Eine lebenslange Faszination Stephen Fry hatte Angst davor, wie Oscar Wilde zu enden
Der britische Schauspieler Stephen Fry (65) ist bekannt für zahlreiche Comedy-Produktionen wie „A Little Bit of Fry & Laurie“, „Blackadder“, „Die Girls von St Trinian“ und „Jeeves and Wooster – Herr und Meister“. Daneben trat er auch in einigen LGBTI*-inklusiven Werken auf, wie Neil Gaimans „Sandman“, „Heartstopper“, „It’s a Sin“ und jüngst als König in der Romcom „Royal Blue“ über die Liebe zwischen dem britischen Kronprinzen und dem First Son der USA (SCHWULISSIMO berichtete). Mit Radio Times sprach Fry über seine Verbindung zu Oscar Wilde und die Zeit vor seinem Coming-out.
Eine wichtige Erkenntnis
Als Fry im Jugendalter vom berühmt-berüchtigten irischen Schriftsteller und Bühnenautor Oscar Wilde las, erkannte er seine eigene Homosexualität. Und fürchtete darum, in ähnlicher Weise von der Gesellschaft verstoßen zu werden. Die erste Berührung mit Wilde hatte der Schauspieler durch den Film „Ernst sein ist alles“ (im Original „The Importance of Being Earnest“) von 1952. Anschließend las er in H. Montgomery Hydes „The Trials of Oscar Wilde“ über die tragische Geschichte des verstorbenen Autors.
„Ich begann nach Luft zu schnappen und zu keuchen. Ich fühlte mich gleichermaßen triumphierend wie furchtbar, furchtbar besorgt“, so Fry. „Plötzlich verstand ich diesen außergewöhnlichen Mann und dass seine ‚Natur‘ – das Wort, das er in seinem berühmten Brief an seinen Liebhaber Bosie schrieb – dieselbe war wie meine. Sobald ich das las, wusste ich, dass ich schwul bin.“
Oscar Wildes Schicksal
Im viktorianischen London wurde Wilde dank „Das Bildnis des Dorian Gray“ (im Original: „The Picture of Dorian Gray“, 1890) und Stücken wie „Ernst sein ist alles“ berühmt. 1895 wurde er aufgrund seiner sexuellen Beziehungen zu Männern wegen Sodomie und „grob unsittlichem Verhalten“ inhaftiert. Zwei Jahre später wurde er entlassen und nach Frankreich verbannt. Mit seiner Gesundheit ging es seither rapide bergab. Wilde starb 1900 im Alter von 46 Jahren.
Furcht vor ähnlichem Schicksal
Als Fry ein junger Erwachsener war, war die Aids-Epidemie gerade genauso aktuell wie Margaret Thatchers Gesetz Section 28. Das Gesetzt verbot es Gemeinden, Schulen und kommunalen Behörden die „Förderung von Homosexualität“. Das führte dazu, dass nur noch negativ darüber gesprochen wurde.
Fry fürchtete, dass sein Leben „absolut verflucht“ sei, wenn er in Großbritannien bleiben wollte. Aufgrund „all der Schrecken, vor allem, da schwule Männer als ekelhaft angesehen und ins Gefängnis gesteckt wurden und so ihren Namen und ihren Lebensunterhalt verloren“, dachte der Schauspieler, er müsse „ein Leben der Geheimhaltung, der Scham, des Exils und der Schande führen“.
Wilde-Darsteller
Die Faszination mit Wilde und seinem Schicksal sollte für Fry noch lange anhalten. Einen besonderen Höhepunkt erreichte sie 1997 mit dem von der Kritik gefeierten biografischen Film, für den Fry in seiner Rolle als Oscar Wilde mit einem Golden Globe ausgezeichnet wurde.
2021 spielte Fry außerdem in einer digitalen Produktion von Dorian Gray mit Russel Tovey und Joanna Lumley mit. Das Werk versetzte den Stoff aus Oscar Wildes einzigem Roman in die Heute-Zeit – inklusive Facebook, Instagram und Dating-Apps – denn der Stoff des Romans mit Dorians Besessenheit mit Jugend und Schönheit ist heute aktueller denn je. In einem Interview mit Lady Narborough (Lumley) versucht Fry als Interviewer herauszufinden, wie sich die tragische Geschichte zugetragen hat. Gedreht wurde das Interview als Zoom-Call.
Fry als Autor
Auch Fry versuchte sich als Schriftsteller, und zwar mit seinem satirischen Roman „Der Sterne Tennisbälle“ von 2000. Der Titel stammt von einem Zitat aus John Websters Stück „Die Herzogin von Malfi“: „Wir sind nur der Sterne Tennisbälle, aufgespielt, gewechselt, wie es ihnen passt.“ Es handelt sich um eine Hommage und gewissermaßen um eine Aktualisierung des berühmten Romans „Der Graf von Monte Christo“ von Alexandra Dumas, die 1980 in Großbritannien beginnt. Der Roman erschien auf Deutsch im Aufbau Verlag.