Kritik an Cancel Culture Tosender Applaus für Kevin Spacey als Timon von Athen
Als 2017 die ersten Vorwürfe gegen Oscar-Preisträger Kevin Spacey (64) aufkamen, kam seine Film-Karriere innerhalb kürzester Zeit zum Erliegen. Diesen Juli wurde er final von allen Anklagepunkten freigesprochen (SCHWULISSIMO berichtete). Während eines Vortrags über Cancel Culture an der Universität Oxford nutzte er nun die Worte William Shakespeares, um heftige Kritik zu üben. Für seine inbrünstige und ergreifende Darbietung erntete er stürmischen Beifall.
Eine große Überraschung
Der englische Schriftsteller und politische Journalist Douglas Murray hielt im Rahmen der alljährlichen kostenfreien Vortragsreihe zu Ehren des englischen Philosophen, Schriftstellers und Gesellschaftskritikers Sir Roger Scruton im Sheldonian Theatre der Universität eine Vorlesung über Cancel Culture. Bei dieser „Zensurkultur“ führt ein (vermeintliches) Fehlverhalten wie diskriminierende Aussagen oder schwerwiegendere Vorwürfe dazu, dass Prominente von der allgemeinen Bevölkerung öffentlich geächtet und ihre Werke boykottiert werden. Während der Rede wurden das Publikum von Kevin Spacey überrascht, der den Raum durch einen Seiteneingang betrat. Er zitierte aus Spakespeares „Timon von Athen“ und machte damit wohl auch seinen eigenen Gefühlen Luft. Es war Spaceys erster öffentlicher Auftritt in Großbritannien nach seinem Freispruch.
„Was Shakespeare uns über Cancel Culture lehren kann“
„In einer Ära der Annullierung und Zerstörung vergessen wir manchmal, dass wir so nicht weitermachen können und dass wir schon einmal an diesem Punkt waren“, so Murray. „Wir wissen das, weil unsere größten Schrift- und Kunstschaffenden sich in ihrer eigenen Zeit mit dieser Frage auseinandergesetzt haben. Als Roger [Scruton] seinen eigenen Kampf mit den Untiefen durchmachte, dachte ich oft an Shakespeares selten aufgeführtes, aber großartiges Stück Timon von Athen.“ Scuton wurde 2019 wegen beleidigender Aussagen in einem Interview aus einem Regierungsausschuss entlassen.
„Timon hat die ganze Welt vor sich“, so Murray weiter. „Er ist von Freunden und Bewunderern umgeben. Er ist großzügig zu allen. Und doch gerät er in eine schwere Krise. Und als das geschieht, lassen ihn alle im Stich. Er hat nichts und niemanden mehr und läuft Gefahr, in Verzweiflung und Wut zu verfallen. Da hilft es auch nicht, dass er von dem zynischen Philosophen Apemantus beschattet wird, der ihn davor gewarnt hat, dass es zu einer solchen Abkehr kommen könnte.“
Schuldig ohne Beweise
Obwohl sich alle Vorwürfe gegen Spacey vor Gericht als nichtig erwiesen, hat er noch immer einen schweren Stand. Das zeigt auch einer der Kommentare unter der Aufzeichnung des Vortrags: „Ich habe mit einer Reihe von Leuten über ihre Gedanken zu Herrn Spacey gesprochen und ihnen erklärt, warum ich die Anschuldigungen gegen ihn hinter mir habe und seine Arbeit wieder zu schätzen weiß. Sie sind ehrlich gesagt schockiert darüber und es ist ihnen egal, dass er in jedem Prozess für nicht schuldig befunden wurde. Für sie ist er schon aufgrund der Anschuldigungen schuldig, und das ist leider eine Geisteshaltung, die ich immer häufiger sehe.“