selbstvertrauen. Jugendliche, die dies nicht erfahren können, nehmen ihre Umwelt oft feindlicher wahr und haben Probleme damit, positive soziale Beziehungen aufzubauen.

Das dreiköpfige Forscherteam hat nun allerdings genauer im Bereich der sexuellen Vorurteile geforscht – untersucht wurden dabei die Beziehungsqualität von 200 österreichischen Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 21 Jahren zu ihren Eltern; Kernaspekte waren Vertrauen, Gefühlslosigkeit, Kommunikation und Entfremdungserfahrungen.

 „Homophobie wirkt sich negativ auf die Gesellschaft aus und zeigt sich oft in feindseligen Haltungen und aggressivem Verhalten gegenüber Menschen, die sich zur LGBTQIA+-Gemeinschaft bekennen. Insbesondere Jugendliche sind anfällig dafür“, so Autorin Sarah Schuster.

Keine vorschnellen Schlüsse

Immer klar zeichnete sich dabei ein Bild ab, warum einige Jugendliche ablehnend auf Schwule und Lesben reagieren: „Wir haben gesehen, dass eine schlechte mütterliche Beziehungsqualität, die sich durch Kommunikationsprobleme, fehlendes Vertrauen und Entfremdung äußert, mit selbstsüchtigen und gefühlskalten Persönlichkeitsmerkmalen verbunden ist. Jugendliche, bei denen diese Eigenschaften stärker ausgeprägt sind, sind feindseliger gegenüber homosexuellen Menschen“, so Autor Raffael Bruckner.

Das Forscherteam warnt allerdings davor, vorschnelle kausale Schlüsse zu ziehen, denn noch sind viele Fragen offen, beispielsweise, warum nur die Mutter-Kind-Beziehung, nicht aber die Vater-Kind-Beziehung ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung von Gefühlskälte ist. Eine Idee: Mütter erfüllen eher die Funktion des sicheren Hafens, Väter motivieren ihren Nachwuchs indes mehr dazu, ihre Umwelt zu explorieren. „Wer keinen angemessenen Trost an einem sicheren Zufluchtsort findet, tendiert später eher zu einem Mangel an Empathie“, sagt Projektleiter Florian Hutzler.

Jungs sind öfter homophob

Das allein kann allerdings nicht ausschlaggebend sein, so können beispielsweise auch überholte Männlichkeitsbilder eine Rolle spielen, denn die Studie zeigte auch klar auf, dass Jungs wesentlich öfter homophob agieren als Mädchen und sich auch deutlich verstärkt am Mobbing von homosexuellen Mitschülern beteiligen. Erst vor kurzem warnte auch der Deutsche Lehrerverband vor einem starken Anstieg von Homophobie an deutschen Schulen.

„Eine Erklärung dafür ist das Konzept der hegemonialen Männlichkeit. Wer nicht dem vorherrschenden Männlichkeitsbild entspricht, wird abgewertet“, so die drei Forscher weiter. Klar ist laut Hutzler: „Unsere Untersuchung deutet darauf hin, dass Interventionen, die eine gute affektive Beziehung zum Kind fördern, womöglich erfolgreicher sind als solche, die auf Bestrafung beruhen.“ So oder so bedarf es jetzt weiterer Studien, um der Frage nach dem Ursprung der Homophobie genauer auf den Grund zu gehen.

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