Nach AfD-Sieg in Sonneberg Queer-Beauftragter Lehmann fordert Innehalten und mehr Zusammenarbeit!
Nachdem Wahlsieg des AfD-Kandidaten Robert Sesselmann im Landkreis Sonneberg verschärfen sich die politischen Fronten immer mehr – offen die Frage, welche Konsequenzen das für Minderheitenpolitik und Minderheitenrechte wie die LGBTI*-Community künftig haben könnte. Eine politische Radikalisierung bewirkte in der Vergangenheit zumeist auch ein Rückschritt für die rechtliche Situation von Homosexuellen und queeren Menschen.
Lehmann fordert mehr Zusammenarbeit
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, erklärte inzwischen zur aktuellen Lage: „Sowas wie in Sonneberg passiert auch, wenn die Brandmauer gegen Rechts bröckelt. Das ist übel und schlimm für die vielen, vielen Menschen, die sich für einen weltoffenen Landkreis engagieren. Sie brauchen mehr denn je Solidarität!“
Anschließend zeigte sich Lehmann allerdings auch selbstkritisch mit Blick auf die aktuelle Regierung: „Auch wir als Ampelkoalition tun gut daran, einmal innezuhalten und wieder mehr miteinander statt gegeneinander zu arbeiten. Das wird überzeugte Rechtsextreme zwar nicht hindern, Rechts zu wählen. Aber hoffentlich die, die es nicht sind.“
CDU will Grüne zum „Hauptgegner“ machen
Der Vorsitzende der CDU, Friedrich Merz, erklärte indes jetzt gegenüber dem Spiegel, er wolle den Kurs gegen die Grünen verschärfen, die Partei würde eine „bevormundende und moralisierende Außenpolitik“ machen: „Man kann auf Dauer nicht Politik über Köpfe hinweg machen“, so Merz weiter, der abschließend erklärte, dass die Grünen auch „auf absehbare Zeit die Hauptgegner in dieser Bundesregierung“ werden würden. Umstritten sind dabei zahlreiche politische Aspekte, vom Heizungsgesetz über die Migrationspolitik bis hin zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz.
Regierungskoalition mit Rechten?
Geschockt vom Ergebnis zeigten sich in den letzten zwei Tagen auch die Vertreter aller anderen demokratischen Parteien. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa zeigte auf, dass 61 Prozent der Deutschen Angst vor einer möglichen Regierungsbeteiligung haben. Nach Angaben des Politikwissenschaftlers Torsten Oppelland aus Jena kann dies durchaus Realität werden, zumindest bei den Thüringer Kommunalwahlen im kommenden Jahr. Er wolle das nicht ganz ausschließen, erklärte er gegenüber dem MDR.
Politik-Experten blicken so in diesen Tagen auch nach Spanien, wo die linksliberale Regierung so dramatische Einbußen bei den letzten Regionalwahlen hinnehmen musste, dass Ende Juli neu gewählt werden soll – erstmals könnten dann dort tatsächlich rechtsextreme Parteien an der Regierung beteiligt sein.
Weidel als lesbische Kanzlerkandidatin?
Für die LGBTI*-Community gerade in Thüringen aber auch landesweit dürften die letzten Entwicklungen in Deutschland kein gutes Signal sein – die AfD hat immer wieder massiv Stimmung gegen die Rechte von Homosexuellen und queeren Menschen gemacht. Während der Thüringer Landeschef Björn Höcke darauf abzielt, der nächste Ministerpräsident des Landes zu werden, erklärte zuletzt die lesbische AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel, sie habe Lust darauf, die erste Kanzlerkandidatin der Partei bei den nächsten Bundestagswahlen zu werden.
Bei der Stichwahl um das Amt des Landrats in Sonneberg gewann am vergangenen Sonntag der AfD-Kandidat Robert Sesselmann mit 52,8 Prozent der Stimmen. Sein Herausforderer von der CDU erhielt trotz Unterstützung aller anderer Parteien nur 47,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 59,6 Prozent. Sesselmann zielte mit seinem Wahlkampf dabei direkt auf die Politik der Ampel-Koalition ab, lokale Themen standen nicht im Mittelpunkt.